Peppino Lo Cicero (Toni Servillo) hat sein ganzes Leben lang in Neapel als Killer für die Mafia gearbeitet. Das war für ihn kein schmutziges Geschäft, sondern wesentlicher Bestandteil einer geordneten Welt. Damit diese nämlich im Gleichgewicht bleibt, braucht es eben auch Verbrecher. So erklärt er es in einer Rückblende seinem Sohn, der sich eher für die moralischen amerikanischen Superhelden-Comics begeistert. In den Augen des Herrn Papa völlig fehlgeleitete Interessen. Es braucht den Tod, oder vielmehr den Auftragsmord. Dieser ist gewissermaßen einberechnet, solange es Loyalität und einen gewissen Ehrenkodex gibt.
Die Mafia, das wird hier schnell klar, ist für Peppino ein Prinzip der Ordnung mit einer ganz eigenen Moral – und vor allem ist sie eine Frage des Stils. Letzteres gilt aber auch für die Auswahl der Waffen. Denn es ist durchaus wichtig, mit welchem Werkzeug man jemandes Seele auf die große Reise schickt.
Die Mafia-Welt gerät aus dem Lot
Nun, da sich der Gentleman-Killer zur Ruhe gesetzt hat, ist sein Sohn Nino (Lorenzo Lancellotti) in die Fußstapfen getreten. Es bleibt eben in der Familie. Nur mit dem viel beschworenen Gleichgewicht der Kräfte ist es auf tragische Weise ziemlich plötzlich vorbei: Nino wird bei einem Auftrag ermordet. Peppino ahnt, dass der Hinterhalt aus den eigenen Reihen heraus gestellt wurde und zettelt mithilfe seines alten Freundes Totò (Carlo Buccirosso) einen blutigen Krieg an.
Das ist schon eine ziemlich geradlinige, wenn nicht gar altmodische Story, die uns da erzählt wird. Eine Geschichte, die, wenn man sie nachzuerzählen versucht, dem Reiz dieses Filmes in keiner Weise gerecht wird. Auch führt der deutsche Titel völlig in die Irre: Weder geht es in diesem Film, der im italienischen Original „5 è il numero perfetto“ heißt, um einen Killer im klassischen Sinne, noch wird die Geschichte eines Spiels erzählt. Vielmehr wird hier eine Rache ins Bild gesetzt; „5 ist die perfekte Zahl“ ist ein Film der Bilder, was ziemlich wörtlich zu verstehen ist.
Comickünstler Igort bewährt sich auch als Regisseur
Schließlich handelt sich um die Verfilmung einer in Italien ziemlich bekannten Graphic Novel, die bei uns in Deutschland in einer sehr schönen Ausgabe im Avant Verlag erschienen ist. Der Autor der Vorlage ist nun auch der Regisseur der Filmadaption. Der Zeichner wechselt das Medium und damit sein Werkzeug: Igor Tuveri, besser bekannt unter dem Künstlernamen Igort, tauscht den Stift gegen die Kamera, muss damit beginnen, mit der Bewegung eines Filmbildes zu zeichnen.
Bei den hochstilisierten und der Vorlage entnommenen Bildern der Titelsequenz fühlt man sich für einen Moment mit Erschrecken an Frank Miller erinnert, der den harten, kontrastreichen Stil seiner Graphic Novels ebenfalls selbst für das Kino inszenieren durfte. Man denke an die „Sin City“-Verfilmungen (gemeinsam mit Robert Rodriguez) oder „The Spirit“. Das Ergebnis war bei keiner dieser Adaptionen ein Sieg der Subtilität, wurde die Übersetzung ziemlich einfach gedacht.
Wo Miller sich der Tricktechnik bedient, um die Bilder künstlich werden zu lassen und die Leinwand durch das straffgezogene Schwarz-weiß überzeichnet und verflacht, wählt Igort glücklicherweise einen völlig anderen und viel klassischeren Weg: Er benutzt die Kadrierung, arbeitet innerhalb der stillen Rahmen seiner Bilder mit Bewegungen, die er durch ein ausgeklügeltes Schema aus Vorder- und Hintergrund gut zu verräumlichen weiß. Besonders deutlich wird das in den Actionszenen, die mit klassischer Action wirklich überhaupt nichts am Hut haben: Die eingesetzte Zeitlupe erzeugt eine Atmosphäre der Verlangsamung, die es erlaubt, den Formen des Geschehens nachzuspüren, die Mündungsfeuer mit den Augen nachzufahren und dabei beinahe Einzelbilder zu erkennen. John Woo und sein Actionballett sind keine allzu fernen Referenzen.
Die Magie der Lücke zwischen den Bildern
Das Großartige an „Das Spiel des Killers“ ist, dass sich das Filmische der Graphic Novel in der Montage des Films reflektiert und andersherum. Die Magie der Bewegung entsteht in beiden Medien, trotz all ihrer Unterschiede, in der Lücke zwischen den jeweiligen Bildern – sie ist es, die für Bewegung und Fortgang sorgt.
Wenn überhaupt, dann ist die einzige Schwäche dieses hochgradig stilisierten Genrefilms, dass man den Film in der Tat eher wie ein Buch lesen muss, als dass ein kinetischer Fluss entsteht. So bleiben die Figuren eben Figuren, die zwar scharf konturiert sind und eine stilsichere Form erhalten, aber für einen Film etwas zu oberflächlich geraten. Denn während man sich beim Lesen der Graphic Novel ewig in der Form einer Zeichnung und ihrer Tiefe verlieren kann, verspielen sich die Bilder des Kinos in der Zeit. Sie lassen sich nicht anhalten.
Es ist wahrlich keine einfache Aufgabe, eine Graphic Novel samt ihrer Seele aus Bildern zu verfilmen, die sich von den Bildern des Films eben doch unterscheiden müssen. Igort ist mit „Das Spiel des Killers“ ein kleines, weitgehend überzeugendes Kunststück gelungen.