Sarabande
Drama | Schweden 2002 | 107 Minuten
Regie: Ingmar Bergman
Filmdaten
- Originaltitel
- SARABAND
- Produktionsland
- Schweden
- Produktionsjahr
- 2002
- Produktionsfirma
- SVT Fiction/ZDF/ORF/Network Movie/ZDF Enterprises/ DR/NRK/RAI/YLE 1/Nordiska TV Samarbetsfonden/Nordisk Film/Och TV Fond
- Regie
- Ingmar Bergman
- Buch
- Ingmar Bergman
- Kamera
- Raymond Wemmenlöv · Per-Olof Lantto · Sofi Stridh · Jesper Holmström · Stefan Eriksson
- Musik
- Johann Sebastian Bach · Anton Bruckner · Johannes Brahms
- Schnitt
- Sylvia Ingemarsson
- Darsteller
- Liv Ullmann (Marianne) · Erland Josephson (Johan) · Börje Ahlstedt (Henrik) · Julia Dufvenius (Karin) · Gunnel Fred (Martha)
- Länge
- 107 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Im Prolog sitzt die 67-jährige Marianne über Familienfotos und überlegt, ihren 86- jährigen Mann Johan 30 Jahre nach der Scheidung wiederzutreffen. An einem Herbstnachmittag besucht sie ihn in der idyllischen Provinz Dalarna. Das Paar redet über die Vergangenheit, die unterschiedlichen Ansichten über Ehrlichkeit und Treue. Johan, vergiftet von Bitternis, sieht die Welt als Hölle. Sein Sohn Henrik, ein Musikprofessor, dessen Frau Anna vor zwei Jahren an Krebs verstorben ist, hat sich mit der 19-jährigen Tochter Karin, einer talentierten Cellistin, im benachbarten Blockhaus einquartiert. Marianne redet mit Karin über den falschen Ehrgeiz des Vaters und das Gefühl, von der elterlichen Liebe ausgeschlossen zu sein. Henrik bittet Johan um einen Vorschuss aufs Erbe, weil er der Tochter ein wertvolles Instrument kaufen möchte. Beide verbindet seit langem nur noch Hass und Entfremdung. Marianne hört sich Henriks Sorgen um Karin, den Schmerz um Anna, seine Todesfantasien an. Karin vermisst die Mutter und zeigt der Oma Annas Abschiedsbrief, in dem sie von der Eifersucht auf die nicht nur musikalische Beziehung Henriks und Karins schreibt. Mariannes Rat, die Schicksalsgemeinschaft aufzugeben, lehnt sie ab. Aber nach einer neuerlichen Bevormundung Henriks entscheidet sich Karin, keine Solistin, sondern Orchestermusikerin zu werden. Auf Henriks fehlgeschlagenen Selbstmordversuch reagiert Johan voller Gleichgültigkeit und Verachtung. Angewidert fragt sich Marianne, wie sie dieses Gespenst je geliebt habe. Nachts legt sich Johan, getrieben von der Angst der letzten Tage, zu ihr ins Bett. Im Epilog erzählt Marianne von Johans Krankheit und Schweigen. Immer noch fasziniert von Annas großer Ausstrahlung auf die Familie, beginnt sie eine neue Beziehung zu ihrer Tochter Martha, die im Pflegeheim lebt.
„‘Sarabande‘ kann man als Concerto Grosso sehen, als Konzert für ein komplettes Orchester, allerdings hier aufgeführt mit vier Solisten“, sagt Ingmar Bergman. Das auf HDTV gedrehte Kammerspiel – unterschnitten mit einigen schwarz-weißen und farbigen Fotos sowie Außenaufnahmen vom Schauplatz und Landschaftsbildern – soll ob seiner bescheidenen technischen Qualität den Regisseur zu Wutausbrüchen gereizt haben. „Sarabande“ ist eine Versuchsanordnung in zehn Szenen oder „Paartänzen“. Sie erzählen von einer Hassliebe, einer kranken Liebe: zwischen Mann und Frau, zwischen Vater und Tochter, zwischen Vater und Sohn. Man reibt sich das Leder aneinander ab. Marianne und Johan sind gutbürgerliche Zeitgenossen: Sie ist Juristin, er Wissenschaftler, Henrik und dessen Tochter arbeiten als Musiker. Aber mit welcher Stringenz, Einfachheit und Dichte, mit welcher Leidenschaft für das Wort, für die Psychologie zwischen den Figuren und ihre (Lebens-)Geschichten, ist das in Szene gesetzt!
Etwas unglaubwürdig wirken dagegen die musikalische wie persönliche Abhängigkeit Karins, deren weinerliche Hinwendung zu Marianne, der Knicks vor dem Großvater, der sich ihre Liebe erkaufen und seinem verhassten Sohn den Todesstoß versetzen will. Nur um Annas und Karins willen spricht der Egoist noch mit Henrik. Jener will mit Karin, Frau-Ersatz und Geliebte zugleich, nur die eigene Mittelmäßigkeit kompensieren. Die protestantische Ausrichtung der Charaktere, ihre Unfähigkeit zur Vergebung, zur Reue und Buße, verlagert sich auf die Generation der Kinder und Enkel. Der Hang zur pessimistischen Weltsicht prägt das tief lotende, existenzialistische Oeuvre Ingmar Bergmans. Johan, ein trauriger, verbitterter, einsamer Mann, hat sich von seinem Sohn losgesagt, weil dieser ihm zu ähnlich geworden ist. Infiziert vom Analphabetismus der Gefühle, ahnt er erst im Angesicht des Todes, dass er seinen Frieden noch finden muss.