Drama | Schweden 2002 | 107 Minuten

Regie: Ingmar Bergman

30 Jahre nach ihrer Scheidung treffen sich ein Mann und Frau wieder - die Protagonisten des Ingmar-Bergman-Films "Szenen einer Ehe" (1972/73). Sie blicken nicht nur auf die Scherben ihres Lebens, sondern müssen sich auch mit der kranken Liebe ihres von Todesfantasien heimgesuchten Sohnes zu seiner Tochter, einer 19-jährigen Cellistin, auseinandersetzen. Die in zehn Szenen arrangierte Versuchsanordnung einer Hassliebe wurde mit einer meisterhaften Einfachheit und Dichte sowie großer Leidenschaft für das Wort inszeniert. Die pessimistische Weltsicht hinterlässt einen bitteren Nachhall und ruft einmal mehr das tief lotende existenzialistische Oeuvre des Regisseurs in Erinnerung. - Sehenswert.
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Filmdaten

Originaltitel
SARABAND
Produktionsland
Schweden
Produktionsjahr
2002
Produktionsfirma
SVT Fiction/ZDF/ORF/Network Movie/ZDF Enterprises/ DR/NRK/RAI/YLE 1/Nordiska TV Samarbetsfonden/Nordisk Film/Och TV Fond
Regie
Ingmar Bergman
Buch
Ingmar Bergman
Kamera
Raymond Wemmenlöv · Per-Olof Lantto · Sofi Stridh · Jesper Holmström · Stefan Eriksson
Musik
Johann Sebastian Bach · Anton Bruckner · Johannes Brahms
Schnitt
Sylvia Ingemarsson
Darsteller
Liv Ullmann (Marianne) · Erland Josephson (Johan) · Börje Ahlstedt (Henrik) · Julia Dufvenius (Karin) · Gunnel Fred (Martha)
Länge
107 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Als bemerkenswertes Extra findet sich auf der DVD ein ausführliches und höcht interessantes "Making Of" zum Film (45 Min.) Der Film ist 2009 zudem zusammen mit der Bergman-Produktion "Szenen einer Ehe" als Box erschienen.

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 1.78:1, DD2.0 swe./dt.)
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Diskussion
Ingmar Bergman, der am 14. Juli seinen 86. Geburtstag feierte, sagte über seine frühen Arbeiten: „Meine Filme deprimieren mich.“ „Sarabande“ will er als Fernseh-, nicht als Kinofilm verstanden wissen. Handelt es sich dabei wieder einmal um den letzten Film des großen Regisseurs? Um ein Testament? Eine Fortsetzung vom Kampf der Geschlechter nach 30 Jahren? Gewiss: Die Dramaturgie, die Reflexion und Wiederaufnahme des 1972/73 entstandenen Films „Szenen einer Ehe“ (fd 19 216) atmen die Ästhetik des Bildschirms; Naheinstellungen von leidenden, gezeichneten Gesichtern überwiegen. Doch aus dieser Beschränkung entwickelt sich eine ungeheure Kraft, ein Schauspielerfilm par excellence, eine Rhetorik der kleinen Gesten und großen Emotionen.

Im Prolog sitzt die 67-jährige Marianne über Familienfotos und überlegt, ihren 86- jährigen Mann Johan 30 Jahre nach der Scheidung wiederzutreffen. An einem Herbstnachmittag besucht sie ihn in der idyllischen Provinz Dalarna. Das Paar redet über die Vergangenheit, die unterschiedlichen Ansichten über Ehrlichkeit und Treue. Johan, vergiftet von Bitternis, sieht die Welt als Hölle. Sein Sohn Henrik, ein Musikprofessor, dessen Frau Anna vor zwei Jahren an Krebs verstorben ist, hat sich mit der 19-jährigen Tochter Karin, einer talentierten Cellistin, im benachbarten Blockhaus einquartiert. Marianne redet mit Karin über den falschen Ehrgeiz des Vaters und das Gefühl, von der elterlichen Liebe ausgeschlossen zu sein. Henrik bittet Johan um einen Vorschuss aufs Erbe, weil er der Tochter ein wertvolles Instrument kaufen möchte. Beide verbindet seit langem nur noch Hass und Entfremdung. Marianne hört sich Henriks Sorgen um Karin, den Schmerz um Anna, seine Todesfantasien an. Karin vermisst die Mutter und zeigt der Oma Annas Abschiedsbrief, in dem sie von der Eifersucht auf die nicht nur musikalische Beziehung Henriks und Karins schreibt. Mariannes Rat, die Schicksalsgemeinschaft aufzugeben, lehnt sie ab. Aber nach einer neuerlichen Bevormundung Henriks entscheidet sich Karin, keine Solistin, sondern Orchestermusikerin zu werden. Auf Henriks fehlgeschlagenen Selbstmordversuch reagiert Johan voller Gleichgültigkeit und Verachtung. Angewidert fragt sich Marianne, wie sie dieses Gespenst je geliebt habe. Nachts legt sich Johan, getrieben von der Angst der letzten Tage, zu ihr ins Bett. Im Epilog erzählt Marianne von Johans Krankheit und Schweigen. Immer noch fasziniert von Annas großer Ausstrahlung auf die Familie, beginnt sie eine neue Beziehung zu ihrer Tochter Martha, die im Pflegeheim lebt.

„‘Sarabande‘ kann man als Concerto Grosso sehen, als Konzert für ein komplettes Orchester, allerdings hier aufgeführt mit vier Solisten“, sagt Ingmar Bergman. Das auf HDTV gedrehte Kammerspiel – unterschnitten mit einigen schwarz-weißen und farbigen Fotos sowie Außenaufnahmen vom Schauplatz und Landschaftsbildern – soll ob seiner bescheidenen technischen Qualität den Regisseur zu Wutausbrüchen gereizt haben. „Sarabande“ ist eine Versuchsanordnung in zehn Szenen oder „Paartänzen“. Sie erzählen von einer Hassliebe, einer kranken Liebe: zwischen Mann und Frau, zwischen Vater und Tochter, zwischen Vater und Sohn. Man reibt sich das Leder aneinander ab. Marianne und Johan sind gutbürgerliche Zeitgenossen: Sie ist Juristin, er Wissenschaftler, Henrik und dessen Tochter arbeiten als Musiker. Aber mit welcher Stringenz, Einfachheit und Dichte, mit welcher Leidenschaft für das Wort, für die Psychologie zwischen den Figuren und ihre (Lebens-)Geschichten, ist das in Szene gesetzt!

Etwas unglaubwürdig wirken dagegen die musikalische wie persönliche Abhängigkeit Karins, deren weinerliche Hinwendung zu Marianne, der Knicks vor dem Großvater, der sich ihre Liebe erkaufen und seinem verhassten Sohn den Todesstoß versetzen will. Nur um Annas und Karins willen spricht der Egoist noch mit Henrik. Jener will mit Karin, Frau-Ersatz und Geliebte zugleich, nur die eigene Mittelmäßigkeit kompensieren. Die protestantische Ausrichtung der Charaktere, ihre Unfähigkeit zur Vergebung, zur Reue und Buße, verlagert sich auf die Generation der Kinder und Enkel. Der Hang zur pessimistischen Weltsicht prägt das tief lotende, existenzialistische Oeuvre Ingmar Bergmans. Johan, ein trauriger, verbitterter, einsamer Mann, hat sich von seinem Sohn losgesagt, weil dieser ihm zu ähnlich geworden ist. Infiziert vom Analphabetismus der Gefühle, ahnt er erst im Angesicht des Todes, dass er seinen Frieden noch finden muss.

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