Trapezium
Animation | Japan 2024 | 95 Minuten
Regie: Masahiro Shinohara
Filmdaten
- Originaltitel
- TORAPEJIUMU
- Produktionsland
- Japan
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- CloverWorks
- Regie
- Masahiro Shinohara
- Buch
- Yūko Kakihara ()
- Kamera
- Yoshihiro Sekiya
- Musik
- Masaru Yokoyama
- Schnitt
- Akinori Mishima
- Länge
- 95 Minuten
- Kinostart
- 28.01.2025
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Animation | Anime | Coming-of-Age-Film | Jugendfilm | Literaturverfilmung | Musical
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Anime um vier junge Japanerinnen, die eine Idol-Gruppe gründen und im Popgeschäft schnell aufsteigen, aber trotz brutaler Bedingungen ihre Freundschaft untereinander nicht aufs Spiel setzen.
Eine Zeitkapsel soll der Verkleidungsraum sein, den die Schüler der Fachoberschule anbieten. Für Yû und ihre Freundinnen ist es die letzte Station eines langen Tages, den sie an der Seite der jungen Sachi, eines Mädchens im Rollstuhl, verbracht haben. Bald sind sie ihrer „Zukunftsvisionen“ entsprechend verkleidet: eine ist Imkerin, eine Ärztin und eine Nonne. Sachi sucht sich das Kostüm der Idol-Sängerin aus, merkt dann aber, dass das kurze Kleid ihre Beinprothesen nicht verdeckt. Darüber ist sie aber nur so lange traurig, bis Yû das Outfit probiert. Yû wirkt in der opulenten Popversion einer Schuluniform wie ein echtes Idol. Sie scheint sich nicht verkleidet zu haben, sondern tatsächlich in eine Zeitkapsel gestiegen zu sein. Bevor der Tag zu Ende geht, verspricht Yû ihrer Freundin, dass sie auch ein Idol sein werde.
Tagesziel: „Zusammenhalt“
Tatsächlich haben Yû und ihre drei Freundinnen, die aus unterschiedlichen Teilen der Region stammen, bald einen Auftritt. Noch gilt das Motto „Fake it till you make it“, noch fehlt die Erfahrung, die dem jugendlichen Selbstbewusstsein ein bisschen von seiner Fragilität zu nehmen vermag. Das Freundinnen-Quartett ist auch innerhalb des eigenen Kreises durchaus fragil. Die eine versteht eine dahingesagte Bemerkung als Kränkung, die andere wittert Verrat, als die Mädchen für ein Ehrenamt in getrennte Gruppen eingeteilt werden. Yû aber hält die Gruppe zusammen. In ihrem Tagebuch trägt sie Tagesziele wie „Zusammenhalt“ ein und organisiert die regelmäßigen Treffen der Mädchen.
Die angestrebte Entertainment-Karriere beginnt mit einem Ehrenamt. Als Führerinnen heuern die Mädchen im fiktiven Schloss Oryujo an. Das sei schließlich berühmt, weshalb es demnächst Gegenstand eines Fernsehbeitrag werde müsse. Der Beitrag kommt, zeigt aber nur drei nette Rentner, die sich ebenfalls ehrenamtlich als Touristenführer engagieren. Die Mädchen hinterlassen bei der jungen Regisseurin dennoch einen bleibenden Eindruck. Ihrem Aufstieg zur Idol-Gruppe steht nichts mehr im Weg, als sie einem Musiklabel vorgestellt werden. In einer mit Tagebuch-Voice-Over unterlegten Montage-Sequenz kürzt der Film den Weg zum Ruhm ab. Bald tanzen die Mädchen durch die Bilder, nehmen Singles auf, üben Choreografien, erhalten Gesangsstunden und leben ihren Traum als die den (englischen) Himmelsrichtungen nach getaufte Band N.E.W.S.
Ihre erste Live-Performance, ein mit 3-D-Animation aufpoliertes und Rüschen verziertes Mini-Konzert, lässt die Mädchen um die Wette funkeln; wirklich am Strahlen aber ist hier nur Yû.
Ein Leben im Dienst der Persona
„Trapezium“ kommt überraschend schnell beim Hauen und Stechen der Popindustrie an. Die zaghaften Andeutungen der Freundinnen, dass sie die plötzliche Idol-Band-Prominenz überfordert, werden zu lauten Hilfeschreien, die Yû nur mit barschen Kommentaren und neuen Befehlen quittiert; sie ist die einzige, die das Business schon gänzlich verinnerlicht hat. Die Mädchen dürfen keinen Freund haben, müssen ihre Social-Media-Präsenz steigern, die eigene Persönlichkeit in die Richtung der ihnen zugewiesenen Persona ausbauen und sich überhaupt in jeglicher Hinsicht dem angestrebten Idol-Kultur-Ideal annähern.
Die Idol-Kultur ist ein schwer greifbarer Zweig der japanischen Kultur. Sie wird meist von jungen Mädchen verkörpert, die im Spannungsraum zwischen unschuldiger Schönheit und einer noch viel schwerer greifbaren Form der Sexualisierung existieren. Idols sind oft (aber nicht nur) Sängerinnen, immer aber von der Industrie geformte Personen mit ausgeprägtem Social-Media-Profil.
Dennoch ist „Trapezium“ keine Abrechnung mit der Idol-Kultur, obwohl der Film auf einem Roman der Ex-Idol-Sängerin Kazumi Takayama basiert und sichtbar die Schattenseiten des Geschäfts thematisiert. Der Anime von Masahiro Shinohara macht sich vielmehr die Perspektive seiner Protagonistin zu eigen und schlüpft in die naive Wahrnehmung der Teenagerin. Der gnadenlose Manager erscheint nicht grausam, sondern eher seltsam deplatziert, wenn er peinlich berührt neben Yû und ihren in Tränen aufgelösten Freundinnen steht. Yû selbst erhält bündelweise Fanpost und lebt den wahrgewordenen Traum eines Erwachsenlebens, das keine Geburtsgeschenke oder Heiratsanträge braucht. Ebenso schnell aber sieht sie alles zusammenbrechen. Bevor die bizarre Fan- und Ausbeutungskultur der Idol-Industrie allzu schwere Spuren hinterlassen kann, sind die Mädchen vom Popgeschäft längst durchgekaut und wieder ausgespuckt worden.
Ein versöhnlicher Ton
An ihrer Freundschaft und damit an dem Teil ihres Lebens, der nicht kommerzialisierbar ist, hält „Trapezium“ mit radikalem Optimismus fest. Der Film ist arglos genug, um den Abstieg nicht allzu brutal zu gestalten und die Wiedergutmachung nicht in der radikalen Abkehr vom Popsternchen-Traum, sondern noch innerhalb des Systems zu suchen. Der versöhnliche Ton mag nicht zur Systemkritik taugen, aber in einer kompromisslos erbaulichen Geschichte über den Zusammenhalt macht er sich ganz gut. Entweder hat Yû Glück, Protagonistin eines melodramatisch und bis zur Naivität überformten Anime zu sein, oder es geht in der Freundschaft eben doch mehr um Vergebung, als die Naiven annehmen.