Abenteuer | Großbritannien/Japan 2024 | 106 Minuten

Regie: Dougal Wilson

Der freundliche kleine Bär Paddington reist mit seiner englischen Menschenfamilie in seine Heimat Peru, als er beunruhigende Neuigkeiten über seine Tante erfährt. Als sie ankommen, ist sie verschwunden. Da ihre Spuren in den Amazonas-Dschungel führen, finden sich die Besucher unverhofft auf einer gefahrvollen Suche nach der alten Bärin und überdies auch nach der Goldstadt El Dorado wieder. Der dritte Kinofilm um die liebenswerte Kinderbuch-Figur setzt geradliniger als die Vorgänger auf Abenteuer- und Actionmomente, findet aber weiterhin Raum für hintergründigen Humor, leichte Dramatik und skurrile Filmzitate. Trotz gewisser erzählerischer Abnutzungserscheinungen sorgt insbesondere die entwaffnend gutmütige Hauptfigur für ansprechende kindgerechte Unterhaltung. - Ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
PADDINGTON IN PERU
Produktionsland
Großbritannien/Japan
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Marmalade Pic./Kinoshita Group/StudioCanal
Regie
Dougal Wilson
Buch
James Lamont · Jon Foster · Mark Burton
Kamera
Erik Wilson
Musik
Dario Marianelli
Schnitt
Úna Ní Dhonghaíle
Darsteller
Hugh Bonneville (Henry Brown) · Emily Mortimer (Mary Brown) · Antonio Banderas (Hunter Cabot) · Olivia Colman (Reverend Mother) · Julie Walters (Mrs. Bird)
Länge
106 Minuten
Kinostart
30.01.2025
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Abenteuer | Familienfilm | Komödie
Externe Links
IMDb | TMDB

Im dritten Teil der Filmreihe verschlägt es den kleinen Bären mitsamt seiner Menschenfamilie nach Südamerika, wo sie nach seiner Tante und der sagenumwobenen Stadt El Dorado suchen.

Diskussion

Paddington hat Post. Die moderne Gesellschaft mag mit dem sorgfältigen Verfassen von Briefen nicht mehr viel anzufangen, doch der kleine Bär aus Peru hält diese Kultur mit Begeisterung am Leben. So pflegt er auch Jahre, nachdem er in London bei der Familie Brown eine Heimstätte gefunden hat, den Briefverkehr mit seiner Tante Lucy. Er berichtet der greisen Bärin detailliert von seinen neuen Erkenntnissen in der Welt der Menschen. Etwa von den Veränderungen im Hause Brown durch die allmählich flügge werdenden Kinder Judy und Jonathan; das Mädchen bewirbt sich bereits für Unis, der Junge kultiviert ein teenagergemäßes Rumgammeln. Beides sind Entwicklungen, die Mutter Mary beunruhigen, weil die frühere Geschlossenheit sich auflöst, während Vater Henry ganz eigene Probleme mit seinem Versicherungsjob hat, wo die neue Chefin ihm glattweg „Risikoscheu“ unterstellt.

Paddington ist jetzt ein Brite

Paddington allerdings verliert trotz alledem nicht seinen unerschütterlichen Optimismus, wie er seiner Tante am Beginn seines dritten Kino-Abenteuers schreibt. Beunruhigend wirkt auf ihn allerdings der nächste Brief aus Peru. Da die Leiterin des Heims für Bären im Ruhestand schreibt, dass Lucy sich merkwürdig verhalte und ihren Neffen zu vermissen scheine, beschließt Paddington, sie zu besuchen.

Was umso naheliegender ist, als er kürzlich seinen Reisepass erhalten hat und damit offiziell britischer Staatsbürger ist. Jetzt kann er unbesorgt ins Ausland reisen und wieder zurückkehren. Die Browns, inklusive Haushälterin Mrs. Bird, sind natürlich auch mit von der Partie, um ihr zotteliges Familienmitglied zu unterstützen. Den Eltern kommt die Reise zudem sehr zupass: Mary sieht eine Chance auf Familienzusammenführung, und Henry wittert Gefahren – und damit Risiken, in denen er sich beweisen könnte.

Mit Dufflecoat und rotem Hut

Für die beiden ersten „Paddington“-Filme von Paul King war der Londoner Schauplatz, ganz in der Tradition der Kinderbuch-Vorlagen von Michael Bond, noch unverzichtbarer Bestandteil der Erzählung. Der Schwerpunkt lag ja gerade auf der Konfrontation des kleinen Bären mit der Stadt und ihren komplizierten Einrichtungen. Der jetzt von Dougal Wilson inszenierte Film „Paddington in Peru“ liefert zwar zu Beginn mit einer Slapstick-Szene in einem Fotoautomaten noch eine amüsante Kostprobe von Paddingtons Technik-Problemen, verlagert das Geschehen aber bald in dessen alte Heimat.

Dort gibt es satten Urwald statt überfüllter Straßen und U-Bahnen, Lamas und Riesenspinnen statt Schoßhunde, Amazonas statt Themse. Es ist ein ziemlicher Paradigmenwechsel, den Wilson und das ebenfalls neue Drehbuch-Trio James Lamont, Jon Foster und Mark Burton für die Filmreihe vornehmen. Gänzlich umgewöhnen muss sich der Zuschauer allerdings nicht. Denn auch in Peru gibt Paddington keineswegs sein Stadt-Outfit mit Dufflecoat und rotem Hut auf, als er sich auf der Suche nach seiner aus dem Heim verschwundenen Tante in den Dschungel begibt, und selbst den zur Feier des Reisepasses geschenkt bekommenen Schirm lässt er nicht zuhause.

Tollpatschig und mitunter etwas zu vertrauensselig ist Paddington ohnehin, gerade gegenüber den Absichten der Menschen, die sich ihm als Helfer aufdrängen. Während die Mutter Oberin, die das Seniorenheim für Bären leitet, zwar etwas überschwänglich, aber grundsätzlich hilfsbereit zu sein scheint, sind die zwielichtigen Absichten des Kapitäns Hunter Cabot, der Paddington und die Browns den Amazonas hinauffährt, kaum zu übersehen. Der Bär und seine Familie vertrauen sich Cabot aber dennoch an, der ihnen in einer plauderseligen Stunde auch den möglichen Grund für Lucys Verschwinden liefert. Denn die alte Bärin scheint nichts Geringerem als der sagenumwobenen Stadt El Dorado auf der Spur zu sein.

Verborgen bleibt den Passagieren zu diesem Zeitpunkt aber noch, dass bei dem Kapitän selbst der Goldwahn geweckt wurde, der seiner Familie schon seit Konquistadoren-Zeiten innewohnt. Es dauert nicht lange, bis Paddington und die Browns die Gefahren des Dschungels näher kennenlernen, als ihnen lieb ist.

Im Sog eines Abenteuerfilms

Im Vergleich zu den Vorgängern läuft „Paddington in Peru“ geradliniger auf ein bestimmtes Genre hinaus und verfolgt sehr konsequent die Handlung eines Abenteuerfilms. Zwar bleibt immer noch Zeit für den Humor, dezente Dramatik und einige skurrile Abstecher – etwa eine Nonnen-Musical-Nummer unter Anführung der Gitarre spielenden Mutter Oberin (Olivia Colman) als „Sound of Music“-Parodie –, doch räumt der Film seinen Spannungsszenen zusehends den größten Raum ein. So wird die Zug-Verfolgungsjagd aus „Paddington 2“ gespiegelt und gesteigert, indem es die Figuren sowohl mit einem Boot inmitten von Stromschnellen als auch mit einem waghalsigen Flug zu tun bekommen. Zudem fehlt auch ein rollender Felsbrocken in der „Indiana Jones“-Tradition nicht.

Das alles fällt zwar immer noch kindgerecht aus, also aufregend, aber ohne schlimme Folgen, doch zum ersten Mal zeigen sich leichte Abnutzungserscheinungen in der Filmreihe. Dem Zugriff von Wilson und seinen Autoren fehlt vor allem die erzählerische Unberechenbarkeit, mit der Paul King die Filme bislang prägte. Beim Drehbuch-Duo King und Simon Farnaby bestand nur am guten Ausgang kein Zweifel, während der Weg dahin mit verblüffenden Ideen gepflastert war. In „Paddington in Peru“ ist hingegen ab der Ankunft in Südamerika klar, worauf die Geschichte zusteuert. Tante Lucy und El Dorado zu finden, ist das eindeutige Ziel der Handlung; alles weitere sind nur Seitenpfade auf dem Weg dorthin. Zudem sorgt Paddington im Wesentlichen allein für die Auflösung des ganzen Trubels, während die Browns eine zwar nach Kräften unterstützende, für den Plot aber nicht zwingend notwendige Nachhut bilden. Auch das unterscheidet den Film von den beiden früheren Werken, in denen Bär und Menschen gleichermaßen für den glücklichen Ausgang wichtig waren.

Mit entwaffnender Freundlichkeit

Trotz solcher Einschränkungen belegt auch der dritte „Paddington“-Film innerhalb der Kinderfilm-Konkurrenz noch immer einen Spitzenplatz. Dougal Wilson, der nach zahlreichen Werbespots und Musikvideos sein Spielfilm-Debüt gibt, demonstriert eine ähnliche Begabung für visuelle Gags wie Paul King. Auch bei Filmreferenzen beweist der Regisseur eine vergleichbare Chuzpe, wenn „Paddington in Peru“ in ein und derselben Einstellung Indiana Jones und Buster Keaton zitiert und sich mit größter Selbstverständlichkeit sogar Anspielungen auf Werner Herzogs Südamerika-Filme „Aguirre“ und „Fitzcarraldo“ gestattet.

Die Darsteller agieren weiterhin erstklassig, insbesondere die Neuzugänge Olivia Colman und Antonio Banderas als Flusskapitän nutzen grandios die Gelegenheit zum lustvoll überzogenen Spiel. Und Paddington hält als Figur souverän seine filmische Welt zusammen und bestreitet mit entwaffnender Freundlichkeit seinen Weg. Da sind auch die weiten Wälder und mächtigen Berge von Peru keine Hindernisse.

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