Horror | USA 2024 | 103 Minuten

Regie: Leigh Whannell

Ein Paar in der Krise besucht mit seiner gemeinsamen Tochter das Elternhaus des Mannes im ländlichen Oregon. Als sie mitten in der Nacht am Bauernhaus ankommen, werden sie von einem unsichtbaren Tier angegriffen und verbarrikadieren sich im Gebäude, während das Tier umherstreift. Trotz einer recht dünnen Figurenpsychologie und einem überbetonten Subtext um Monster-Anlagen in Männern stark inszenierter Horrorfilm, der wenig braucht, um viel Effekt zu erzielen. Neben klassisch gestalteten Schreckmomenten gelingen immer wieder auch Überraschungen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
WOLF MAN
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Blumhouse Prod./Motel Movies/Waypoint Ent./Cloak & Co.
Regie
Leigh Whannell
Buch
Leigh Whannell · Corbett Tuck
Kamera
Stefan Duscio
Schnitt
Andy Canny
Darsteller
Christopher Abbott (Blake) · Julia Garner (Charlotte) · Matilda Firth (Ginger) · Sam Jaeger (Grady) · Ben Prendergast (Grady Wolf)
Länge
103 Minuten
Kinostart
23.01.2025
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Horror
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IMDb | TMDB

Neuverfilmung des Universal-Horrorklassikers um einen Mann, der sich allmählich in einen Werwolf verwandelt.

Diskussion

Schöner als die Farm der Lovells kann eine Farm nicht liegen: den Wald im Rücken und vor sich ein Tal, das nicht enden will und den Blick an einem Fluss entlang in Richtung einer Bergkette lenkt. Ein Anblick, der nie alt wird und der Trost zu spenden vermag in schweren Zeiten. So sagt es Vater Grady (Ben Prendergast) zu seinem Sohn Blake (Zac Chandler) in der Gewissheit, ihn durch diese schweren Zeiten bringen zu müssen. Beide tragen ein Jagdgewehr auf dem Rücken, als sie ins Tal blicken.

Was Männer zu Monster macht

Ihre Ausflüge in den Wald sind keine Freizeit, sondern Jagd- und Überlebenstraining. Der Vater leitet den Sohn an, wie es ein Gruppenführer in der Army tut. Der Sohn überlebt mit ihm, er antwortet mit „Yes, Sir“, wenn er gefragt wird, und schweigt, wenn er nicht gefragt wird. Ein wirkliches Leben gibt es hier draußen nicht. Die wenigen Menschen, die außer den Lovells hier leben, kennen den Grund ebenso wie der Vater. „Hügelfieber“ wird die Krankheit genannt, die, den Legenden von Ureinwohnern und Siedlern nach, Männer zu Monstern macht. Ein einziges Mal bekommt der Vater eines dieser Monster zu Gesicht. Dann verschwindet er aus dem Leben des Jungen.

30 Jahre später wird der Vater für tot erklärt. Blake (Christopher Abbott) ist nun selbst ein Vater, der seine Tochter Ginger (Matilda Firth) beschützen will, allerdings nicht vor den Monstern, die in den Wäldern Oregons lauern, sondern vor dem Verkehr in San Francisco. Dazu hat sich Blake auch nicht die militärischen Methoden angewöhnt, die er in seiner Kindheit erdulden musste. Er ist ein moderner Vater, der viel Zeit mit seiner Tochter verbringt, sie geduldig begleitet und immer wieder daran erinnert, dass sie eine Gedanken lesende Superheldin sei, die bei ihm, komme was wolle, immer nur ein emphatisches „Ich liebe dich“ finden wird.

Modern beziehungsweise modernisiert ist auch der Film selbst. „Wolf Man“ ist nach „Der Unsichtbare“ (2019) bereits der zweite Universal-Horrorklassiker, den Regisseur Leigh Whannell und Produzent Jason Blum mit zeitgenössischem Anstrich in die Kinos bringen. Die Neuverfilmung von „Der Wolfmensch“ (1941) spricht laut aus, was in der Klassiker-Vorlage noch im Subtext mitschwang. Noch immer lauert das Monster im Mann, doch diesmal ist es schon da, bevor der Mann zum Monster geworden ist. Was sich vor 30 Jahren noch in der psychischen Gewalt militärischer Disziplin manifestierte, ist in San Francisco, wo nur der unachtsame Taxifahrer und nicht der Wolfsmensch lauert, ein kleiner Ausraster des Vaters. Zwar gibt es sofort eine Entschuldigung. Doch Blake ahnt, dass die in der Kindheit erlernte Gewalt doch in ihm schlummert.

Rückkehr nach Oregon

Konkret wird diese Gefahr, als die Familie nach Oregon reist. Auf der Ranch soll nicht nur die im Alltag versandete Ehe des Schriftsteller-Paares gerettet werden, sondern auch die Mutter-Kind-Beziehung zwischen Charlotte (Julia Garner) und Ginger. Das Fundament der Figuren ist dabei ziemlich schmal: Ginger liebt ihren Vater, der sich als Beschützer seiner Tochter definiert; Charlotte hingegen arbeitet zu viel, um beiden wirklich nahe zu sein.

So flach diese Figurenpsychologie auch sein mag, so gut weiß „Wolf Man“ das Trauma in klassischer Genremanier ins Fleisch zu schreiben. Noch bevor die Familie das Elternhaus erreicht hat, fällt das Grauen über sie her. Eine ganze Nacht wird es ihnen folgen und sich auch dann nicht ausschließen lassen, als die Familie die Farm erreicht. Obschon „Wolf Man“ ein gewisses Problem mit dem Schluss hat, leistet der Film viel im Schreckensdepartment. Er verbeugt sich vor der Filmhistorie, wenn die Kamera im animalischen Delirium schaukelt; er gibt sich klassisch, wenn das Monster langsam ums Haus kriecht; er weiß zu überraschen, wenn die Beine einer Spinne mit ohrenbetäubendem Lärm auf die Wände trommeln. Insbesondere aber versteht es die Neuverfilmung, das zuvor ostentativ ausgebreitete Vatertrauma in eine tragische Metamorphose zu kanalisieren. Das Monster ist eben doch am schrecklichsten, wenn man es zu Gesicht bekommt.

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