Masters of the Air
Drama | USA 2024 | 507 (9 Folgen) Minuten
Regie: Cary Joji Fukunaga
Filmdaten
- Originaltitel
- MASTERS OF THE AIR
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Amblin Television/Apple Studios/Parliament of Owls/Playtone
- Regie
- Cary Joji Fukunaga · Anna Boden · Ryan Fleck · Dee Rees · Timothy van Patten
- Buch
- John Orloff
- Kamera
- Adam Arkapaw · Jac Fitzgerald · Richard Rutkowski · David Franco
- Musik
- Blake Neely
- Schnitt
- Mark Czyzewski · Saar Klein · Mark Sanger · Spencer Averick · Sarah Flack
- Darsteller
- Barry Keoghan (Lt. Curtis Biddick) · Austin Butler (Maj. Gale "Buck" Cleven) · Callum Turner (Maj. John "Bucky" Egan) · Ben Radcliffe (Capt. John D. Brady) · Anthony Boyle (Major Harry Crosby)
- Länge
- 507 (9 Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Historienfilm | Serie | Thriller
- Externe Links
- IMDb | JustWatch
Von Steven Spielberg produzierte, technisch spektakuläre Historienserie um die Luftangriffe und Bombardierungen der US Air Force auf Nazideutschland.
Endlich rückt Land in Sicht. Nach Stunden der Atlantik-Überquerung, die Navigator Harry Crosby (Anthony Boyle) hauptsächlich damit verbringt, seinen Mageninhalt in diverse Tüten und schließlich den eigenen Stahlhelm zu entleeren, liegt Großbritannien unter Crosby und der restlichen Besatzung des B-17-Bombers. Die Amerikaner fliegen die Air-Force-Basis im britischen Norfolk an. Das zumindest glauben sie, bis die ersten Flak-Geschosse neben ihnen explodieren. Es ist Frankreich, nicht England, das unter ihnen liegt. Das strahlende Weiß der Wolken, die sich in aller Pracht vom blauen Himmel absetzen, wird überzeichnet vom Schwarz der Rauchwolken des Flakfeuers, das den Himmel mit tödlichen Metallgeschossen füllt, die durch die Hülle der amerikanischen Bomber und die Körper ihrer Besatzung dringen.
Der versehentliche Eintritt in den französischen Luftraum verläuft noch glimpflich. Schon bald aber gehen die ersten Bomber in Flammen auf, während Crosby und die anderen Navigatoren den Himmel nach Fallschirmen und damit nach potenziellen Überlebenden absuchen. Mit dem Ende des Flak-Dauerfeuers endet der Angriff nicht. Die Ruhe kündigt den zweiten Teil des Luftkriegs an. Deutsche Kampfjäger steigen auf, nehmen die verbleibenden Bomber ins Visier, die sich wie eine dicht gedrängte Herde sammeln, die sich vor den um sie kreisenden Raubtieren schützt.
Der Krieg wird durch die Luft an Hitlers Türschwelle getragen
Die B-17-Bomber waren das Rückgrat der strategischen Bombenangriffe, mit denen die US-Air Force den Krieg an „Hitlers Türschwelle“ bringen wollte. Die strategische Bombardierung Deutschlands war ein Novum in der Strategie der US-Streitkräfte. Anders als die Bomber der britischen Royal Air Force flogen die „fliegenden Festungen“ der Amerikaner nicht nachts, um flächendeckend Bomben über deutschen Städten abzuwerfen, sondern tagsüber, um die deutsche Rüstungsindustrie gezielt ins Visier nehmen zu können. Auf Umwegen ist das massive Bombardement damit doch der Stoff einer Heldengeschichte. „Masters of the Air“ ist eine solche Heldengeschichte, in Form eines TV-Blockbusters.
Bevor die Serie den Himmel mit Millionenbudget und „State of the Art“-CGI in Flammen setzt, werden die Routinen der Air Force etabliert. Das A und O des erfolgreichen Luftangriffs liegt in den Details der Vorbereitungen und Checklisten, die Klasse von Pilot und Crew in der Fähigkeit, den Flieger trotz der unweigerlichen Ausfälle von Mensch und Material mit ruhiger und geschickter Improvisation in der Luft zu halten.
Eine gut geölte Maschinerie
Die dazugehörigen Abläufe werden geübt und wiederholt. So oft, bis das Publikum selbst die Routinen beherrscht und die kleinsten Unterbrechungen wahrnimmt. Anders gesagt: „Masters of the Air“ ist eine gut geölte Maschine, die technische und historische Details elegant zu einer so großformatigen wie sehnsüchtigen Heldensage zusammenzimmert.
Die dritte der von Steven Spielberg und Tom Hanks produzierten Serien über die sogenannte „Greatest Generation“, die für die Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg zog, erzählt nicht vom kontinuierlichen Elend, das die Kriegserfahrung der Infanteristen am Boden ausmacht, sondern von der von Schönheit eingeschlossenen Hölle des Luftkriegs. Sonnenauf- und Sonnenuntergang, europäische und afrikanische Landmassen, Wolkenformationen und das endlose Blau des Himmels stellen das Panorama für die absurde Grausamkeit des Kriegs. Die Grazie der freien Fläche wird zum blutigen Wimmelbild, in dem Körper vom Metall von Tragflächen geteilt, von plötzlicher Kälte getötet und von Explosionen verbrannt werden. Führte die Geschichte von „Band of Brothers“ von der Brutalität zur Tapferkeit, „The Pacific“ von der Brutalität zur Verrohung, so ist „Masters of the Air“ eine Höllenlotterie in Etappen.
Der Tod dezimiert die Reihen
Die Quoten des tödlichen Glücksspiels, das die Piloten, Navigatoren, Techniker, Funker und Schützen spielen, die die zehnköpfige Besatzung der B-17-Bomber stellen, erweisen sich als deutlich vernichtender, als die Männer es erwarten konnten. 25 Einsätze muss eine Besatzung zur Erfüllung ihrer Pflicht geflogen haben. Mit fortlaufender Dauer des Krieges kehrt nur etwa ein Drittel der Crews zurück. Der Tod belauert die Air Force. Das begeisterte Grölen beim Verkünden der nächsten Mission weicht dem angsterfüllten Raunen.
Vom heroischen Spektakel, das die Serie von den ersten Missionen zeigt, bleibt nur noch das Zählen der wiederkehrenden Flugzeuge und eine zunehmend größere Anzahl leerer Betten in der Baracke übrig. Der amerikanische Heros muss sich der tödlichen Stochastik unterwerfen. Sei es der Prototyp des Alphamännchens, den die Südstaatler „Buck“ Cleven (Austin Butler) und „Bucky“ Egan (Callum Turner) repräsentieren, die ihre Maschinen, den Zahnstocher zwischen den Zähnen, cool und lässig durch Turbulenzen, Flakbeschuss und Messerschmitt-Angriffe navigieren oder der hochgebildete und bescheidene Gegenentwurf, den der Pilot Robert Rosenthal (Nate Mann) und Navigator Harry Crosby (Anthony Boyle) verkörpern, die die von ihnen geschriebene Geschichte immer schon mitreflektieren (etwa den Genozid im Lager Żabikowo bei Posen): „Masters of the Air“ integriert die historischen Persönlichkeiten, integriert einen Mikrokosmos Amerikas in das blutige, heroische Gesamtgefüge des Luftkriegs.
Das pathetisch überstrahlte Ideal eines geeinten Amerikas
Auch die schwarzen Piloten, die Tuskegee Airmen, tragen (als Offiziere!) in den P-51-Fliegern entscheidend zum Erfolg der Luftkampagne bei. Es ist ein modernes Abbild der „Greatest Generation“ und zugleich ein in seinem Optimismus geradezu antiquiert wirkendes Abbild der amerikanischen Idee. „Masters of the Air“ zielt mit der pathetisch überstrahlten Idee des geeinten Amerikas der Vergangenheit sichtbar auf das seither zunehmend gespaltene Amerika der Gegenwart. Der kollektive amerikanische Triumph, den „Masters of the Air“ zelebriert, ist entsprechend nicht der Moment, in dem Nazideutschland mit der Überlegenheit der US-Waffen in die Knie gezwungen wird (der Sieg in der Luft ist nach Einführung der verbesserten P-51-Jäger historische und dramaturgische Formsache). Es ist der Moment, in dem die Piloten aller Couleur in der Kriegsgefangenschaft zusammenstehen und den Verführungsversuchen durch die faschistischen Verhöroffiziere widerstehen.
Wenige Wochen später wird die amerikanische Flagge über dem Kriegsgefangenenlager gehisst und die Piloten brechen auf, um die Mission anzutreten, die die Geschichte schreibt, an die man sich heute gern erinnern möchte. Nicht Bomben fallen auf die Niederlande, sondern Brote. Die Amerikaner finden geeint zum Humanismus. Ein Pathos, das im Blockbuster-Kino der Gegenwart längst passé ist. Hier existiert es noch – entgegen aller Wahrscheinlichkeit.