Ein rotes Auge erlischt – wie die LED-Leuchte des Standby-Modus. Das Close-Up des letzten „Lebenszeichens“ einer Mordmaschine wurde zum filmgeschichtlichen Topos, zum Symbol für den Sieg gegen eine allzu autonome Künstliche Intelligenz, die sich gegen ihren Schöpfer auflehnt. Nach Stanley Kubricks HAL, dem rot- und einäugigen Vater aller Chip-Revolutionäre (in „2001: Odyssee im Weltraum“, fd 15732), lösten Ridley Scotts Replikanten die Grenzen zwischen Mensch und Maschine auf („Blade Runner“, fd 23689), und die „Matrix“ der Wachowski-Brüder war als Realitätspendant längst aus Bytes errichtet. Dazwischen lag die rasante Entwicklung der Computerindustrie – und James Camerons post-apokalyptischer Stellvertreterkampf der Terminatoren um das Schicksal der Menschheit. Mit ihrer unmenschlichen Perfektion in einer von Menschenhand erschaffenen Welt riefen diese Nachfolger von Goethes Homunculus oder Shelleys „Frankenstein“ gleichermaßen Faszination und Furcht hervor: Die Geister, die wir riefen...
In „Terminator – Die Erlösung“ haben sich die Schlachtfelder der Zukunft verschoben: Wie in „Matrix“
(fd 33720) dringen die menschlichen Underdogs in die Ordnung der Maschinen ein, Gut und Böse sind klar verortet, die Genozid-Auswirkungen des Fortschritts ausgemacht. Die Faszination am künstlichen Menschen versinkt im Meer der Spezialeffekte mit seinen pixeligen Geschöpfen; die Furcht vor deren Übermacht wird von der Lust am Knalleffekt abgelöst. Wir schreiben das Jahr 2018, das Zeitalter des T-600 und des T-800 aus dem Hause Skynet. Der Nuklearkrieg ist vorbei. Nun versucht das Computer-Syndikat, den jungen Zivilisten Kyle Reese zu eliminieren, während Resistance-Führer John Connor alles daran setzt, diesen, die eigene Existenz und die Hoffnung der Rest-Menscheit zu retten. Zehn Jahre später wird er Reese zu seiner Mutter Sarah ins Jahr 1984 zurückschicken, damit diese vor dem „Terminator“
(fd 25019) geschützt und er selbst durch Kyle überhaupt erst gezeugt wird. Arnold Schwarzenegger, der diesmal nur einen Computer-generierten Cameo-Auftritt hinlegt, war die Rolle der stoischen Killermaschine auf den ungelenken Leib geschnitten. Der Charaktermime Christian Bale darf nun zwar einen menschlichen Helden spielen, ist zwischen Militär-Rhetorik und Kampfeinsatz aber trotzdem gnadenlos unterfordert. Dem neuen „Terminator“ ist die problematische Zeitschleife aus einer de facto existenten Sci-Fi-Gegenwart als zu rettende Zukunft zugrunde gelegt, spielen kann er mit diesem ständig modifizierten Fluss der Ereignisse kaum noch. Connors schwangere Ehefrau, das Herz als menschliche Schwachstelle und letztlich größte Stärke, die Märtyrer-Symbolik des mysteriösen Todeskandidaten Marcus (neben Conner die zweite Hauptfigur des Films): das Kriegsspektakel versucht, tiefer zu schürfen, als es seine grau verhärtete Oberfläche erlaubt. Seine Galgenhumor-volleren Vorgänger zeichneten sich zwar auch nicht durch existenzphilosophische Offenbarungen aus, faszinierten jedoch mit dem Einbruch einer bedrohlichen Zukunft in eine ahnungslose Gegenwarts-Umwelt, die die Gefahren und ihre Propheten ignoriert. Nun sind diese ungewissen Spannungselemente in einer dörrenden „Mad Max“-Szenerie
(fd 22329) Fakt geworden. Dabei rast „Die Erlösung“ gegenüber den Vorgängerfilmen zwar auf der Zeitlinie nach vorn, geht ästhetisch jedoch einen Schritt zurück. Mattschwarz und verrostet knarzen die Stahlplatten aneinander, Menschen hasten durch triefende Fabrikanlagen, werden von Hydrobots gejagt, die ebenso wie gesamte Szenen aus Scotts und Camerons „Alien“-Filmen (fd 22226/fd 25921) entsprungen scheinen – weit entfernt vom glatten High-Tech der „Star Wars“-Prequels (u.a. fd 33819) eines George Lucas, aber ähnlich überflüssig auf der Erfolgswelle einer Trilogie reitend, der sie erzählerisch nichts hinzuzufügen haben. Letztlich wirken diese Filme wie ihre eigene Programmierung zum Sci-Fi-Franchise. Das ist die wahre Untergrabung der ehemals finster und beunruhigend auf die Leinwand gemalten Dystopien: Die Entmystifizierung und somit die Ausmerzung durch das eigene Medium – als ob es das Kino seinen Helden gleichtun wollte.