Generation Beziehungsunfähig

Romantische Komödie | Deutschland 2021 | 84 Minuten

Regie: Helena Hufnagel

Ein junger Mann, der stolz auf seinen ungebundenen Beziehungsstatus ist und dies auch als Autor in einem Buch verarbeitet hat, gerät in eine Krise, als es mit dem Nachfolgewerk nicht laufen will und er mit einer Frau zusammenkommt, die von Bindungen jenseits von Sex ebenso wenig zu halten scheint wie er. Ganz gegen seine Natur dringt er auf mehr Romantik, doch seine Liebespartnerin will davon zuerst nichts wissen. Wenig erheiternde romantische Komödie mit krampfhaftem Humor und einer im Grunde höchst biederen Auffassung von Beziehungen. Auch in der Beschäftigung mit angeblichen Zeitgeistphänomenen besitzt der seichte Film kaum Aussagewert. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
Pantaleon Films/Warner Bros. Pictures Germany/Brainpool Pic.
Regie
Helena Hufnagel
Buch
Hilly Martinek · Helena Hufnagel
Kamera
Andreas Berger
Musik
Matthias Hauck · Nepomuk Heller · Florian Kiermaier
Schnitt
Frank J. Müller
Darsteller
Frederick Lau (Tim) · Luise Heyer ("Ghost") · Henriette Confurius (Charlie) · Maximilian Brückner (Andreas) · Verena Altenberger (Martha)
Länge
84 Minuten
Kinostart
29.07.2021
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Romantische Komödie
Externe Links
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Wenn ein bindungsunwilliger Mittdreißiger auf eine Frau trifft, die auch nichts von Verpflichtung wissen will – und trotzdem die Liebe einschlägt: Eine romantische Komödie frei nach dem Bestseller von Kolumnist Michael Nast.

Diskussion

Die Arbeit eines Autors mit Füßen getreten! Tim (Frederick Lau) hat zwar an sich wenig vom Ethos eines Schriftstellers an sich, aber diese Mitteilung seiner Agentin trifft ihn doch empfindlich: Die Restbestände seines ersten Romans sind für eine Party geschreddert und als Konfetti verstreut worden. Obendrein befindet seine Agentin auch noch, dass sich sonst ja doch nichts Sinnvolleres mehr aus dem Buch hätte herausholen lassen. Gekauft würden Tims Auslassungen zu Beziehungen in der modernen Zeit nicht mehr, sein Sujet sei längst überholt. Tims hastig eingeworfene, von seinem besten Freund bestätigte Lüge, schon an einem zweiten Buch zu schreiben – Thema: Eine Liebesgeschichte – weckt immerhin Interesse, bringt den verhinderten Autor aber in eine schwierige Lage: Der etwa 30-Jährige scheint mit seinem Single-Dasein und unverbindlichen Affären an und für sich voll zufrieden, dementsprechend stockend kommt sein Roman voran.

Zu seinem Glück muss die Schriftsteller-Karriere ihn nicht ernähren, da er für den Tagesbedarf als Texter bei einer Social-Media-Agentur arbeitet. Wobei „arbeiten“ auch in diesem Fall eher geschmeichelt ist, denn in der Agentur scheint wenig mehr getan zu werden, als kurze Blicke auf Bildschirme zu werfen und über die Influencer-Klienten zu lästern. Allzu viel von anderen zu halten, scheint in Tims Welt offenbar niemand.

Eine Frau namens Ghost

Mehr als alles andere betrifft das in Helena Hufnagels „Generation Beziehungsunfähig“ allerdings den Bereich der persönlichen Kontakte. Wer nicht wie Tim auf Damenwahl via App und One-Night-Stands schwört, legt bei Dating-Seiten falsche Profile an und gibt vor, an älteren Frauen interessiert zu sein, wendet sich ganz von der Liebe ab oder führt eine derart langweilige Beziehung, dass auch gleich geheiratet werden kann. Während die Umgebung von Tim auf diese Weise ihre überforderte Gefühlswelt nach außen kehrt, trifft der Profisingle auf sein perfektes Gegenüber. Eine Frau, die sich „Ghost“ (Luise Heyer) nennt, überrumpelt ihn, als er sich in einer Tankstelle eine Eispackung kaufen will, und zieht letztlich nicht nur mit dem Eis ab, sondern auch mit seinem Carsharing-Mietwagen. Tage später taucht dieser mit inzwischen deftiger Rechnung in einer anderen Stadt wieder auf. Das gilt auch für „Ghost“, der Tim bei Bekannten wiederbegegnet.

Einige umständliche Wendungen später führen beide eine Beziehung, wie sie ihnen eigentlich vollauf entsprechen sollte: Kurze Treffen zum Sex, wann immer ihnen danach ist, und wenig mehr. Zumindest Tim aber ist dies bald dann doch der Zwanglosigkeit zu viel, und so startet er den Versuch, ihr Verhältnis in traditionellere Bahnen zu lenken.

Auf vorhersehbaren Gleisen in die traute Zweisamkeit

2016 veröffentlichte der Kolumnist Michael Nast sein Buch „Generation Beziehungsunfähig“, in dem er selbst und von anderen Erlebtes in Sachen Bindungsschwierigkeit wiedergab und zu leicht verständlichen Gemeinplätzen über eine angebliche Generation der Selbstbezogenen und Liebesüberforderten zusammenfasste. Der Spielfilm, der sich nun im Titel auf den Bestseller bezieht, vollzieht allerdings eine für derartige Sachbuch-Adaptionen typische 180-Grad-Drehung und stellt Nasts Befund praktisch auf den Kopf. Von „Beziehungsunfähigkeit“ kann im Szenario von Helena Hufnagel und „Honig im Kopf“-Autorin Hilly Martinek im Grunde keine Rede sein, allerhöchstens sind die jungen Charaktere überfordert von all den digitalen Liebesverlockungen, die sie ins Leere laufen lassen.

Doch auf das Genre der romantischen Komödie ist Verlass: Tim und Ghost, aber auch etliche der Nebenfiguren, steuern unmissverständlich auf biedere Zweisamkeit zu, und bis zum Schluss finden mehrere Paare zusammen. Tims Bucherfolg ist ohnehin vorprogrammiert, und auch für das geheime Wunschprojekt der vorgeblich so frei von Verantwortung lebenden Ghost darf man guter Hoffnung sein, nachdem ihr Liebhaber den wertvollen Rat gespendet hat: „Einfach trauen!“

Verbrauchte Mainstream-Mechanismen

So zäh wie das Hin und Her zwischen den beiden Hauptfiguren ist „Generation Beziehungsunfähig“ leider generell. Wo Helena Hufnagel in ihrem Spielfilmdebüt Einmal bitte alles 2017 noch eine amüsante und durchaus ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Erwachsenwerden überforderter junger Menschen gelang, verlässt sich die Regisseurin – nach der Zwischenstation eines belanglosen „Tatorts“ – bei ihrem Folgewerk fürs Kino auf die simpelsten und verbrauchtesten Mechanismen des (deutschen) Mainstreamfilms. Zu durchweg trivialer Popmusik wechseln öde Dialoge, austauschbare Stadtansichten (in diesem Fall von Köln) und Seifenoper-Dramatik ab. Wird Action benötigt, braust Tim mit dem Fahrrad durch ein paar Straßen, komisch soll es sein, wenn das unromantisch-romantische Paar mit einer gestohlenen Rikscha herumfährt oder der sich verzehrende Liebhaber betrunken, nackt und mit einem Paar Engelsflügeln auf dem Rücken vor der Tür seiner Liebsten auftaucht. Der krampfhafte Gesichtsausdruck, mit dem sich Hauptdarsteller Frederick Lau durch den Film quält, spricht Bände: Wo sich hier Gräben öffnen, hat dies nichts mit den Konflikten einer Generation zu tun, sondern ist schlicht die uralte Kluft zwischen angestrebter Unterhaltsamkeit und bescheidenem Ergebnis.

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