Drama | Großbritannien/Italien/Frankreich 2008 | 110 Minuten

Regie: Saul Dibb

Kostümdrama um die Herzogin von Devonshire, die im 18. Jahrhundert gegen die Lieblosigkeit ihres Ehemanns aufbegehrt, zum Mittelpunkt des Londoner Gesellschaftslebens avanciert, sich politisch für die Liberalen engagiert und eine Liebesaffäre mit einem Parteifreund beginnt. Das Porträt einer historischen Figur, die die Konventionen ihrer Zeit und vor allem misogyne Restriktionen herausfordert, glänzt mit prachtvoller Ausstattung, überzeugender Filmmusik und einer charismatischen Hauptdarstellerin. Auch wenn den ehelichen Gefechten weit mehr Gewicht als den politisch-intellektuellen Dimensionen der Heldin eingeräumt wird, bleibt ihre Auflehnung gegen den Sexismus ihrer Zeit inszenatorisch doch eindrucksvoll. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE DUCHESS
Produktionsland
Großbritannien/Italien/Frankreich
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Qwerty Films/Magnolia Mae Films/Paramount Vantage/Pathé/BBC Films
Regie
Saul Dibb
Buch
Jeffrey Hatcher · Anders Thomas Jensen · Saul Dibb
Kamera
Gyula Pados
Musik
Rachel Portman
Schnitt
Masahiro Hirakubo
Darsteller
Keira Knightley (Georgina, Herzoging von Devonshire) · Ralph Fiennes (Herzog von Devonshire) · Charlotte Rampling (Lady Spencer) · Dominic Cooper (Charles Grey) · Hayley Atwell (Bess Poster)
Länge
110 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Historienfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein ausführliches "Making Of" (39 Min.) sowie ein kommentiertes Feature mit vier im Film nicht verwendeten Szenen (14 Min.).

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Kinowelt (16:9, 2.35:1, dts-HD engl./dt.)
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Diskussion
Nähme man das Handlungsgerüst von „Die Herzogin“, zöge die der historischen Originalfigur geschuldeten, zum Teil aus heutiger Perspektive projizierten emanzipatorischen Reminiszenzen ab und übersähe die romantische Überhöhung des Regelbruchs, hätte man ein klassisches britisches Kostümdrama aus der soliden, ihre Traditionen unerschütterlich pflegenden BBC-Werkstatt. „Die Herzogin“ bietet aber trotz leidlich präsenter Beziehungsprobleme mehr als den gediegenen Erzählfluss und das übliche Herz-Schmerz-Karussell unzähliger Austen-Verfilmungen oder der alle Jahre wiederkehrenden Machtparabeln aus der Zeit der legendären Königin Elizabeth. Dass „Die Herzogin“, eine fein geschliffene Präziose aus Chiffon, Puder und gedämpftem Rokoko-Farbenrausch, ähnlich modern wirkt, liegt an dem Lebenshunger der erstaunlich freizügig agierenden Heldin, die dank ihrer aristokratischen Stellung ihr eigenes Roulette spielt in einer Epoche, die sie zur gehobenen Gebärmaschine degradiert. Basierend auf dem Bestseller von Amanda Foreman, respektiert dieses atmosphärisch betörende Porträt der Lady Georgiana Dorothy Spencer, einer Vorfahrin von Lady Diana, weitgehend die Fakten und zieht alle Register vom überladenen Schlösserprunk über exquisite Kostümpracht bis zur übertriebenen Extravaganz von Interieurs und Personal, um auf die schauspielerische Tour de force von Keira Knightley und Ralph Fiennes als ungleiches Ehepaar einzustimmen. England im 18. Jahrhundert: Die erst 17-jährige Georgiana heiratet den viel älteren Herzog von Devonshire. Die hervorragende Partie entpuppt sich rasch als kaltherzig, blasiert und polygam – ein Rollenfach, das Fiennes im Gegensatz zum gefühlvollen Liebhaber meisterlich beherrscht. Zuerst zieht die uneheliche Tochter des Gatten bei dem Paar ein, dann dessen neue Geliebte und Georgianas beste Freundin Lady Bess Foster. Nachdem die so gedemütigte Herzogin zwei Mädchen zur Welt bringt und einen Erben schuldig bleibt, kompensiert sie die herbe Enttäuschung ihrer Ehe mit eigenen Kleiderentwürfen, gewagten Hochsteckfrisuren, Glücksspiel, Drogen und dem Besuch prunkvoller Gesellschaften in London, deren gefeierter Mittelpunkt sie bald wird. Das private Unglück weckt in der tonangebenden Schönheit nicht nur ein Verlangen nach Lebensgenuss, es schärft zur Zeit der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung auch ihr politisches Bewusstsein. Als Frau darf sie zwar nicht wählen, lässt sich aber dennoch für den Wahlkampf der liberalen Partei der Whigs einspannen. Nach einer Vergewaltigung durch ihren zunehmend aggressiven Ehemann beginnt sie mit dem jungen Whigs-Politiker und späteren Premierminister Charles Grey eine die Konventionen der Zeit sprengende Affäre, aus der eine uneheliche Tochter hervorgeht – ein Skandal, der sie nicht daran hindert, vergeblich gleiches Recht für ihr eigenes Liebesleben zu fordern. Obwohl der Herzog doch noch seinen Sohn bekommt und, von Skrupeln heimgesucht, Mitgefühl zeigt, droht er Georgiana die Kinder wegzunehmen, falls sie ihre große Liebe Grey nicht aufgibt. Die Wucht, mit der Regisseur Saul Dibb die mal hedonistische, mal verzweifelte Auflehnung seiner Heldin gegen ihre Rechtlosigkeit und den unverblümten Sexismus ihrer Umgebung inszeniert, erinnert an Sofia Coppolas „Marie Antoinette“ (fd 37 865) – eine Zeitgenossin von Georgiana, mit der sie im Briefkontakt stand –, ohne jedoch die Gattung „Historienfilm“ mit modischen, dem popkulturellen Zeitgeist frönenden Brüchen herauszufordern. Das hat der mehr als ansehnliche und von einem wunderbaren Score von Rachel Portman getragene Kostümreigen auch gar nicht nötig, bietet er seiner Hauptdarstellerin doch genug Raum, um ihre unverwechselbare Aura fern knalliger Effekte zu entfalten. Es ist ein Genuss, der so zarten wie wilden Keira Knightley dabei zuzuschauen, wie sie bei der morgendlichen Zeitungslektüre die Bilder und Artikel über sich kindlich vergnügt fixiert oder in einer entgeisterten Männerrunde zornig für das Recht auf Freiheit plädiert. Szenen mit politischem Bezug wie diese, also mehr „Elizabeth“ (fd 33 398) und weniger „Sinn und Sinnlichkeit“ (fd 31 819), hätte man sich bei all den ausgestellten ehelichen Machtkämpfen häufiger gewünscht, böte die historische Herzogin, die in ihrem Salon regelmäßig Politikertreffen veranstaltete, ihre Popularität bewusst für den Erfolg enger Parteifreunde einsetzte und damit politisch Einfluss nahm, doch genug intellektuelles Potenzial, um sie nicht nur als schöne, leidende und aufsässige, sondern auch intelligente Frau zu feiern, die sich in ihren letzten Lebensjahren für Mineralogie begeisterte, Gedichte und Dramen verfasste und eine mehrere tausend Briefe umfassende Korrespondenz hinterließ.
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