Ein 13-jähriges Mädchen wird aus einem Elendsviertel in Mexiko City verschleppt und zusammen mit einer jungen Polin in die USA geschmuggelt, um als Sexsklavinnen verkauft zu werden. Der Bruder des Mädchens heftet sich an die Fersen der beiden Entführten und findet die Unterstützung eines texanischen Polizisten. Ein Film über erschreckende Zustände, der sein Thema aber nicht auslotet und zu sehr an der Oberfläche verbleibt.
- Ab 16.
Trade - Willkommen in Amerika
Drama | USA/Deutschland 2007 | 120 Minuten
Regie: Marco Kreuzpaintner
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- TRADE
- Produktionsland
- USA/Deutschland
- Produktionsjahr
- 2007
- Produktionsfirma
- Centropolis Ent./Brass Hat Films/Reelmachine/VIP 4 Medienfonds
- Regie
- Marco Kreuzpaintner
- Buch
- Jose Rivera
- Kamera
- Daniel Gottschalk
- Musik
- Leonardo Heiblum · Jacobo Lieberman
- Schnitt
- Hansjörg Weissbrich
- Darsteller
- Kevin Kline (Ray) · Cesar Ramos (Jorge) · Alicja Bachleda-Curus (Veronica) · Paulina Gaitan (Adriana) · Marco Pérez (Manuelo)
- Länge
- 120 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Roland Emmerich entdeckt seine politische Ader: Nach der drohenden Klimakatastrophe („The Day After Tomorrow“, fd 36 507) ist es nun der moderne Sklavenhandel, und davon profitiert Nachwuchstalent Marco Kreuzpaintner. Der Blockbuster-Regisseur vertraute ihm als Co-Produzent ein Projekt an, das auf den ersten Blick brisant und engagiert daher kommt, aber nur wenig mit Spektakelkino zu tun hat. In der Tradition von „Lilja 4-ever“ (fd 36 262) oder „Maria voll der Gnade“ (fd 37 007) geht es in „Trade“ um globalen Menschenhandel der perfidesten Art: den mit minderjährigen Sexsklavinnen. Die Story basiert auf der in der „New York Times“ veröffentlichten Titelgeschichte „The Girls Next Door“ des Journalisten Peter Landesman, in der er die Machenschaften von Menschenhändlerringen und deren geheime Netzwerke zwischen Mexiko, den USA und Europa enthüllt hatte.
Adriana ist eines der jährlich 800.000 Opfer, die zumeist in ärmlichen Vororten von Mega-Cities verschwinden. Die 13-Jährige wird in La Merced, dem Elendsviertel von Mexico City, nach einer ausgelassenen Geburtstagsfeier verschleppt. Während die Strippenzieher in Afrika sitzen, verliert auch die junge Polin Veronica, die von einer Agentur mit falschen Versprechen aus ihrer Heimat nach Mexiko gelockt wurde, ihre Freiheit. Auf dem Weg in die USA freunden sich die beiden in ihrer gemeinsamen Not an. Einzige Hoffnung ist für sie Adrianas 17-jähriger Bruder Jorge, der als Kleinkrimineller die Familie über Wasser hält. Mit dem Mut der Verzweiflung heftet er sich den Mädchen an die Fersen. Ausgerechnet in der Millionenstadt Mexico City kann er zufällig beobachten, wie seine Schwester in einen Transporter verfrachtet wird. Als illegaler Einwanderer folgt er den Kidnappern über die Grenze in die USA. Dort findet er Unterstützung bei Ray, einem texanischen Polizisten. Auch dessen Familie ist vom Menschenhandel betroffen. Auf einer Pädophilen-Website entdecken sie ein Bild von Adriana und reisen nach New Jersey, wo sie versteigert werden soll. Sie bieten mit und schmuggeln sich vor Ort in die Sexhandel-Szene ein. Währenddessen werden die Mädchen am Straßenrand zwangsprostituiert und zum Oralsex für Dumpingpreise gezwungen. Kreuzpaintners Flirt mit der Gattung des Polit-Thrillers ist gelungen, auch wenn er mitunter die Aufklärung zugunsten melodramatischer Zuspitzungen vernachlässigt. Den US-amerikanischen Traum, für den die Bilder von der Weite des Landes sonst oft stehen, dreht er ins Gegenteil eines nie endenden Martyriums um: Die Landschaften an der amerikanisch-mexikanischen Grenze sind verdorrt, rau und abweisend, Vorboten eines Menschenbilds, das Profit über Persönlichkeitsrechte stellt. Gefühle wie Hilflosigkeit und Scham macht der Film erfahrbar, doch bevor er in die Tiefe gehen kann, rast er bereits zur nächsten schrecklichen Wendung oder enttäuscht durch unplausible Auflösungen. Mehr Zeit für die Figuren hätte der Glaubwürdigkeit des Plots gut getan. Bis auf Kevin Kline, der mit seiner desillusionierten Art sofort für sich einnimmt, sind die anderen Hauptfiguren zu sehr auf ihre Leidensrolle reduziert. Außerdem kann sich der Film nicht entscheiden, ob er ein ernstzunehmendes Drama oder doch ein Thriller mit Anleihen beim Buddy-Movie sein will. Dazu gehören Jorges Sticheleien bezüglich Rays Musikgeschmack. Da verwischen sich mitunter die Tonlagen, und das ehrenwerte Unternehmen balanciert an einer Grenze zum kurzweiligen Unterhaltungskino, das angesichts der ernsten Thematik schlicht deplatziert wirkt. Das mag am konventionellen Drehbuch liegen, das vor allem im zweiten Teil auf klassische Spannungselemente setzt, letztlich aber der erschütternd realen Problematik nicht schadet, deren Wirkung man sich trotz der inszenatorischen Kompromisse bis zum Schluss nicht entziehen kann. Im halbdokumentarischen Stil gedreht, setzt Kreuzpaintner mit Blick auf ein größeres Publikum auf Emotionen und bringt so ein dunkles Szenario von organisierter Freiheitsberaubung, Vergewaltigung und Zerstörung menschlichen Lebens effektvoll in Erinnerung, das durch bewusstes Stillschweigen immer wieder in Vergessenheit zu geraten droht.
Kommentar verfassen