Drama | Kanada 2024 | 120 Minuten

Regie: Justin Kurzel

1983 erschüttern eine Reihe brutaler Raubüberfälle und Anschläge den Nordwesten der USA. Ein FBI-Agent kommt im Bundesstaat Washington Mit Hilfe eines lokalen Polizisten einer terroristischen White-Power-Bewegung auf die Spur, die hinter den Gewaltakten steckt. Unter der Führung eines charismatischen Rechtsextremisten plant die Gruppe den politischen Umsturz. Für den auf organisierte Kriminalität spezialisierten Bundesagenten wächst sich der Kampf gegen die Gruppe zum dramatischen Kleinkrieg aus. Der auf realen Ereignissen basierende Thriller rekapituliert recht geradlinig eine Episode aus der Geschichte des rechten Terrors in den USA, dessen zugrundeliegende Ideologie nach wie vor lebendig ist. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE ORDER
Produktionsland
Kanada
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Riff Raff Ent./Chasing Epic Pic./AGC Studios
Regie
Justin Kurzel
Buch
Zach Baylin
Schnitt
Nick Fenton
Darsteller
Jude Law (Terry Husk) · Nicholas Hoult (Robert Jay Mathews) · Tye Sheridan (Jamie Bowen) · Alison Oliver (Debbie Mathews) · Jurnee Smollett (Joanne Carney)
Länge
120 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Krimi | Thriller
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Auf realen Ereignissen beruhender Thriller um einen FBI-Mann, der in den 1980ern einer rechtsradikalen Terror-Gruppe auf der Spur ist.

Veröffentlicht am
29.07.2025 - 13:40:47
Diskussion

Den Bundesbehörden spielen die Angestellten eines Sheriff-Departments im ländlichen Idaho eine geradezu idyllische Lage vor. Außer ein paar Kavaliersdelikten sei hier nicht viel los, teilt ein örtlicher Sheriff dem FBI-Mann Terry Husk (Jude Law) mit – doch der Bundespolizist hat längst damit begonnen, Hinweise zusammenzuführen, die das Gegenteil nahelegen. Husk folgt Spuren einer schrecklichen Verbrechensserie, die in den 1980er-Jahren den Nordwesten der USA heimsucht. Coeur d’Alene heißt das Kaff, in das es den Ermittler verschlagen hat; eigentlich soll sein Aufenthalt dort für Entspannung nach zwei strapaziösen Fällen im Milieu der organisierten Kriminalität sorgen, doch sein Detective-Spürsinn führt den Cop, den eine düster-desillusionierte Aura umgibt, auf direktem Weg zu einer Bruderschaft der White-Power-Bewegung.

Eine rechte Terrorgruppe fiebert den „Rassenkampf“ herbei

Justin Kurzels „The Order“ kreist um eine reale Verbrechensserie in den Jahren 1983/1984, deren prominentestes Opfer der jüdische Radiomoderator Alan Berg werden sollte, der im Jahr 1984 vor seinem Zuhause in Denver ermordet wurde. Am Anfang des Films hört man eine Übertragung seiner regelmäßigen Sendung, die der Radio-Host, im Film gespielt von Marc Maron, gerne mit einem politischen Kommentar und längerem Monolog garnierte: „Dieses Land ist großartig. Aber wir sind hier allesamt Gefangene unseres Geistes.“

Antisemitische Anfeindungen ist der Medienmann längst gewohnt. Wie akut die Gefahr für sein Leben jedoch werden sollte, davon ahnt Berg noch nichts. Dabei steht er längst auf der Abschussliste einer aggressiven neonazistischen Gruppe namens „The Order“, auch bekannt als „Silent Brotherhood“. Deren terroristisches Playbook waren die berüchtigten „Turner Diaries“, ein Roman-Pamphlet, das in den 1970er-Jahren einen „Rassenkampf“ und Bürgerkrieg herbeifieberte, der "people of color" und das angeblich jüdisch kontrollierte "System", die Staatsmacht, hinwegfegen sollte. Neonazis weltweit diente die Untergrundschrift als Blaupause für rechtsterroristisches Handeln. In „The Order“ flattert dem von Jude Law verkörperten Ermittler das gefährliche Buch an allen möglichen Schauplätzen der vermeintlich friedlichen Provinzstadt zu.

Zwei Cops gegen einen Fanatiker-Zirkel

Dass die Verbrechensserie, die das FBI auf den Plan gerufen hat und die Bankraub, Bombenanschläge, Mord und Geldfälschung beinhaltet, ihren Ursprung in Coeur d’Alene haben könnte, davon hat der junge Kleinstadt-Polizist Jamie Bowen (Tye Sheridan) eine Ahnung, der im Sheriff-Department von Coeur d’Arlene arbeitet. Im Lauf der Handlung wird er zu Husks Verbündetem, auch wenn er sich damit vor Ort Feinde macht, und bringt seine Vor-Ort-Kenntnisse in die Ermittlungen mit ein.

Und Unterstützung kann Terry Husk gebrauchen. Der schnauzbärtige Gesetzesmann wirkt geistig angeschlagen von einer gescheiterten Ehe und seinem letzten Fall, der mit dem Tod einer Informantin endete; die Unfähigkeit, sie vor der Mafia zu retten, nagt an dem Polizisten. Viel Zeit, sich der Grübelei hinzugeben, lässt ihm der Idaho-Fall, der schnell auf die umgebenden Bundesstaaten ausgreift, jedoch nicht.

Die zentrale Figur der lokalen White-Supremacy-Zelle ist Robert Jay Matthews (Nicholas Hoult). Inspiriert von den „Turner Diaries“, hat er seinen eigenen White-Power-Zirkel um sich geschart und will der ideologischen Aufrüstung endlich handfeste Taten folgen lassen.

Kreisen um einen finsteren Abgrund

Drehbuchautor Zach Baylin und Regisseur Justin Kurzel entfalten den auf Tatsachen beruhenden Fall dramaturgisch als klassisches Cop Movie, das spannungsfördernd die Ermittlungen seiner beiden Helden mit den Umtrieben der Terroristen verzahnt, deren Bankraub-Aktivitäten darauf abzielen, die Kriegskasse für den anvisierten großen Umsturz zu füllen. Über die Genre-Elemente hinaus – die Mordtaten der Terroristen, das Sammeln von Indizien und Befragen von Verdächtigen und Zeugen durch die Polizisten, erste Verhaftungsversuche etc. – nimmt sich die Inszenierung aber auch viel Zeit, sich mit Organisation und ideologischem Unterbau der Täter auseinanderzusetzen. Die ländliche Szenerie Idahos mit ihren Berg- und Flusslandschaften gibt eine beeindruckende Kulisse für einen Plot ab, der sich nicht nur ins Herz der „The Order“-Organisation begibt, sondern darüber hinaus klarmacht, dass deren Gewalttaten in den 1980er-Jahren nur die Spitze des Eisbergs eines wesentlich größeren, tief in der US-Geschichte verwurzelten und weit über die 1980er-Jahre hinausreichenden gesellschaftlichen Problems sind.

Womit Kurzels Film, auch wenn er einen Fall von vor rund 40 Jahren aufgreift, vor allem wegen seiner Aktualität schmerzhaft unter die Haut geht. Die Tendenz zur Bildung hochgerüsteter Separatistengruppen, die auf das Szenario eines Bürgerkriegs hinwirken, ist die US-Spezifik einer rechtsradikalen Internationalen. Eifrig rezipiert wurden die „Turner“-Schriften aus der Feder des Neonazi-Publizisten William Luther Pierce auch in den Kreisen der „January 6“ – Verschwörer, die im Jahr 2021 das US-Repräsentantenhaus medienwirksam erstürmten. Kurzel gelingt mit seinem hochbrisanten Stoff ein „Slow Burn“-Thriller, dessen atmosphärisch dichte Bilder und spannungsreiche Handlung bis zum unumgänglichen Showdown um einen finsteren ideologischen Abgrund kreisen.

Ein Highlight ist dabei auch der Auftritt von Jude Law als ernüchterter, doch hartnäckiger Held des Dramas. Wenn er und sein Kompagnon die rechten Übeltäter ins Visier nehmen, weiß man als Zuschauer nie, ob nicht bereits aus versteckter Position einer der Verbrecher die Waffe auf die Gesetzesvertreter richtet. Die schauerliche Vision einer „Aryan Nation“, wie sie der nationalistische Widerstand herbeisehnt, spukt noch immer durch die politische Sphäre der Nation – und weit über sie hinaus.

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