Das Kino produziert unablässig Bilder, mit denen wir die Welt ordnen. Auch das Nachdenken über diese Bilder verlangt deshalb eine hohe Flexibilität. Ausgerechnet die feministische Filmkritik aber scheint sich mit dem starren Festhalten am Begriff des Male Gaze in eine Sackgasse manövriert zu haben und den komplexen Erzählungen über Geschlecht, Weiblichkeit und Begehren nicht mehr gerecht zu werden. Sie müsste wieder feministisch werden, statt feministisch zu sein!
Das Kino wird
immer in die Machtverhältnisse der Gesellschaft verstrickt sein. Es ist eine
Maschine des Sehens, die Bilder produziert, mit denen wir unsere Welt ordnen.
Weil die Filmgeschichte weitergeschrieben wird, muss sich auch der kritische
Blick auf das Kino wandeln. Ausgerechnet die feministische Filmkritik scheint
sich jedoch im starren Festhalten am Begriff des Male Gaze in eine Sackgasse
manövriert zu haben und den komplexen, wilden Erzählungen über Geschlecht,
Weiblichkeit und Begehren nicht mehr hinterherzukommen. Mit Behauptungen wie
die, „Poor Things“ sei
lediglich eine Männerfantasie über weibliche Sexualität oder „The Substance“ sexualisiere die
Körper von Frauen, kommen wir nicht weiter. Gerade weil die feministische
Filmkritik so wichtig ist, muss sie gegen sich selbst arbeiten. Sie muss wieder
feministisch werden, statt feministisch zu sein! Ein erster Schritt: Sich vom
Male-Gaze-Konzept zu emanzipieren. Aber was meint das eigentlich?
„Male Gaze“ lässt sich als „männlicher Blick“ übersetzen. Der Begriff geht auf Laura Mulvey und ihren 1975 veröffentlichten Text „Visual Pleasure and Narrative Cinema“ zurück. Mit psychoanalytischem Vokabular und anhand der Filme von Howard Hawks („Only Angels Have Wings“), Josef von Sternberg („Marokko“) und Alfred Hitchcock („Vertigo“) arbeitete die britische Filmwissenschaftlerin heraus, wie die patriarchale Ordnung der Gesellschaft im Kino weiterwirkt und das hierarchische, heterosexuelle Geschlechterverhältnis narrativ und visuell als unverrückbare Tatsache gesetzt wird. Ihre These: Der Film ist gemäß dem männlichen Blick strukturiert. Frauen (und alle im vielfältigen Dazwischen) blicken durch den „männlichen Blick“ auf sich selbst und sind gezwungen, ihr Sein und ihre Identitäten danach auszurichten. Anders formuliert: Der „Male Gaze“ ist eine Struktur der Kontrolle und der Normierung. Sie sagt: So sieht es aus, wenn man „normal“ ist.
Frauen tauchen in den Erzählungen dieses männlichen Kinos lediglich als passive, schöne und aufgrund ihrer geheimnisvollen Verführungsmacht mit Vorsicht zu genießende Objekte auf. Andere, nicht-männliche Identitäten kommen entweder gar nicht vor oder werden als Witzfiguren behandelt. Der männliche Held begehrt die Frau, beschützt sie und ist gleichsam der einzige Sinn ihrer Existenz: Ohne den Einen, den Prinzen und Loverboy, wird Frau niemals komplett sein.
Der
Mann ist also aktiv, während die Frau in der Passivität gefangen bleibt.
Ohnehin tauchen Frauen nur am Rand auf, als hohle Nebenfiguren oder
domestiziertes Schmuckwerk der Männer. Sie haben kein eigenständiges, vom Mann
losgelöstes Begehren; die Sexualität ist einzig eine Angelegenheit des Mannes.
Frauen existieren nur in seinem Blick, dessen Verlängerung die Kamera ist. Sie
begreift den Körper der Frau, erotisiert ihn und lässt es so erscheinen, als
würden die Frauen sich ihm freiwillig lasziv hingeben. Es gibt keine andere
Möglichkeit.
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Man denke nur an die Figur der verführerischen Femme fatale aus dem Film noir. Sie ist die absolute Verkörperung dieses Blicks. In ihr schimmert immer auch die Gefahr durch, das doppeltes Spiel der Frauen. Die Männer sollen immer auch auf der Hut sein, schließlich war es Eva, die den Apfel vom Baum der Erkenntnis pflückte. Nur als in die Passivität gezwungenes Objekt, das gefahrlos benutzt werden kann, darf Frau ungestraft bleiben. Man(n) kann nicht ohne, aber auch nicht wirklich mit der Frau. Das ist es, was diese Filme mal mehr, mal weniger explizit wiederholen.
Es gilt in der Sicht von Mulvey, andere Formen des Blicks zu erfinden, um die Frauen aus dem misogynen, filmischen Klammergriff der Passivität zu befreien, damit andere Rollenbilder als lebbare Möglichkeiten sichtbar werden.
Das Erstarren eines Konzepts
Das Analysekonzept des „Male Gaze“ bildet bis heute einen Grundpfeiler der feministischen Filmkritik. Der sogenannte Bechdel-Test, mit dem weibliche Stereotype durch drei einfache Fragen aufgespürt werden sollen, geht beispielsweise darauf zurück: Gibt es mehr als zwei Frauenrollen? Sprechen Sie miteinander und wenn ja, über etwas anderes als Männer?
Allerdings gibt es in der feministischen Filmkritik seit einiger Zeit die Tendenz, den eigenen Anspruch zu unterlaufen und jenen reaktionären Kräften in die Falle zu gehen, gegen die sie angetreten ist. Der Begriff des „Male Gaze“ ist zu einer starren Formel geworden, die über Filme gelegt wird, um ein bisschen Kritik zu simulieren. Mitunter scheint es einzig darum zu gehen, sich durch eine Haltung gegenüber einer bestimmten Zielgruppe als kritisch auszuweisen. Eine Kritik ohne Selbstkritik aber droht stumpf und harmlos zu werden. Es ist höchste Zeit, dem „Male Gaze“ auf den begrifflichen Zahn zu fühlen, um den subversiven Nerv freizulegen.
Fraglos
ist es schrecklich, dass wir uns im Jahr 2024 immer noch mit den gleichen
Problemen herumschlagen müssen, mit denen sich bereits Laura Mulvey im Jahr 1975
konfrontiert sah. Die Filmbranche ist – man denke nur an den geringen Anteil
von Regisseurinnen in den Wettbewerben der großen Festivals wie Cannes – immer
noch von Männern dominiert. Auch wenn sich die konservativen Politiker und
rechtspopulistischen Demagogen noch so laut über angeblichen Genderwahn und
woken Irrsinn beschweren: Wir erleben gerade einen Rückschritt hin zu
klassischen Rollenverständnissen, die mitunter lebensgefährlich sind. So wird
das Ausmaß von Femiziden weiterhin verdrängt. Diese Morde haben eine
strukturelle Dimension. Die Frau wird bestraft, weil sie die ihr zugewiesene
Rolle nicht weiter gespielt und das männliche Ego durch Autonomie infrage
gestellt hat. Müsste man angesichts dieser gesellschaftlichen Entwicklungen
nicht am Konzept des „Male Gaze“ festhalten?
Nein. Wir müssen den kritischen Blick auf das Kino weiten und den „Male Gaze“ lediglich als ein Element feministischer Kritik begreifen. Es scheint so, als sei feministische Filmkritik bereits institutionalisiert und zu einer Gewohnheit geworden, mit der man auf dem Markt der Kritik punkten kann. Sie wird verrechnet und zur Kenntnis genommen – und gleichzeitig folgt immer weniger daraus. Insbesondere liberaler Feminismus, der einzig die Gleichberechtigung einfordert (siehe Bechdel-Test), ist allzu leicht verdauliche Kost, die auf den Podien der Filmfestivals gerne serviert wird, weil Feminismus zum Markenkern gehört. Die Kritik am „Male Gaze“ ist dabei ein scheinbar scharfes Schwert: einfach anzuwenden und komplexe Strukturen in leicht verständliche Oppositionen übersetzend – wir, die Frauen, gegen die Männer. Als wäre es jemals so einfach gewesen.
Nina Menkes’ Essayfilm „Brainwashed: Sex-Camera-Power“ ist das beste Beispiel für diese Simplifizierung. Als Filmemacherin und als Frau, so erklärt Menkes im Voice-over, könne sie diesen gewaltigen Strudel der männlich geprägten Bildsprache nicht mehr ertragen. Ihre Dokumentation soll als eine Art Gegenwehr verstanden werden. Dabei geht sie jedoch ungemein manipulativ vor und zwingt Filmen ihre Interpretation aus. Man muss die Filmausschnitte nur geschickt genug wählen, eine zurechtgestutzte Sequenz herauspicken oder das Narrativ aussparen, und schon erscheint das gesamte Kino als ein einziger männlicher Blick, als ein lüsternes Starren unsäglicher Typen.
Carrie und die Körper
Ausgiebig widmet Menkes sich der Titelsequenz von Brian De Palmas „Carrie“ (1976). Die Kamera gestattet einen Blick in die Umkleidekabine einer High School. Die Mädchen duschen. Der Wasserdampf umspielt die unbekleideten Körper, die sich regelrecht in die weichgezeichnete Bewegung der Zeitlupe zur schwülstigen Musik von Pino Donaggio hineinlegen. Darüber werden die Namen der Filmschaffenden eingeblendet. Nur Männer, bemerkt Menkes, was als Beweis für den „Male Gaze“ genommen wird, als würde Brian De Palma den verdinglichenden Blick der Szene mit seinem Namen unterschreiben, buchstäblich für den Sexismus bürgen. Außerdem sei diese Darstellung einer Umkleidekabine arg lächerlich und unglaubwürdig. So würden sich Teenagerinnen nicht verhalten. Nicht in der High School. Und nicht in einer Umkleidekabine.
Das mag durchaus
stimmen. Diese Szene ist stilisiert. Realismus hat De Palma nie interessiert.
Und ja, das Team hinter „Carrie“
besteht aus Männern, deren Namen sich über die nackte Haut legen. Dennoch ist
die Interpretation von Menkes mindestens fragwürdig. Der Sinn dieser
Titelsequenz offenbart sich nur, wenn man sie im Kontext des gesamten Films
betrachtet und insbesondere die Menstruationsszene unmittelbar im Anschluss
hinzuzieht.
„Carrie“ handelt von einer Schülerin, die unter dem religiösen Wahn der Mutter leidet und kein Verhältnis zu ihrer Sexualität und ihrem Körper hat. Sie wird im Laufe des Films all ihre verinnerlichte Wut und all den Schmerz durch telekinetische Kräfte gegen ihr Umfeld richten. Als unter der Dusche ihre erste Menstruation einsetzt, gerät sie in Panik. Sie weiß nicht, was mit ihr geschieht, und glaubt verletzt zu sein. Die anderen Mädchen üben sich nicht in Sisterhood – sie machen sich über ihre Mitschülerin lustig und bewerfen sie mit Binden.
De Palma filmt diese Szene zunächst, als würde er einen Softsexfilm im Stile von David Hamilton drehen. Der Körper von Sissy Spacek wird regelrecht lüstern berührt. Das Publikum wird verführt, eine bestimmte Perspektive einzunehmen. Dann aber läuft Blut das Bein hinab, und der „Male Gaze“ wird auf sich selbst zurückgewendet: Menstruation, gerade zu dieser Zeit im Jahr 1976 ist das große Tabu, der „Makel“, über den nicht gesprochen werden darf. „Carrie“ konfrontiert damit: Das Phantasma der Reinheit, des sterilen Objekts, wird schon immer eine gewaltvolle Illusion gewesen sein.
Das freizügige Tanzen der anderen Mädchen ist der harte Kontrast zur naiv-kindlichen Körperlichkeit von Carrie. Eine stilisierte Metapher für die im „Male Gaze“ konstruierte und gelebte weibliche Identität. Diese Szene ist subversiv, selbst wenn es richtig ist, dass sie für den männlichen Blick posieren. Denn sie müssen an dieser Stelle posieren. Durch die Mädchen perpetuiert sich die männliche Gewalt des Films. Auch diese spielt eine Rolle und wird von John Travolta verkörpert: übergriffig, fordernd, die Frau als Objekt behandelnd. Männlich und weiblich sind in „Carrie“ nur unterschiedliche Seiten ein und derselben Medaille.
„Carrie“ ist ein Beispiel dafür, auf welche Weise ein Film mit dem männlichen Blick umgehen kann. Der Film hat fraglos auch eine Reihe von Problemen, wenn man bedenkt, wie sehr sich Carrie sich an ihrem Prom-Partner orientiert. Gleichzeitig öffnet dieser Film aber einige Diskurse, über die es sich noch heute zu schreiben lohnt.
Alexia und die Maschine
Ähnlich fragwürdig verfährt Menkes mit einem Ausschnitt aus „Titane“ von Julia Ducournau, in dem die Hauptfigur Alexia (Agathe Rousselle) lasziv und in einem freizügigen Outfit auf einer Motorhaube tanzt. Auch hier fehlt der Anschluss. Es wirkt zunächst, als würde Alexia für die Kamera tanzen, damit wir ihren Körper ausgiebig genießen können. Erst später sehen wir den Kreis der Männer, der sich um das Auto gebildet hat. Der Blick wird verdoppelt, und die Zuschauerinnen müssen erkennen, dass Alexia weder für sie noch für die lüsternen Augen des Kreises posiert hat. Sie hat sich dem Liebesspiel mit dem Auto hingegeben, war ganz bei sich und dem Boliden, den sie sexuell begehrt.
„Titane“ reproduziert nicht den männlichen Blick. Der Film benutzt ihn, um ihn umzuwenden und in einem Blick der Maschine aufgehen zu lassen. Das ist die Provokation des Films: Stellt euch vor, eine Frau, die gar kein Geschlecht haben will, begehrt ein Auto – ausgerechnet jenes Symbol männlicher Virilität.
Aus „Titane“ gewinnen wir eine andere Perspektive. Sie lässt das Uneindeutige zu, weil die Welt ständig Eindeutigkeit einfordert. Menkes aber interessiert sich dafür nicht. Sie will sich als kritische Instanz setzen, ihr Wissen als Waffe einsetzen. Alles, was nicht ihrem Programm (ihrem Blick) entspricht, wird schlechterdings aussortiert. Sie, die Kritikerin, weiß immer schon. Durch eine solche Haltung wird Kritik ihrer transgressiven Spitze beraubt.
Die Dialektik des Besonderen
Am Umgang der feministischen Kritik mit dezidiert feministischen Filmen der Gegenwart zeigt sich, dass die Vereinfachung eines solchen Aktivismus sich nur allzu gerne um sich selbst dreht. Drei Beispiele:
1. Die Filmwissenschaftlerinnen Elena Baumeister und Bianca Jasmina Rauch kritisieren das ungeschönte Bild der Pornoindustrie in „Pleasure“ von Ninja Thyberg als eine Reinszenierung des männlichen Blicks. Andere weibliche Themen – „ungewollte Schwangerschaft bzw. Verhütung, sexuell übertragbare Krankheiten oder der Umgang mit Menstruation während der Dreharbeiten“ – werde hingegen nicht thematisiert. Das ist eine gern angewendete Strategie der Kritik: Es werden dezidierte Erwartungen an einen Film gestellt, seine Stärken aber unter den Tisch fallen gelassen.
2. Ähnlich oberflächlich liest sich die Kritik an „Poor Things“ von Giorgos Lanthimos. Die Literaturverfilmung sei nichts weiter als eine flache, sexistische, männliche Fantasie, die letztlich gar misogyn ist. Selbst wenn es gute Ansätze im Film gäbe, so kämen die Männer letztlich einfach zu gut weg (vgl. Filmlöwinnen). Unabhängig vom revanchistischen Tonfall wird der Film entlang einer aktivistischen Wunschvorstellung kritisiert – in völliger Absehung seiner innerfilmischen Machtdynamiken.
3. Die harsche Kritik an „The Substance“ von Coralie Fargeat, die jenseits des Body-Horror-Spektakels nichts von Substanz zu erzählen hätte und sich allzu sehr am schönen Körper von Margaret Qualley orientiert, während das Alter als Monstrosität dargestellt werde. Erneut werden Männer in keiner Weise sexualisiert und blieben so die Blickenden.
Kurzum: Die Filme würden ihre feministische Agenda lediglich behaupten. Letztlich gelänge es ihnen nicht, den „Male Gaze“ zu brechen. Die Frauen blieben die Opfer, an deren Leid sich der männliche Blick laben kann. Die Körper aber werden weiterhin sexualisiert und verdinglicht.
Richtet Coralie Fargeat in „The Substance“
die Kamera wirklich zu lange auf den makellosen Körper und den Hintern von Margaret Qualley? Und wieso werden in diesem Film die Männer nicht sexualisiert?
Vorschnell wird unterstellt, „The
Substance“ würde allein von Schönheitswahn und Alter handeln. Die Figur
von Demi Moore schafft sich durch eine neuartige Methode einen
Ersatzkörper, durch den sie zeitweise die Kontrolle über ihr Leben
zurückzugewinnen gedenkt. Sie, die vom sexistischen System des Showbiz als zu
alt aussortiert wurde, wird zurückschlagen und dabei
scheitern. Der Blick auf den Körper von Qualley ist der Blick von Demi
Moore.
„The Substance“ zeigt, wie sehr Frauen an der Ordnung mitwirken und sich gegenseitig bewerten. Die marktwirtschaftliche Lösung offenbart sich als sicherer Weg in die Selbstzerstörung. Der Selbstoptimierung ist – das ist das Schockierende an Fargeats Gesellschaftsanalyse – nicht einmal durch das Monströse zu entgehen. Am Ende wird die völlig entstellte Demi Moore zu einem obszönen und schlussendlich tödlichen Spektakel, dass so lange am Grund der Selbstoptimierung lauert, wie wir an den Glanz der Sterne auf dem Hollywood Walk of Fame glauben.
Dabei offenbart sich die strukturelle Ähnlichkeit zu „Pleasure“, in dem sich die Hauptfigur der Pornografie ausliefert und zu einem Monster der Konkurrenz wird. Linnéa glaubt zunächst wirklich daran, dass Porno reinstes Vergnügen der Lust ist. Um wenigstens ein Stück Autonomie zu erheischen, muss sie aber über Grenzen gehen und sich abhärten: Ist das Business zu hart, bist du zu schwach – zu alt, zu dumm und so weiter. Optimiere dich und mache etwas Einzigartiges aus dir, egal wie monströs dies auch sein mag. Der Markt wird es für den Augenblick in einer Instagram-Story würdigen.
In eben
diese Falle ist die feministische Filmkritik getappt. Sie reduziert sich auf einfache
Urteile. Dabei muss sich Kritik notwendigerweise in eine Selbstkritik treiben,
um nicht zur Gewohnheit zu werden. Letztlich ist es wohl Yorgos Lanthimos’ „Poor Things“, ausgerechnet der Film eines Mannes
(!), der eine höchst subversive Geschichte erzählt, dessen Moral der Geschichte
auch für die in Identitätspolitik erstarrte feministische Filmkritik gilt:
Nicht sein, sondern werden! Nicht feministisch sein und die eigene Blase
füttern, sondern auf dem Weg immerzu feministisch werden. Der „Male Gaze“ ist nur einer von vielen
Blicken.