Station Agent

Drama | USA 2003 | 88 Minuten

Regie: Thomas McCarthy

Ein Kleinwüchsiger erbt ein stillgelegtes Bahndepot in einem verlassenen Ort in New Jersey und will sich von seiner Umwelt abschotten. Doch ein redseliger kubanischer Würstchenverkäufer und eine Malerin, die ihren achtjährigen Sohn bei einem Unfall verlor, können seinen Seelenpanzer durchbrechen. Eine subtile, in getragenem Tempo entwickelte Studie dreier einsamer, leidender Menschen, denen es gelingt, eine Freundschaft aufzubauen, deren Nähe immer wieder hinterfragt werden will. Der von lakonischem Humor und stilsicherer Gestaltung getragene Film verdichtet sich mit märchenhaften Elementen zu einem Plädoyer für Toleranz und gegenseitigen Respekt. (Kinotipp der katholischen Filmkritik) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE STATION AGENT
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
SenArt/Next Wednesday
Regie
Thomas McCarthy
Buch
Thomas McCarthy
Kamera
Oliver Bokelberg
Musik
Stephen Trask
Schnitt
Tom McArdle
Darsteller
Peter Dinklage (Finbar McBride) · Paul Benjamin (Henry Styles) · Patricia Clarkson (Olivia Harris) · Bobby Cannavale (Joe Oramas) · Michelle Williams (Emily)
Länge
88 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama
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Heimkino

Die Extras enthalten u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar von Thomas McCarthy, Peter Dinklage, Patricia Clarkson und Bobby Cannavale sowie ein kommentiertes Feature mit fünf im Film nicht verwendeten Szenen (4 Min.).

Verleih DVD
Paramount (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Finbar tritt ein etwas sonderbares Erbe an: ein ramponiertes Bahndepot mit Stationshäuschen in einem kleinen Ort in New Jersey, einem malerischen Flecken, wo sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen. Andererseits ist dieses Erbe kein Zufall, denn Finbar ist ein ausgesprochener Kenner der Eisenbahn. Er repariert Modelleisenbahnen und schaut sich mit Vorliebe Filme über Züge an. Es stört ihn keineswegs, zwischen stillgelegten Gleisen zu wohnen, denn er möchte ohnehin in Ruhe gelassen werden und das Leben eines Einsiedlers führen. Aber das ist nicht leicht, Finbar fällt auf, denn er ist kleinwüchsig, gerade mal 1 Meter 34 groß.

Mit der Ruhe im vermeintlichen Niemandsland ist es dann auch nicht weit her. Der „Trainspotter“ ist es gewohnt, angestarrt zu werden. Freunde zu haben, käme ihm nicht in den Sinn. Gleich zwei Einzelgänger fühlen sich von dem scheuen und wortkargen Winzling magisch angezogen. Joe parkt seine fahrende Würstchenbude jeden Tag vor Finbars Depot. Da an dem Ort so gut wie niemand vorbei kommt, verspricht sich der redselige Kubaner Abwechslung durch seinen einzigen Kunden. Joe gehört zu jenen Zeitgenossen, die zwar stets hilfsbereit sind, aber mit ihrem kindlichen Enthusiasmus und unstillbaren Mitteilungsbedürfnis bisweilen auch reichlich nerven. Dann ist da noch die vom Pech verfolgte Olivia, eine Frau mittleren Alters, die sich als Malerin betätigt. Sie erkundigt sich unablässig nach Finbars Befinden, nachdem sie ihn mit dem Auto zweimal fast überfahren hat. Unsicher und zitternd betritt sie dessen Behausung und erzählt ihm vom Verlust ihres achtjährigen Sohnes, der bei einem Unfall ums Leben kam. Finbar fühlt ihren Schmerz und schweigt, denn auch er leidet – an seinem Kleinwuchs.

Allen abweisenden Gesten von Finbar zum Trotz bleiben ihm Olivia und Joe auf den Fersen und brechen irgendwann seine Abwehr. Als Wiedergänger Tom Sawyers und Huckleberry Finns machen sie gemeinsam die Gegend unsicher, beobachten stundenlang vorbeifahrende Züge und suchen immer wieder einen roten Eisenbahnwaggon auf, der vergessen in der Landschaft steht; noch ein verlassener Außenseiter. Das schräge Trio schließt allmählich Freundschaft, wird unzertrennbar und vergisst fast die Einsamkeit, bis Olivia und Finbar von ihr eingeholt werden.

Schauspieler und Regisseur Tom McCarthy inszeniert diese mehrfach auf dem Sundance-Festival ausgezeichnete subtile Miniatur mit ironischem Tonfall und einem feinen Gespür für intime Momente. Tief bewegend ist die Szene, in der sich Finbar in einer Bar betrinkt, auf die Theke steigt und sich den verdutzten Gästen wie ein Jahrmarkt-Zwerg präsentiert. Sieben Jahre nach Steve Buscemis „Trees Lounge“ (fd 32 351) liefert McCarthy mit seinem unabhängig produzierten Spielfilmdebüt eine weitere unaufdringliche Ode an die amerikanische Provinz. Es zahlte sich aus, die Rollen mit unbekannten Schauspielern zu besetzen: neben dem wunderbaren Peter Dinklage – wohl dem ersten Kleinwüchsigen in einer Hauptrolle – überzeugen auch Patricia Clarkson und Bobby Cannavale als liebevoll gezeichnete Sonderlinge. Wie sich die drei Antihelden durch die Höhen und Tiefen des Alltags manövrieren, ist spannend und herzerwärmend zugleich und wird von einem wunderbar lakonischen Humor konterkariert. Obwohl der Film die Freundschaft feiert, predigt er auch die Achtung des Privaten. Wenn sich Finbar oder Olivia in ihr Leid zurückziehen, bleibt den anderen nur übrig, sich in Geduld zu üben und auf die heilenden Kräfte der Zeit zu hoffen. Diese Haltung charakterisiert selbst das Tempo des Films, der ganz ohne Effekte auskommt. Die stilsichere Bildgestaltung erstaunt, wenn man bedenkt, dass sowohl McCarthy als auch seine Darsteller aus der New Yorker Off- Theaterszene stammen, was dem Film keineswegs schadet, denn er ist bestes Erzählkino. Ein eindringliches Plädoyer für Toleranz und Respekt vor dem Anderssein, sympathisch und fast wie ein bittersüßes Märchen.

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