England 1769. Richter Lord Mansfield staunt nicht schlecht, als ihm sein Neffe, der Admiral Sir John Lindsay, seine kleine Tochter Dido Elizabeth Belle zur Obhut übergibt: Das Mädchen hat eine dunkle Hautfarbe. Ihre Mutter, eine schwarze Sklavin, ist soeben gestorben, doch Lindsay hat das Kind als legitimen Erben seines Namens und Vermögens anerkannt. Nach der ersten Empörung – immerhin ist Mansfield einer der höchsten und angesehensten Richter Großbritanniens – fügt sich der Lord in sein Schicksal. Zusammen mit seiner gleichaltrigen Tochter Elizabeth wächst Dido wohlbehütet auf dem herrschaftlichen Anwesen auf. Sie ist eine Lady, jung und schön, und doch ist sie anders. Wer wird sie jemals heiraten? Um ihrer selbst willen liebt sie nur John Davinier, Sohn eines Priesters und radikaler Gegner der Sklaverei. Davinier unterstützt Mansfield bei einem besonderen Fall: Der Kapitän des Sklavenschiffs Zong, der seine „menschliche Fracht“ auf dem Weg nach Amerika über Bord werfen ließ, als die Wasservorräte zu Neige gingen, will unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die Versicherungssumme für entgangene Profite einklagen; ein Unwetter habe die Sklaven über Bord gespült. Als Lord Mansfield die Akten mit dem wahren Sachverhalt unterschlägt, sieht Dido sich gezwungen einzugreifen.
Damit nimmt der Film eine geschickt vorbereitete Wendung vom Privaten ins Öffentliche, vom Persönlichen ins Politische. Didos Schicksal als Farbige in einer rassistischen Gesellschaft kommt durch den wegweisenden Prozess Allgemeingültigkeit zu, die scheue Liebesgeschichte wandelt sich zum gemeinsamen Kampf für Gerechtigkeit. Mansfields Richterspruch, der das Ende des Sklavenhandels in Großbritannien einläutete, wurde, so insinuiert es der Film, durch die Existenz seiner Nichte beeinflusst.
Regisseurin Amma Asante erzählt damit die Geschichte einer doppelten Emanzipation. Dido muss sich als Mischling nicht nur innerhalb einer Kolonialmacht, sondern als Frau auch in einer von Männern beherrschten Gesellschaft behaupten. Darum gibt es schon früh eine symbolisch überhöhte Szene, in der die junge Frau in ein Korsett eingeschnürt wird: „Wir sind nur ihr Besitz“, sagt Elizabeth Mansfield einmal und macht so das Dilemma der Frauen im England des 18. Jahrhunderts illusionslos fest.
Für Asante ist Dido deshalb das Zentrum der Erzählung, so wie sie auf dem authentischen Gemälde heraussticht, das Johann Zoffany 1779 im Auftrag des Lords malte und das den Anstoß für diesen Film gab. Dido ist durch Geschlecht und Hautfarbe stigmatisiert; Solidarität und Hilfe erhält sie nur von Frauen, die im Haus leben oder die wie das schwarze Hausmädchen hier arbeiten. Die Männer hingegen sind offen rassistisch oder hinterhältig gemein, verstecken ihre wahren Absichten oder sind – wie Lord Mansfield – von Beginn an ambivalent gezeichnet. Auch der integre John Davinier verheimlicht viel zu lange seine Gefühle für Dido. Dennoch fungiert er als Scharnier, das den privaten mit dem öffentlichen Handlungsstrang verbindet.
Insgesamt geht die Gleichung allerdings etwas zu einfach auf. Asante treibt die Geschichte sehr konventionell voran, Ausstattung und Kostüme sind zu glatt und leuchtend geraten, als dass man sie als authentisch bezeichnen wollte; der schwelgerische Soundtrack unterstützt überdies viel zu vehement Gefühle wie Wehmut und Nostalgie. „Dido Elizabeth Belle“ ist dennoch ein beeindruckender Film, so romantisch ist wie eine Austen-Verfilmung und so politisch wie „Die Herzogin“
(fd 39 195).