Heiter bis wolkig

Komödie | Deutschland 2012 | 100 Minuten

Regie: Marco Petry

Mit der Behauptung, unheilbar krank zu sein, verführt ein Koch eine junge Frau, verliebt sich dabei aber wider Erwarten in sie. Ihre Schwester ist allerdings tatsächlich schwer krank und hat nur noch wenige Monate zu leben. Sie durchschaut den Filou und spannt ihn für ihre Zwecke ein. Was als leichtgewichtige Beziehungskomödie mit genretypischen Verwicklungen beginnt, wandelt sich zu einem glaubwürdigen Drama über Krankheit und Tod. Trotz einiger Überzeichnungen gelingt eine bemerkenswerte Gratwanderung zwischen Komik und Tragik, ganz ohne Pathos oder Klischees. Beeindruckend auch die schauspielerischen Leistungen der Hauptdarsteller. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Film1/Constantin Film/SevenPictures
Regie
Marco Petry
Buch
Axel Staeck
Kamera
Jan Fehse
Musik
Lorenz Dangel · Tobias Kuhn
Schnitt
Marco Pav D'Auria
Darsteller
Max Riemelt (Tim) · Anna Fischer (Marie) · Jessica Schwarz (Edda) · Elyas M'Barek (Can) · Dieter Tappert (Paul)
Länge
100 Minuten
Kinostart
06.09.2012
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie | Drama
Externe Links
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Diskussion
Tim und Can, beste Freunde und Köche in einer Kantine, haben den Bogen raus. Um Frauen herumzukriegen, behaupten sie einfach, der jeweils andere sei todkrank und habe noch einen letzten Wunsch, nämlich mit einer Frau zu schlafen, bevor es zu Ende geht. Eine Mitleidsmasche, die bisher noch immer funktioniert hat. Doch eines Abends lernt Tim mit der Behauptung, einen Gehirntumor zu haben, Marie kennen – und verliebt sich Hals über Kopf. Tim will die neue Beziehung nicht gefährden und traut sich darum nicht, die Lüge richtigzustellen. Doch eine hat ihn durchschaut: Edda, Maries Schwester, die tatsächlich unheilbar an Krebs erkrankt ist und in wenigen Monaten sterben wird. Dass es Tim mit den medizinischen Fachbegriffen nicht so genau nimmt, hat die verbitterte junge Frau rasch gemerkt, und eigentlich will sie ihre naive Schwester vor einer Enttäuschung bewahren. Doch anstatt Tim zu verraten, bietet Edda dem Draufgänger einen Deal an: Sie will das Geheimnis für sich behalten, wenn Tim ihr bei einigen Besorgungen hilft. Die „Besorgungen“ entpuppen sich dann allerdings als gezielte Racheaktionen gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin, eine Floristin, der sie die Ladentür einschlägt, oder gegen einen Ex-Liebhaber, den sie auf seinem Arbeitsplatz in der Bank mit einer Bombenattrappe erschreckt. Während Edda und Tim immer mehr Zeit miteinander verbringen, zieht sich Marie zunehmend zurück: Sich um zwei geliebte, todkranke Menschen zu kümmern und sie zu verlieren, geht über ihre Kräfte. Der Titel „Heiter bis wolkig“ gibt bereits den Wechsel der Stimmung und Erzählhaltung vor. Der neue Film von Marco Petry („Schule“, fd 34 600) beginnt zunächst als leichtgewichtige Komödie, in der eine unbedachte Charade für genretypische Verwicklungen mit vorhersehbaren Folgen sorgt. Dabei entsteht der Humor aus dem Wissensvorsprung des Zuschauers, der stets mehr weiß als die Betrogenen, aber auch aus der Ausweglosigkeit, in die sich die Hauptfigur manövriert hat, und den Bemühungen, den Anschein aufrechtzuerhalten. Doch spätestens mit Eddas Auftreten wandelt sich der Film zu einem anrührenden Melodram, in dem Themen wie Krankheit, Tod und der Sinn des Lebens anspruchsvoll und ernsthaft diskutiert werden. Die Figur der Edda mag in ihrer gesteigerten Wut und Verletzlichkeit gelegentlich überzeichnet sein, doch ihr Galgenhumor verhindert jegliche Sentimentalität. Eddas Kratzbürstigkeit dient auch dazu, ihre Angst und Unsicherheit vor den anderen zu verbergen. Jessica Schwarz hat damit die ambivalenteste und vielschichtigste Rolle. Beeindruckend changiert sie zwischen Sarkasmus und Humor, Resignation und Lebenshunger, Rebellion und Verzweiflung. Aber auch Max Riemelt überzeugt als zunächst hedonistischer Filou, der gedankenlos nur seinen eigenen Spaß im Blick hat, um sich dann zu einem fürsorglichen und verantwortungsvollen Freund zu wandeln. Nicht nur, dass ihn das Gewissen plagt – er sieht sich durch Eddas Schicksal auch veranlasst, sein Leben zu überdenken und beruflich eine andere Richtung einzuschlagen. Der Traum vom eigenen Restaurant ist plötzlich gar nicht mehr so unrealistisch. Auch wenn einige Szenen wie die fingierte Bombendrohung oder die Verwüstung des Blumenladens die Grenze zum Fantastischen streifen und dem Film etwas von seiner Authentizität und Geradlinigkeit nehmen, gelingt Petry eine bemerkenswerte Gratwanderung zwischen Komik und Tragik, ganz ohne Pathos oder Klischees. Damit Mann und Frau am Schluss doch noch zusammen finden, ist eine weitere Lüge vonnöten, und so hat auch das Happy End etwas angenehm Gebrochenes.
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