Zum ersten Mal seit fast 20 Jahren, seit Wolfgang Petersens „In the Line of Fire“
(fd 30 485), ist Clint Eastwood wieder im Film eines anderen Regisseurs zu sehen. Man muss das gar nicht so sehr herausstellen, denn der Regiedebütant Robert Lorenz arbeitet seit „Die Brücken am Fluss“
(fd 31 532) für Eastwood und produziert dessen Filme seit 2002. Lorenz kennt die Stärken seines Stars und würde es nie wagen, sich allzu weit von Eastwoods zuletzt entwickelten Themen und seinem Schauspielstil zu entfernen, der dem ruppigen Altersstarrsinn seiner Figuren auch immer komische Seiten abgewinnt. So ist der 82-Jährige einmal mehr in jenem Rollenprofil zu sehen, dass er mit „Erbarmungslos“
(fd 29 800) und „In the Line of Fire“ begann, mit „Space Cowboys“
(fd 34 519) parodierte und mit „Gran Torino“
(fd 39 159) zur künstlerischen Meisterschaft führte: das des alt gewordenen Mannes, der die Veränderungen seiner Welt nur ungern zur Kenntnis nimmt und es trotz körperlicher Versehrtheit noch einmal wissen will. Erfahrung, Intuition und Beharrlichkeit sind seinen späten Figuren stets wichtiger als Fortschritt, Technologie und moderne Kommunikationsmittel. Womit die dramaturgische Fallhöhe von „Back in the Game“ bereits vorgegeben ist.
Eastwood spielt den legendären Baseball-Scout Gus Lobel, der früher Stars für die Major League entdeckte, nun aber mit der Unbill des Alters kämpft. Gleich zu Beginn stolpert er, seiner schwachen Augen wegen, durch die Wohnung und begegnet seinen morgendlichen Problemen beim Pinkeln mit Ungeduld. Gus ist einer jener Zigarren rauchenden Dinosaurier, die sich in ihrem Job auf das verlassen, was sie sehen, hören und intuitiv erahnen. Einen guten Batter erkennt er am Klang, mit dem der Baseball-Schläger auf den Ball trifft. Dass Gus nicht mehr gut sieht, stört ihn darum gar nicht so sehr. Im Gegensatz zu seinem Chef und Kumpel Pete Klein, der Gus’ Tochter Mickey bittet, ihren Vater auf einer Tour durch die Südstaaten-Provinz zu begleiten, um ein junges Schlagphänomen namens Bo Gentry zu beobachten und bei Gefallen einzukaufen. Das Problem: Gus und Mickey haben sich entfremdet, seit er sie im Alter von sechs Jahren, nach dem Tod ihrer Mutter, zu Verwandten gab und den Kontakt auf ein Minimum beschränkte. Nun arbeitet Mickey in Atlanta als ehrgeizige, erfolgreiche Anwältin, mit Aussicht auf gleichberechtigte Teilhaberschaft in ihrer Firma. Für ihren alten Vater hat sie keine Zeit, weil sie eine wichtige Präsentation vorbereiten soll. Doch Gus braucht Hilfe, und so nimmt der Film die Zuschauer mit auf eine Tour durch billige Motels, Bars, Billardhallen und spärlich besuchte Baseball-Stadien. Unterwegs treffen Vater und Tochter auf Johnny, einen von Gus entdeckten Pitcher, der nun ebenfalls als Scout arbeitet und sich trotz anfänglicher Zickigkeit in Mickey verliebt.
Dann steuert der Film auf den zentralen Konflikt zu: Gus „hört“, dass Bo Gentry, ein arroganter, selbstverliebter Mistkerl, Probleme mit angeschnittenen Curveballs hat (im Original heißt der Film „Trouble with the Curve“), obwohl er einen Home-Run nach dem anderen schlägt. Gus rät vom Vertragsangebot ab, und ein Konkurrent innerhalb der Firma reißt den Deal an sich. In einem überraschenden, märchenhaften, aber runden Ende, das Roger Ebert als „classic movie gold“ bezeichnete, kommt Mickey ins Spiel, die auch Ahnung von Baseball hat und eine kuriose Lösung findet.
„Back in the Game“ ist vor allem ein Clint-Eastwood-Film: Ruppig im Umgang mit anderen, ungeduldig gegenüber seinem Alter, borniert gegenüber modernen, Computer-gestützten Scouting-Methoden – mit derben Urteilen und unwilligen Kommentaren, denen stets ein lakonischer Humor anhaftet, hält er sich Probleme und Menschen vom Leib. So erscheint seine Figur als das genaue Gegenstück zum kühl kalkulierenden, von Brad Pitt gespielten Manager aus „Moneyball“
(fd 40 895). Dass beide Männer mit ihren höchst unterschiedlichen Methoden trotzdem zum selben Ziel kommen, gehört wohl zu den Unwägbarkeiten des Baseball-Spiels. Gus ist ein wandelnder Anachronismus, den man nicht vorzeitig abschreiben darf, und ein wenig ahnt man, dass dies auch für seinen Darsteller Clint Eastwood gilt. Auch andere Figuren sind in ihren Charakterzügen sehr prägnant angelegt, um die Konflikte überdeutlich herauszuarbeiten. So ist Mickey einen Tick zu kühl und karrierebewusst, Johnny einen Tick zu leutselig und oberflächlich, Bo Gentry einen Tick zu eitel und hinterhältig. Sie alle machen am Schluss eine Wandlung durch oder bekommen ihre Grenzen aufgezeigt. „Back in the Game“ ist kein Sportfilm im strengen Sinne, im Vordergrund steht vielmehr die problematische Beziehung zwischen Vater und Tochter. Die Art und Weise, wie sich dieser Konflikt löst, ist – im positiven Sinne – altmodisches, anrührend menschelndes Unterhaltungskino.