© UPI (Adrien Brody in "Der Brutalist" von Brady Corbet)

Things to Come

Ein Blick voraus auf Filme, die 2025 ins Kino kommen oder auf den großen Festivals ihre Premiere feiern

Veröffentlicht am
03. Januar 2025
Diskussion

Prosit, Neujahr 2025! Das Schönste am Jahreswechsel ist das Gefühl, ein neues Kapitel aufschlagen zu können. Das Alte ist anscheinend vergangen, die Passage in eine andere Zeit mit Donnerknall und Funkenregen markiert. Also darf man jetzt auch ein wenig vorblättern und einen Blick auf Filme werfen, die bald oder im Laufe der nächsten Monate ins Kino kommen. Etwa "Der Brutalist" von Brady Corbet ab 31. Januar. Die Aussichten: verführerisch!


Ein auffälliges Phänomen im Jahr 2024 war die Ungewissheit, wann ein Film tatsächlich erscheinen würde. Ungewöhnlich häufig wurden Starttermine verschoben, auf unbestimmte Zeit ausgesetzt oder tauchten kurzfristig wie aus dem Nichts auf. Über die näheren Umstände weiß man nichts, aber aus dieser Unberechenbarkeit lässt sich doch auf eine tiefere Verunsicherung bei den Verleihern schließen, den besten Zeitpunkt für einen Film zu bestimmen.

Ganz unbegründet ist diese Vorsicht nicht. Der deutsche Kinoverband HDF gab kürzlich bekannt, dass im ersten Halbjahr 2024 sieben Prozent weniger Kinotickets verkauft wurden als noch 2023. Wenn sich diese Tendenz auch in der zweiten Jahreshälfte fortgesetzt hätte, würde das – abgesehen von den Pandemiejahren – auf die niedrigsten Besucherzahlen seit dreißig Jahren hinauslaufen. Inflationsbedingt höhere Eintrittspreise, aber auch die Folgen des US-Drehbuchautoren- und Schauspielerstreiks sowie die anhaltende Popularität des Streamings dürften dabei eine entscheidende Rolle spielen.


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Die besucherstärksten Produktionen waren 2024 Animations- und Kinderfilme, bewährte Franchise-Reihen, Komödien sowie auch wieder Superheldenfilme. Fortsetzungen und Remakes bleiben angesichts des als geringer eingeschätzten wirtschaftlichen Risikos auch im kommenden Jahr beliebte Investitionen. So erscheint 2025 mit dem auf einem iPhone 15 Pro Max gedrehten „28 Years Later“ der dritte Teil des von Danny Boyle inszenierten Endzeithorror-Reihe. Weiter geht es auch mit der „Mission: Impossible“-Reihe. Regie bei „Mission: Impossible- The Final Reckoning“ führt erneut Christopher McQuarrie, der schon mit seinen drei Vorgängerfilmen das hohe Niveau der Serie halten konnte.

Nach dem Prequel „Prey“ zeichnet Dan Trachtenberg für ein weiteres Kapitel der „Predator“-Saga verantwortlich. Der mit Elle Fanning besetzte „Badlands“ spielt in einer außerirdischen Ödnis in der Zukunft. Auch den Bär Paddington verschlägt es in seinem dritten Leinwandabenteuer in den heimischen Dschungel. Da Paul King, der die Reihe bisher mit ironischem Witz und wohldosierter Niedlichkeit prägte, gerade mit dem Sequel zu seinem Musical „Wonka“ beschäftigt ist, übernimmt bei „Paddington in Peru“ Douglas Wilson die Regie.

Auf in die Heimat: "Paddington in Peru" (Studiocanal)
Auf in die Heimat: "Paddington in Peru" (© Studiocanal)

Ein Franchise der ganz anderen Art ist Abdellatif Kechiches erotische Sommerfantasie „Mektoub My Love“. Nachdem das experimentelle „Intermezzo“ nach seiner umstrittenen Cannes-Premiere in der Versenkung verschwand, erscheint mit „Canto Due“ nun eine reguläre Fortsetzung.

Einige vertraute Geschichten warten 2025 in neuem Gewand. Im Rahmen seines mehrere Produktionen umfassenden Deals mit Netflix widmet sich Guillermo del Toro nach „Pinocchio“ nun Mary Shelleys berühmten Gruselroman „Frankenstein“. „Saw“-Schöpfer Leigh Whannell nimmt sich nach seinem so klug aktualisierten wie nervenzehrenden Remake „Der Unsichtbare“ mit „Wolf Man“ eines weiteren Horrorklassiker von Universal an. Spike Lee versucht sich unterdessen an einer Neuinterpretation von Akira Kurosawas Thriller „Zwischen Himmel und Hölle“. Sollte Denzel Washington seine kürzlich geäußerte Drohung wahr machen, dürfte „Highest 2 Lowest“ eine seiner letzten Rollen vor der Pensionierung sein. Eine allseits bekannte Geschichte hat sich der sonst auf Actionstoffe spezialisierte Regisseur Antoine Fuqua in seinem Michael-Jackson-Biopic „Michael“ vorgenommen, das im Oktober in die Kinos kommt.


Konflikte mit Humor auflösen

Dass 2024 die meisten erfolgreichen Filme in Deutschland entweder gänzlich oder zumindest zum Teil Komödien waren, unterstreicht die ungebrochene Vitalität des Genres. Die aktuelle Beliebtheit mag auch mit aufwühlenden politischen Tagesgeschehen zu tun haben, wobei Komik nicht nur Eskapismus ist, sondern sich auch scheinbar unlösbaren Konflikten mit humorvoller Entspanntheit widmet. 2025 kann man sich auf ein Comeback des „Simpsons“-Schöpfers James L. Brooks freuen, der nach 15 Jahren wieder auf den Regiesessel zurückkehrt. In „Ella McKay“ erzählt er von einer jungen idealistischen Politikerin, die Gouverneurin werden möchte. Auch Jim Jarmusch meldet sich wieder zurück: mit einer Tragikomödie über die unfreiwillige Zusammenkunft voneinander entfremdeter Familienmitglieder. Bei „Father, Mother, Sister, Brother“ spielen unter anderem Cate Blanchett, Adam Driver und Charlotte Rampling mit

Romantische Komödien sind in den letzten Jahren im Kino rar geworden. Umso erfreulicher ist, dass es im Februar ein Wiedersehen mit der stets in Liebes- und Beziehungstrubel verwickelten Bridget Jones gibt. Zwar muss man im vierten Teil „Verrückt nach ihm“ auf Colin Firth verzichten, dafür aber gibt es ein Wiedersehen mit Hugh Grant. Nach ihrem Indie-Hit „Past Lives“ präsentiert auch Celine Song eine Liebeskomödie: „Materialists“ handelt von einer von Dakota Johnson gespielten Heiratsvermittlerin, die in ein toxisches Liebesdreieck mit Pedro Pascal und Chris Evans gerät.

Was nach großem Kino klingt, bleibt in einigen Fällen erneut den Streamern vorbehalten. Etwa Nicholas Stollers' Lustspiel „You're Cordially Invited“ mit Reese Witherspoon und Will Ferrell, das Ende Januar bei Amazon Prime startet. Zwei Hochzeitsgesellschaften müssen sich darin wegen eines Buchungsfehlers eine Location teilen, was unweigerlich ins Chaos führt. Noah Baumbach kooperiert bei seiner neuen, noch unbetitelten Coming-of-Age-Komödie mit Adam Sandler und Laura Dern erneut mit Netflix. Und während es noch ungewiss ist, ob Kathryn Bigelows seit Jahren geplanter „Aurora“ überhaupt noch das Licht der Welt erblickt, dreht die versierte Action-Regisseurin für Netflix erstmal einen Echtzeit-Thriller, in dem sich die Mitarbeiter des Weißen Hauses mit einem drohenden Raketenangriff konfrontiert sehen.

Kein Allheilmittel für den Erfolg eines Films, aber zumindest häufig ein verlässlicher Kassenmagnet ist die Zugkraft eines Stars. Von einem nicht nur ausdrucksstarken, sondern auch vertrauten Gesicht lässt man sich lieber durch eine unbekannte Geschichte führen. Zu den aktuell populärsten jüngeren Darstellern zählt der androgyne Charakterkopf Timothée Chalamet, der im kommenden Jahr in gleich zwei prestigeträchtigen Filmen zu sehen ist: in James Mangolds „A Complete Unknown“ als junger Bob Dylan an der Schwelle zwischen akustischer und elektronischer Folkmusik sowie in Josh Safdies „Marty Supreme“. Bislang gab es die Safdie-Brüder fast nur im Doppelpack. Neben Josh Safdie versucht sich aktuell aber auch Benny Safdie mit „The Smashing Machine“ über den Mixed-Martial-Arts-Kämpfer Mark Kerr (Dwayne Johnson) allein hinter der Kamera.

Monica Barbaro, Timothée Chalamet in "Like A Complete Unknown" (Disney)
Monica Barbaro, Timothée Chalamet in "Like A Complete Unknown" (© Disney)

Aufstrebende Hauptdarsteller

Omnipräsent ist beim männlichen Schauspielnachwuchs derzeit auch der Ire Paul Mescal. der in kommenden Projekten von Oliver Hermanus („The History of Sound“), Richard Linklater („Merrily We Roll Along“) und Ridley Scott („The Dog Stars“) zu sehen ist. In Chloé Zhaos „Hamnet“ verkörpert er außerdem William Shakespeare. Die Adaption des Romans von Maggie O’Farrell erzählt, wie Shakespeares Gattin Agnes (Jessie Buckley) während der Entstehung von „Macbeth“ am Tod ihres 11-jährigen Sohnes zu zerbrechen droht. Und bevor der lausbubenhafte, aktuell ebenfalls schwer beschäftigte Josh O'Connor für neue Projekte von Steven Spielberg und Luca Guadagnino vor der Kamera steht, hat er jüngst mit Kelly Reichardt zusammengearbeitet. „The Mastermind“ erzählt vor dem Hintergrund des Vietnam-Kriegs von einem Kunstraub und könnte ein entschleunigtes Genrestück im Stil von Reichardts „Night Moves“ sein.

Spätestens seit „Elvis“ trifft man immer wieder auf Austin Butlers schläfrige Augen und markant geschwungene Mundpartie. Gerade hat er mit Darren Aronofsky den Thriller „Caught Stealing“ abgedreht. Die Geschichte über einen ausgebrannten Ex-Baseballspieler, der sich mit der New Yorker Unterwelt anlegt, klingt wie maßgeschneidert für Aronofsky, der ein Faible für selbstzerstörerische Anti-Helden hat. Ebenfalls ist Butler in Ari Asters schwarzer Westernkomödie „Eddington“ zu sehen, die von einem Paar handelt, das während der Covid-Pandemie in einer trügerisch idyllischen Kleinstadt strandet. Nach der surrealen Komödie „Beau is Afraid“ ist dies auch eine zweite Zusammenarbeit zwischen Aster und Joaquin Phoenix, der hier einen Provinzsheriff spielt.

Eine weitere bewährte Kollaboration gibt es in „Dreams“ von Michel Franco. Nach dem ungewohnt zärtlichen Drama „Memory“ hat der sonst für seinen mitleidslos kühlen Blick bekannte Regisseur ein weiteres Mal mit Jessica Chastain zusammengearbeitet. Der Film handelt von der Romanze zwischen einer wohlhabenden US-Amerikanerin und einem jungen mexikanischen Balletttänzer, bei der die sozialen Unterschiede zunehmend hervortreten. In „Roosevelt“ kollaboriert Leonardo DiCaprio zum bereits siebten Mal mit Regisseur Martin Scorsese. Bevor der Film über den gleichnamigen US-Präsidenten 2026 erscheint, ist DiCaprio zunächst aber in Paul Thomas Andersons „The Battle of Baktan Cross“ zu sehen. Der analog gedrehte Film entstand im historischen Breitwandformat VistaVision. Auch Brady Corbets Epos „The Brutalist“ über einen Holocaust-Überlebenden, der sich dem amerikanischen Traum verschreibt, entstand mit dieser Technik.


Die Festival-Saison nimmt Fahrt auf

Ende Januar startet auch die Saison der A-Festivals. Los geht es mit Sundance, wo unter anderem Ira Sachs’ „Peter Hujar's Day“ über einen Tag im Leben des gleichnamigen Fotografen (Ben Whishaw) läuft. Welche Richtung die Berlinale unter der neuen Leiterin Tricia Tuttle einschlagen wird, ist, abgesehen von einer neuen Sektion für Erstlingsfilme, zwar noch ungewiss. Als Plattform deutscher Arthouse-Produktionen dürfte das im Februar startende Festival aber weiterhin relevant sein. Zum ersten Mal seit 26 Jahren wird die Berlinale 2025 wieder von einer deutschen Produktion eröffnet: Tom Tykwers „Das Licht“ erzählt von einer zerrütteten Mittelschichtsfamilie, die von ihrer syrischen Haushälterin neu zusammengeführt wird.

Eröffnet die Berlinale: "Das Licht" von Tom Tykwer (X-Verleih/Frédéric Batie)
Eröffnet die Berlinale: "Das Licht" von Tom Tykwer (© X-Verleih/Frédéric Batie)

Ein Kandidat für den Berlinale-Wettbewerb könnte auch Christian Petzolds nach einer Komposition von Maurice Ravel benanntem Werk „Miroirs No. 3“ sein. Paula Beer spielt darin eine Pianistin, die nach dem Unfalltod ihres Freundes Zuflucht bei einer Familie mit zwielichtigen Motiven findet. Fertiggestellt wird gerade auch Valeska Grisebachs neuer Film „Das geträumte Abenteuer“ über eine Frau in der Grenzregion Bulgariens, die sich auf einen gefährlichen Deal einlässt. Und Benjamin Heisenberg kehrt nach einem Jahrzehnt mit der „Der Prank“ zurück. Die Komödie über einen eskalierten Aprilscherz startet im März in den deutschen Kinos.

Bereits drei seiner Filme präsentierte der Norweger Joachim Trier bisher beim Filmfestival in Cannes. Die Chancen stehen deshalb gut, dass dort auch sein Familiendrama „Sentimental Value“ laufen wird, das von Trauma, Heilung und der versöhnenden Kraft von Kunst handelt. Lynne Ramsay ist ebenfalls ein gern gesehener Gast an der Croisette, vielleicht auch mit „Die,My Love“. Jennifer Lawrence schlittert darin als frisch gebackene Mutter von einer postnatalen Depression in eine gefährliche Psychose. Auch der russische Regisseur Andrey Zvyagintsev war bislang mit fast jedem seiner Filme in Cannes zu Gast. Nachdem wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Jahr 2021 unklar war, ob Zvyagintsev jemals hinter die Kamera zurückkehren könnte, steht mit „Jupiter“ nun sein neues Projekt über einen Oligarchen in den Startlöchern.


Auf den Spuren von Jean-Luc Godard

Julia Ducourneau, die mit „Titane“ die Goldene Palme gewann, befindet sich mit ihrem neuen Film gerade in der Postproduktion. „Alpha“ erzählt von einem 11-jährigen Mädchen, bei dem in den 1980er Jahren eine unbekannte Krankheit festgestellt wird. Robin Campillo, dessen Film „Red Island“ hierzulande nie veröffentlicht wurde, dreht derzeit seinen neuen Film „Enzo“. Ursprünglich hatte der Co-Drehbuchautor Laurent Cantet die Geschichte über die Lehrjahre eines jungen Maurers inszenieren sollen, ehe der im April 2024 überraschend verstarb.

Weitere Titel für die Festivalsaison sind Lucrecia Martels „Chocobar“ über den gleichnamigen Menschenrechtsaktivisten, der 2009 wegen Grundstücksstreitigkeiten in Argentinien ermordet wurde sowie „No Other Choice“ von Park Chan-wook. Die auf einem Roman von Donald E. Westlake basierende Handlung wurde bereits 2005 von Costa-Gavras als „Die Axt“ verfilmt. Die schwarze Komödie dreht sich um einen Langzeitarbeitslosen, der seine konkurrierenden Bewerber zu eliminieren beginnt. Auch Na Hong-jin meldet sich mit einem englischsprachigen Film über eine mysteriöse Entdeckung in einer kleinen Hafenstadt zurück. Die Hauptrollen in „Hope“ spielen Michael Fassbender und Alicia Vikander, die im echten Leben ein Paar sind.

Nicht selten zehrt das Kino der Gegenwart davon, die Vergangenheit aufzuarbeiten. US-Regisseur Richard Linklater hat gerade gleich zwei kulturhistorische Stoffe verfilmt. Während sich „Blue Moon“ um den von seiner Alkoholsucht geplagten Broadway-Songwriter Lorenz Hart (Ethan Hawke) dreht, dreht sich seine französischsprachige Produktion „Nouvelle Vague“ um die Entstehung von Jean-Luc Godards geschichtsträchtigem „Außer Atem“. Um dem Aufbruchsgeist von Godards Film treu zu bleiben, hat Linklater sowohl den Regisseur als auch seinen Hauptdarsteller Jean-Paul Belmondo mit Newcomern besetzt. Wer weiß, wo man den beiden Darstellern in den nächsten Jahren noch überall begegnen wird.

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