Das Programm der 75. Berlinale
Das Programm für die 75. Ausgabe der Berlinale (13.-23.2.) verspricht keine Revolution, aber einen interessanten Jahrgang. Neben internationalen Filmgrößen wie Richard Linklater, Michel Franco und Lucile Hadzihalilovic und vielen eher unbekannten Regisseur:innen sind auch zwei deutsche Filme in der Auswahl gelandet.
Von Marius Nobach
Kunst oder KI?
Um den Kinofilm „Der Brutalist“ ist in Hollywood eine Debatte über den Einsatz von KI entbrannt, die aus den sozialen Medien jetzt auch in die publizistische Öffentlichkeit schwappt. Die Diskussion ist symptomatisch dafür, wie ambivalent und verunsichert die Filmbranche auf die neuen technischen Möglichkeiten reagiert. Dabei ist „Der Brutalist“ eher ein Beispiel dafür, wie KI sinnvoll genutzt werden kann, ohne menschliche Kreativität zu ersetzen.
Von Chris Schinke
Extreme Körper
Die Darstellung von Körperlichkeit ist immer politisch. Erst recht in Jugendfilmen zum Thema Rechtsextremismus. Mal folgen die Bilder der Riefenstahl-Tradition und verzichten zugunsten klarer Zuordnungen auf Mehrdeutigkeiten, mal brechen sie Stereotype auf – auch wenn die Versuchung bestehen bleibt, schönen Körpern eine Bühne zu bereiten.
Von Rochus Wolff
Leders Journal: „Jenseits des Rechts“
In der „Polizeiruf 110“-Reihe erzählt Dominik Graf mit „Jenseits des Rechts“ einen vertrackten Krimi, dessen klassischer Whodunit so konsequent zu Ende gebracht und zugleich so ad absurdum geführt wird, dass am Ende die Verhaftung dem Täter möglicherweise sogar das Leben rettet. Mit Johanna Wokalek hat Graf dabei eine neue Kommissarin gefunden, die seiner Eigenwilligkeit in keiner Weise nachsteht.
Von Dietrich Leder
Things to Come
Prosit, Neujahr 2025! Das Schönste am Jahreswechsel ist das Gefühl, ein neues Kapitel aufschlagen zu können. Das Alte ist anscheinend vergangen, die Passage in eine andere Zeit mit Donnerknall und Funkenregen markiert. Also darf man jetzt auch ein wenig vorblättern und einen Blick auf Filme werfen, die bald oder im Laufe der nächsten Monate ins Kino kommen. Etwa "Der Brutalist" von Brady Corbet ab 31. Januar. Die Aussichten: verführerisch!
Von Michael Kienzl
Im Bannstrahl des Male Gaze
Das Kino produziert unablässig Bilder, mit denen wir die Welt ordnen. Auch das Nachdenken über diese Bilder verlangt deshalb eine hohe Flexibilität. Ausgerechnet die feministische Filmkritik aber scheint sich mit dem starren Festhalten am Begriff des Male Gaze in eine Sackgasse manövriert zu haben und den komplexen Erzählungen über Geschlecht, Weiblichkeit und Begehren nicht mehr gerecht zu werden. Sie müsste wieder feministisch werden, statt feministisch zu sein!
Von Sebastian Seidler
Magier, Eigenbrötler und Diplomaten - Dirigentenfilme
Lange waren sie keine Filmhelden, doch mittlerweile hat das Kino sein Faible für Dirigenten entdeckt. Die Männer und Frauen hinter dem Pult sind manchmal versierte Vermittler, manchmal schreckliche Tyrannen. Oder ganz normale Menschen wie aktuell im Drama „Die leisen und die großen Töne“ (Kinostart am 26.12.). Eine Passage durch aktuelle Dirigentenfilme.
Von Kirsten Liese
Independent-Filmer gegen Viktor Orbán
In
den letzten Jahren ist in Ungarn der Druck gegen Filmemacher:innen, die nicht
auf Linie mit der rechtspopulistischen Fidesz-Partei unter Viktor Orbán liegen,
immer größer geworden. Der Druck ist vor allem finanzieller Natur: Wer Kritik
übt, wird nicht gefördert. Dennoch existiert eine vitale Szene unabhängiger
Filmschaffender, die kreativ dagegenhalten. Ein Streifzug anlässlich des
deutschen Kinostarts von „Eine Erklärung für alles“.
Von Jörg Taszman
Denk ich an Deutschland
Mit der gerade angelaufenen Komödie „Der Spitzname“ von Sönke Wortmann scheint eine momentan populäre deutsche Genrespielart, die man in Ermangelung anderer Begriffe Diskurskomödie mit Social-Engineering-Auftrag nennen könnte, an ihr Ende gekommen zu sein. Denn hinter ihren atemlosen Wortgefechten verbergen sich keine wirklichen Probleme mehr. Ein kurzer Überblick über komische Filme aus Deutschland, die sich auf aktuelle gesellschaftliche Probleme stürzen.
Von Kamil Moll
Resonanzen finden statt die Welt abzubilden
Musicals entführen in Traumwelten aus Gesang und Tanz. Sie sind aber keineswegs nur eskapistisches Showbiz, sondern greifen substanzielle Themen auf. Vor allem in der letzten Dekade geht es dabei immer wieder um das Spannungsfeld von Individuum und Gesellschaft. Ein Blick auf die Gegenwart des traditionsreichen Genres anlässlich des Filmstarts von „Emilia Pérez“.
Von Niklas Lotz