Drama | Frankreich 2018 | 130 Minuten

Regie: Catherine Corsini

Eine Büroangestellte und der Sohn einer reichen Familie gehen in den 1950er-Jahren eine Liebesaffäre ein, durch die eine Tochter geboren wird. Der Mann aber lehnt eine Heirat ebenso ab wie die offizielle Anerkennung des Babys. Erst Jahre später will er doch mehr Kontakt, wodurch die enge Beziehung zwischen Mutter und Tochter in eine Krise gerät. Ein als Rückblende über vier Jahrzehnte erzähltes Drama, bei dem die Tochter in einer Mischung aus Nüchternheit und Schuldbewusstsein das mütterliche Schicksal aufrollt. Der einfühlsam und elegant inszenierte Film greift die gesellschaftlichen Schieflagen zwischen den Geschlechtern auf und nimmt mit komplexen, subtil interpretierten Figuren für sich ein. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
UN AMOUR IMPOSSIBLE
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Chaz Prod./Artémis Prod./Le Pacte/France 3 Cinéma/VOO/BE TV/RTBF/Shelter Prod.
Regie
Catherine Corsini
Buch
Catherine Corsini · Laurette Polmanss
Kamera
Jeanne Lapoirie
Musik
Grégoire Hetzel
Schnitt
Frédéric Baillehaiche
Darsteller
Virginie Efira (Rachel Steiner) · Niels Schneider (Philippe Arnold) · Estelle Lescure (Chantal als Jugendliche) · Jehnny Beth (Chantal als Erwachsene) · Ambre Hasaj (Chantal als Kleinkind)
Länge
130 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB

Drama um eine französische Büroangestellte, die Ende der 1950er-Jahre eine Affäre mit einem Mann aus reichem Haus beginnt und um dessen Anerkennung der gemeinsamen Tochter kämpft.

Diskussion

Ein Rummelplatz ist ein guter Ort, um den Gefühlen freien Lauf zu lassen. In der aufgedrehten Atmosphäre scheint so manche Liebesoffenbarung leichter zu fallen als an profaneren Plätzen, so auch bei Philippe Arnold. Der junge Sprössling einer wohlhabenden bürgerlichen Familie ist kein Romantiker. Dennoch nutzt er den Besuch auf dem Rummel, um mit seiner Freundin Rachel offen über seine Zukunftspläne zu sprechen.

Die sehen vor allem Reisen, Lesen, den Genuss von Kultur und weitere Vergnügen vor; Arbeit spielt weniger eine Rolle, Frauen jedoch durchaus, was Rachel potenziell einschließt. Freilich nur, sofern das für Philippe keine Verbindlichkeiten bedeutet. So hat er zwar nichts dagegen, ihr seit Kurzem bestehendes Verhältnis fortzuführen, selbst wenn Rachel als Zugeständnis an gesellschaftliche Konventionen auf eine Heirat bestehen sollte; als Gatten müsste seine Freundin sich allerdings einen anderen Mann suchen. Für sich selbst schließt Philippe eine Ehe für jetzt und für alle Zeiten aus.

Sie weiß, woran sie mit ihm ist

Obwohl der Film „An Impossible Love“ von Catherine Corsini die Beziehung von Rachel Steiner und Philippe Arnold zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht lange verfolgt hat, weiß Rachel bereits, woran sie mit ihrem Liebhaber ist. Der junge Mann, der als Übersetzer für die US-Army arbeitet, ist gutaussehend, gewandt und gebildet. Ihre sexuellen Zusammenkünfte sind wild und leidenschaftlich, und Philippe zeigt auch Interesse an ihren Ansichten, obwohl er im Grunde auf sie herabsieht. Ihren Katholizismus verachtet er ebenso wie die jüdische Herkunft ihres Vaters; er korrigiert ihre Aussprache und übernimmt es, sie an Bücher und Filme heranzuführen.

Wenige Wochen nach dem Rummelplatz-Ausflug entdeckt Rachel, dass sie schwanger ist, doch mit dieser Frucht ihrer Beziehung will Philippe sich nicht befassen. Als ihre Tochter Chantal Anfang 1959 geboren wird, steht dementsprechend „Vater unbekannt“ in der Geburtsurkunde, und Philippe entzieht sich auch weiterhin jedem Drängen, sein Kind anzuerkennen. Gerade, dass er in den folgenden Jahren gelegentlich bei Mutter und Tochter auftaucht und ein paar Stunden mit beiden verbringt, um dann wieder zu seinem angenehm ungebundenen Leben zurückzukehren.

Ein Schicksal über Jahrzehnte aufgespannt

Das Drama nach einem Roman von Christine Angot spannt das Schicksal von Rachel über die folgenden Jahrzehnte auf. Auf das Glück, als das sie den Beginn der Beziehung mit Philippe auch nach vielen Jahren noch und trotz aller schlechten Erfahrungen weiterhin bezeichnet, folgt eine lange Phase der Zurückweisung. Der Wunsch, dass Chantal von ihrem Vater offiziell anerkannt wird, ist für Rachel weniger mit dem Gedanken an rechtliche Vorteile verbunden als mit dem Eindruck, dass ihre Tochter als Mensch mit Geburtsmakel eingestuft wird. So drängt sie Philippe hartnäckig, wo immer sie ihn zu fassen bekommt, was bis in Chantals Teenageralter hinein aber nur sporadisch passiert. Mitunter antwortet Philippe monatelang nicht auf Briefe oder ändert die Adresse, sodass Rachel einmal sogar seinen Vater aufsucht. Der gibt ihre Nachricht weiter, hat für seinen Sohn aber grundsätzlich großes Verständnis.

Einige Jahre darauf heiratet Philippe entgegen aller Ankündigungen dann doch, weil er erneut eine Frau geschwängert und deren (reicher) Vater auf der Ehe bestanden hat. Als er Rachel auch in dieser Lage noch als Geliebte behalten will, setzt sie ihn vor die Tür. Vorläufig, denn einen gänzlichen Bruch will und kann sie nicht riskieren.

Erzählung aus schuldbewusster Perspektive

Corsini zeigt die gesellschaftlich etablierte Ungleichheit von Mann und Frau in den 1960er- und 1970er-Jahren einfühlsam, aber ohne melodramatische Zuspitzungen. Dazu trägt neben der subtilen Leistung von Virginie Efira als Rachel die Inszenierung des Verhältnisses zwischen Mutter und Tochter bei, die in dieser ersten Phase offensichtlich gut zu zweit zurechtkommen. Die Belastung durch den fehlenden Vater ist vor allem psychisch spürbar. Beide scheinen keine größeren finanziellen Probleme zu haben oder gesellschaftlich ausgegrenzt zu werden. Zumindest legt dies die Erzählung des Films nahe, die aus einer bemerkenswerten Perspektive erfolgt. Denn mit Anfang Vierzig rollt Chantal ihre Geschichte auf, wobei sie einen nüchternen Erzählton wählt, der geprägt ist von eigenem Schuldbewusstsein und einem großmütigen Verständnis für ihre Mutter.

Das geht so weit, dass sie sogar die eigene Position hintanstellt, was „An Impossible Love“ einige im ersten Moment irritierende Szenen verschafft. Denn sogar einschneidende Ereignisse im Leben von Chantal werden nicht direkt abgebildet, sondern nur aus Sicht der davon erfahrenden Mutter eingebunden. In der konsequenten Haltung des Films erscheint aber auch diese Entscheidung stimmig, schließlich ist „An Impossible Love“ eindeutig als Abbitte angelegt, das mütterliche Bemühen früher nicht mehr geschätzt zu haben.

Nostalgisch wird es nie

Umgesetzt ist Chantals Rückblick in blässlichen, wie verblichen wirkenden Farben, die dem Film eine leichte Fotoalbum-Ästhetik geben; die Jahre zwischen den Szenen werden durch melancholische Klavier- und Streicher-Passagen überbrückt. Nostalgisch wird es jedoch nie, dafür besitzt die Erzählung zu viel an dramatischem Gewicht. Insbesondere gilt das für Chantals Beziehung zu ihrem Vater, die mit ihren Teenager-Jahren plötzlich enger wird. Von heute auf morgen nimmt Philippe stärker am Leben seiner Tochter teil, drängt sich sogar auf und lässt seinen Charme spielen wie früher bei Rachel.

Der Mutter bringt dies zunächst vor allem die Erkenntnis, dass sie bei aller Freude über diese Entwicklung darunter leidet, von der Zweisamkeit ausgeschlossen zu sein. Im Glauben, diese sei positiv und harmonisch, wird sie von Enthüllungen über das Gegenteil überrumpelt und schwer davon getroffen, dass sich in der Folge das Verhältnis zu ihrer Tochter abkühlt.

Bis zum Ende bleibt das Drehbuch von Corsini und Laurette Polmanss dabei, die Figuren und ihren Umgang komplex zu halten, was dem Film sehr zugutekommt. Mit hoher Präzision agieren vor allem die Darstellerinnen – Virginie Efira sowie unter den verschiedenen Chantal-Interpretinnen insbesondere Estelle Lescure (in den Teenager-Jahren) und Jehnny Beth (als Erwachsene) –; doch auch Niels Schneider  kann die Anziehungskraft von Philippe noch glaubhaft machen, wenn sich dieser moralisch längst diskreditiert hat. In erster Linie aber ist „An Impossible Love“ ein Film über eine starke Mutter-Tochter-Bindung, die viele harte Zeiten durchmacht, letztlich aber eine versöhnliche Bilanz zieht. Die Liebe zwischen ihnen mag so unmöglich sein, wie es der Filmtitel behauptet, aber Liebe ist es zweifellos.

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