Krimi | USA 2022 | 130 Minuten

Regie: Harry Bradbeer

Zweiter Teil der Jugendbuchverfilmung um eine smarte Jungdetektivin aus dem legendären Holmes-Clan, die sich nun mit einer Detektei selbstständig gemacht hat. Ihre erste Klientin tritt mit einem Fall an sie heran, der weite Kreise ziehen wird: Die Suche nach einer verschwundenen Fabrikarbeiterin konfrontiert Enola mit einem Mord und finsteren Machenschaften. Die Inszenierung strickt daraus ein ebenso clever gebautes wie actionreiches, komödiantisch grundiertes Krimi-Spektakel, das die reale Geschichte eines Arbeiterinnen-Streiks im London des Jahres 1888 einbaut und gleich auf mehrfache Weise eine Lanze fürs „Female Empowerment“ gegen patriarchalische Missachtung bricht. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
ENOLA HOLMES 2
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Legendary Entertainment/Netflix/PCMA Productions
Regie
Harry Bradbeer
Buch
Jack Thorne
Kamera
Giles Nuttgens
Musik
Daniel Pemberton
Schnitt
Adam Bosman
Darsteller
Millie Bobby Brown (Enola Holmes) · Henry Cavill (Sherlock Holmes) · Helena Bonham Carter (Eudoria Holmes) · Adeel Akhtar (Lestrade) · David Thewlis (Grail)
Länge
130 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Krimi | Literaturverfilmung
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TMDB

Eine zweite Verfilmung nach der Teen-Krimireihe „Enola Holmes Mysteries“ von Nancy Springer: Nach den Abenteuern in Teil 1 hat sich Enola als Detektivin selbstständig gemacht und bekommt es mit dem Fall eines verschwundenen Mädchens zu tun, der weite Kreise zieht.

Diskussion

Im viktorianischen Zeitalter eine Karriere als Privatdetektivin starten zu wollen, bringt so einiges an Frustrationen mit sich, das lernen wir bereits in den ersten Szenen der Jugendromanverfilmung „Enola Holmes 2“: Obwohl das Nesthäkchen des Holmes-Clans in Teil 1 seinen ersten großen Fall mit Bravour gelöst hat, hält die potenzielle Kundschaft Enola mal für eine Sekretärin, mal verlangt sie nach dem namhaften Bruder Sherlock, mal wird die Kompetenz der weiblichen Ermittlerin gleich vollends in Frage gestellt. Eines Tages aber ist sie da, Enolas erste Klientin. Bessie (Serrana Su-Ling Bliss) ist ihr Name, und in der Streichholzfabrik, in der das Mädchen an der Seite anderer Frauen lange, beschwerliche Schichten schiebt, wird seit Tagen eine Kollegin vermisst: Bessies ältere Schwester, Sarah Chapman. Und Bessie ist sich sicher, dass diese sich nicht einfach auf und davon gemacht hat, sondern dass es einen triftigen Grund für ihr Verschwinden geben muss. Enolas Auftrag: Sie wiederzufinden.

Der Beginn einer Ermittlung, die Enola im Lauf des Films von Bessies und Sarahs ärmlicher Bleibe bis in höchste Gesellschaftskreise führen wird. Eine wichtige Station dabei ist die Fabrik, in der die Mädchen arbeiten. In dem Werk herrschen entsetzliche, ausbeuterische Arbeitszustände, zudem wütet der Typhus im London dieser Tage. Die Ursache für die schweren Gesundheitsschäden innerhalb der rein weiblichen Belegschaft ist aber – wie sich herausstellen wird –, eine andere: Enola Holmes, abermals gespielt von Millie Bobby Brown, ermittelt in ihrem neuen Fall entlang der Spuren einer wahren Begebenheit, dem „Matchgirls’ Strike“ im London des Jahres 1888.

Naturgewalt in Cleverness und Schlagfertigkeit

Derweil arbeitet Meisterdetektiv Sherlock Holmes (beeindruckend unterkühlt gespielt von Henry Cavill) an einem eigenen Fall, bei dem auf wundersame Weise Regierungsmittel des House of Lords in fremden Taschen verschwinden. Wie sich herausstellt, sind die beiden Fälle miteinander verknüpft. Das Geschwisterpaar Enola und Sherlock ist im Wahrheitskampf vereint, die Bühne aber gehört primär der aufstrebenden Enola. Wie schon im ersten Teil der Verfilmung der Erfolgsreihe von Nancy Springer tüftelt sich die smarte junge Frau durch die Irrungen eines Plots, dessen Feinheiten beim Zuschauer schnell vergessen sind. Das ist aber auch gar nicht so wichtig. Viel bedeutender ist die Enola-Holmes-Show, um die sich hier abermals alles dreht. Eine Figur im Film beschreibt die Heldin sehr treffend als „Naturgewalt“.

Eine Naturgewalt des scharfsinnigen Verstandes, der es jedoch beileibe auch nicht an körperlicher Schlagkraft fehlt, wenn ihr jemand – meistens ältere Männer – dumm kommt. Enolas „Love Interest“ aus Teil 1, der junge, fortschrittliche Lord Tewkesbury (Louis Partridge), der diesmal zwar keine zentrale Rolle spielt, aber doch wieder in Enolas Recherchen eingebaut wird und zudem für eine Prise Romantik sorgen darf, bekommt im Austausch für Tanzstunden reichlich Anschauungsunterricht in der Kunst, reihenweise körperlich überlegene Gegner zusammenzufalten.

Herrlich fies: David Thewlis als dubioser Polizeichef

Die kämpferischen Fertigkeiten kommen Enola in ihrem aktuellen Fall höchst gelegen, denn bald schon gilt es, sich aus den Fängen einer korrumpierten Polizei zu befreien, denn dem redlichen, wenn auch nicht gerade brillanten Kommissar Lestrade (Adeel Akhtar) sitzt diesmal ein von David Thewlis herrlich schmierig-fies gespielter Vorgesetzter im Nacken. Als eine junge Frau aus Bessies und Sarahs Umfeld ermordet aufgefunden wird und Enola sich am Tatort aufhält, sorgt dieser dafür, dass die Jungdetektivin in eine so tiefe Patsche gerät, dass nicht mal Bruder Sherlock ihr heraushelfen kann. Gut, dass beim Schicksal der Tochter aber auch Enolas verschollene Mutter (Helena Bonham Carter), eine gestandene Vorkämpferin der Frauenrechte, noch ein Wort mitzureden hat – gut nicht zuletzt für die Zuschauer, denen der Auftritt der Holmes-Matriarchin eine der finten- und actionreichsten Sequenzen des Films beschert.

Regisseur Harry Bradbeer, der auch für die Umsetzung eines Großteils der Folgen der unwahrscheinlich lustigen Serie „Fleabag“ verantwortlich zeichnete, inszeniert das Abenteuer rund um die Nachwuchsdetektivin abermals mit kontrolliertem Furor und gleichzeitigem Understatement. Teil 1 seiner Jugendbuchadaption war im Grunde eine lange Exposition; mit Teil 2 nimmt das Franchise nun nochmal an Fahrt auf und liefert der Titelfigur eine gelungene Steilvorlage, um sich weiter in die Herzen des Publikums zu spielen.

Die zeitgemäße und die historische Heldin

Immer wieder lässt die Inszenierung Enola die „Vierte Wand“ durchbrechen und sich direkt ans Publikum wenden. Dieses darf sich bei „Enola Holmes“ stets ernst genommen fühlen, darf miträtseln, bisweilen auch Fragen beantworten, die die Protagonistin aufwirft. Es ist eines der Erfolgsrezepte dieser Verfilmungen, und Millie Bobby Brown trägt es mühelos. Am liebsten sieht man der Schauspielerin dabei zu, wie sie die komplexen inneren Vorgänge der von ihr verkörperten Detektivin in ein charmantes Minenspiel übersetzt – deutlich, aber niemals „overacted“. Den einfältigen Männern von gestern lehrt diese zeitgemäße Heldin das Fürchten. Und dass ihr zweiter Fall zudem der historischen Figur Sarah Chapman, die im ausgehenden 19. Jahrhundert als mutige Vorkämpferin für die Rechte von Arbeiterinnen Geschichte schrieb, ein Denkmal setzt, gibt dem Ganzen einen besonderen Reiz.

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