Haindling - und überhaupts...

Dokumentarfilm | Deutschland 2014 | 94 Minuten

Regie: Toni Schmid

Dokumentarisches Porträt des „bayerischen Weltmusikers“ Hans-Jürgen Buchner, der mit seiner Band „Haindling“ seit den 1980er-Jahren die süddeutsche Musiklandschaft mitprägt. Der anlässlich von Buchners 70. Geburtstag entstandene Film verfällt nicht in Lobhudeleien, verbindet vielmehr die Historie der Band mit der Lebens- und Liebesgeschichte ihres Gründers, der humorvoll und alltagsweise durch den Film führt. Nebenbei wird auch das „andere“ Bayern eines Herbert Achternbusch oder Georg Ringsgwandl sichtbar, anarchisch, aufmüpfig, weit entfernt von krachledernen Klischees. - Ab 12.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Kick Film
Regie
Toni Schmid
Buch
Toni Schmid
Kamera
H.P. Fischer · Roland Wagner
Schnitt
Carmen Kirchweger
Länge
94 Minuten
Kinostart
04.12.2014
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
Zorro (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Er hadert ein wenig damit, dass auch die Politiker ihn mögen, die seine „grünen“ Ansichten überhaupt nicht teilen. Und die seinen Hang zum Sarkasmus vielleicht nicht einmal verstehen. Doch Hans-Jürgen Buchner ist ein glücklicher Mensch. So wirkt es wenigstens in Toni Schmids „Haindling – und überhaupts…“. Anlässlich seines 70. Geburtstags und im Auftrag des Bayerischen Fernsehens hat der Regisseur den Musiker porträtiert, der sich nach seinem Heimatort Haindling in Niederbayern benannt hat. Es ist wahrscheinlich auch ein Glücksfall, dass der Produzent des Films Jörg Bundschuh mit seiner Firma Kick Film ist: Bundschuh kennt Haindling alias Hans-Jürgen Buchner schon lange, für dessen bayerisches Roadmovie „Bavaria Blue“ von 1989 hat der Musiker seine erste Filmmusik komponiert – viele Filmmusiken sollten folgen. „Paula“, eines seiner bekanntesten Lieder, hat sich Hans-Jürgen Buchner ursprünglich für die bayerische Kultserie „Zur Freiheit“ ausgedacht; zuletzt hat er für Joseph Vilsmaiers eher fragwürdigen bayerischen Imagefilm „Bavaria – Traumreise durch Bayern“ (fd 41 200) komponiert. Letzteres kommt in „Haindling – und überhaupts…“ gleich gar nicht vor: das spricht für den guten Geschmack der Macher und Verantwortlichen. Toni Schmid beginnt sein Portrait mit den Haindlingschen Textfindungsstrategien zwischen Dadaismus und Haiku: „Wann das Wasserreservoir des Dromedar net laar war...“. So sitzt der Meister am Tisch und reimt, er streicht mit den Fingern über den Rand eines Weinglases, seine Frau Ulrike Böglmüller tut es ihm gleich. Sinnfällig, unaufdringlich und sehr unterhaltsam – was nicht zuletzt an den vergnügten und entspannten Protagonisten liegt – verknüpft der Film die Lebens- und Liebesgeschichte von Hans-Jürgen Buchner mit seinem musikalischen Werdegang. Zunächst war er Keramikmeister mit eigenem Straubinger Betrieb, nach wie vor entwirft er gemeinsam mit seiner Frau bayerische Azulejos, die an den Wänden des wirklich malerischen ehemaligen Wirtshauses, in dem die beiden leben, zu bestaunen sind. Von seinen Bandmitgliedern, allesamt Multiinstrumentalisten, sind zwei seit Anfang der achtziger Jahre dabei, als es los ging mit Haindling. Damals war die Band gemeinsam mit den Biermösl Blosn Vorreiter einer Neuen Volksmusik, die nichts Tümelndes hatte, sondern sich mit kritischen Mundart-Texten auf die „echte“ Volksmusik besann – Hans-Jürgen Buchner mischte sie mit Pop. „Lang scho nimmer g’sehn“ war wohl der größte Hit, mit dem Haindling auch über Bayern hinaus bekannt wurde. Eines der letzten Konzerte, auf dem die Band im Film live zu sehen ist, findet in Hamburg statt. Der Musiker fühlt sich nicht immer verstanden, im hohen Norden nicht und von den froh schunkelnden Stoibers und Becksteins auch nicht. Er denkt nach über sein Lied „Bayern, des samma mir“: Ihm sei da was „Primitives“ eingefallen, habe er seiner Frau erzählt, das sei so „grotesk“, er würde das gerne machen. Dass viele dann den bissigen Sarkasmus als Hymne missverstanden haben, hat ihn schon gewundert. Aber nicht allzu sehr. Neben viel Archivmaterial aus alten Filmen und Reportagen zeigt Schmid auch wiederkehrend Material von den Konzertreisen der Band nach Asien: Zunächst wird nicht ganz klar, wie da der Austausch aussieht oder wo die Einflüsse zu finden sind. Durch die Beharrlichkeit drängen sich dann schließlich doch noch Verwandtschaften auf zwischen Fernost und fern südöstlichem Bayern, auch retrospektiv. Nur sind die Buddhisten unter den Zwiebeltürmen nicht immer gleich als solche zu erkennen: „Spinn I, oder bin I jetzt im Himmi?“
Kommentar verfassen

Kommentieren