Your Name Engraved Herein

Drama | Taiwan 2020 | 114 Minuten

Regie: Liu Kuang-Hui

Drama über die romantische Beziehung zwischen zwei taiwanesischen Schülern vor dem Hintergrund der politischen Umbrüche in China in den späten 1980er-Jahren; die homosexuelle Liebe der Protagonisten reibt sich dabei an den Restriktionen eines homophoben, sich erst allmählich liberalisierenden Umfelds und an den internalisierten Abwehrreaktionen der Liebenden selbst. Privates und Politisches fallen zusammen und verleihen einander Sprengkraft. Überambitioniert entworfen, gleitet der Film mitunter ins allzu forciert Melodramatische ab, findet aber auch immer wieder zu Momenten großer Eindringlichkeit und Schönheit. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
YOUR NAME ENGRAVED HEREIN
Produktionsland
Taiwan
Produktionsjahr
2020
Regie
Liu Kuang-Hui
Buch
Chu Yu-Ning
Kamera
Yao Hung-i
Musik
Chris Hou · Jason Huang
Darsteller
Edward Chen (A-Han) · Tseng Jing-Hua (Birdy) · Leon Dai (Älterer A-Han) · Jason Wang (Älterer Birdy) · Fabio Grangeon (Pater Oliver)
Länge
114 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Liebesfilm
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Ein Drama um eine homosexuellen Liebesbeziehung, die im Taiwan der 1980er beginnt: 1987 - im Jahr, in dem in Taiwan die Zeit des "Weißen Terrors" endete - verlieben sich zwei Schulfreunde ineinander. Der Film folgt ihrer Beziehung über viele Jahre und weitet sich dabei auch zum Gesellschaftsporträt.

Diskussion

Im Mai 2019 legalisierte Taiwan als erstes Land in Asien die Ehe für Alle. Es war die Art von hart erkämpftem Sieg, die zurückblicken lässt. Neue Möglichkeiten machen in ihrem Entstehen schließlich auch immer die Blockaden und Zwänge der Vergangenheit sichtbar. „Your Name Engraved Herein“ von Liu Kuang-Hui ist ein romantisches Drama, das unentwegt zurückblickt und in Taiwan gerade dadurch zum Film der Stunde wurde. Es erzählt von zwei jungen Männern, die sich in einer Phase des politischen Umbruchs lieben lernen. In Interviews erklärt der Regisseur, etwa 80 Prozent der Ereignisse selbst so erlebt zu haben. Das, was war, fällt zusammen mit dem, was hätte sein können. Jeder Triumph präsentiert sich als Echo einer vergangenen Tragödie.

„Warum schlägst du dich wegen der Liebe?“, fragt ein Pastor den jungen Chang Jia-Han (Edward Chen) eingangs. Das ist es wohl auch die Frage, die das Drama stellt: Wie und wieso musste man für den Drang seines Herzens kämpfen? Es ist 1987, der am Ende des chinesischen Bürgerkriegs in Taiwan verhängte Ausnahmezustand geht nach fast 40 Jahren zu Ende. In dieser neuen, vielleicht freieren Welt trifft Jia-Han seinen auf Klassenkameraden Wang Po-te (Tseng Jing-Hua). Alle nennen ihn „Birdy“, so wie die Hauptfigur in dem gleichnamigen Film von Alan Parker. Der erzählt von zwei Freunden, die seelisch und körperlich verwundet aus dem Vietnamkrieg heimkehren. Es liegt eine Gewalt in der langsam heranwachsenden Beziehung. 

Schwule Liebe in einem qualvoll homophoben Umfeld

Ihre Blicke treffen sich bei Orchesterproben und im Schwimmunterricht. Alle Schüler sollen die Luft im Pool anhalten, so lange wie möglich, und vielleicht bleibt man noch ein bisschen länger unter Wasser, wenn man dafür den Körper des anderen betrachten kann. Wer braucht schon Luft, wenn er Liebe hat? Die beiden kommen sich näher, doch sie wissen auch um die Strafe, mit der die Öffentlichkeit Homosexualität belegt. Nachdem Birdy verprügelt wird, weil er sich nachts vom Schulgelände geschlichen hat, will Jia-Han ihm beistehen. In den Waschräumen werden sie Zeuge, wie ein Mitschüler wüst homophob beschimpft und verprügelt wird. Als sie Jia-Han entdecken, wollen sie ihn dazu zwingen, ihr Opfer ebenfalls zu verprügeln. Nur Glück rettet ihn vor der Tat.

Hier setzt sich im Privaten fort, was auch auf staatlicher Ebene praktiziert wird. Als Präsident Chiang Ching-kuo im Januar 1988 stirbt, dürfen alle Schüler nach Taipeh reisen, um seiner zu gedenken. Sie werden Zeuge von einem Angriff auf den LGBT-Aktivisten Chi Chia-wie, der ein Transparent mit der Aufschrift „Ehe ist ein Menschenrecht! Homosexualität ist keine Krankheit!“ trägt. Immer wieder verschränkt der Film so seine Erzählung mit historischen und politischen Meilensteinen, die von allen Seiten in die Privatangelegenheit des potenziellen Paars drängen.

Sie küssen und sie schlagen sich

Birdy und Jia-Han beginnen, einander zu umkreisen. Auf jede Annäherung reagiert das Gegenüber mit Flucht oder Angriff. Sie küssen und sie schlagen sich, wobei selbst die Gewalt immer auch ein Versuch ist, den anderen vor sich selbst zu schützen. Die Repression der Gesellschaft wirkt längst auch durch sie. In ihrer Angst entwickeln sie Strategien, Abstand zu ihrer Amour fou zu gewinnen. Birdy lernt eine Klassenkameradin kennen, die seinen rebellischen Geist teilt. Er gibt sich der Illusion hin, heterosexuell zu sein, und beginnt eine Beziehung. Jia-Han wird von seiner Eifersucht gequält.

Manchmal erinnert der Film in dieser Dynamik an Wong Kar-Wais ähnlich angelegte Liebesgeschichte „Happy Together“ von 1997. Gerade der am Ende als Symbol eingeführte Wasserfall ist eine klare Referenz an Wongs Meisterwerk. Was die Filme verbindet, ist ihr Sinn für das Körperliche und Taktile. Sand auf Haut, vorsichtige Beinahe-Küsse und die Blessuren der Leidenschaft. In beiden Filmen belegt man sich mit Beschimpfungen, die im Kern immer nur die allergrößte Zuneigung meinen. Die Liebe ist nicht einfach schön und sanft, sondern manchmal ein grausam blinder Wahn.

Sind die Dinge im Kino schöner als im echten Leben?

Doch letztlich kann Liu Kuang-Hui nie ganz verheimlichen, dass er bislang vor allem kitschige Romanzen und seichte „Idol Dramas“ für das Fernsehen gedreht hat. Gewiss, einige Szenen sind von großer Schönheit und Eleganz. Einmal flüchten sich die Liebenden in einen leeren Kinosaal. Jia-Han streckt seine Hände ins Licht des Projektors und lässt seinen Schatten über Birdsy Kopf fahren. Er formt sie zur Waffe, zuletzt bilden Daumen und Zeigefinger Lippen und küssen ihn. „Findest du nicht, die Dinge sind in Filmen schöner als im echten Leben?“, fragt Birdy, der davon träumt, Regisseur zu werden. Das Kino als Ort der Sehnsucht, in dem möglich wird, was anderswo nicht sein kann. Der Regisseur als Schattenzauberer, der seine innersten Träume zu Bildern formt. Manchmal kommt das Drama für einen Moment Größen des taiwanesischen Kinos wie Edward Yang nah.

Andererseits missglücken auch einige der melodramatischen Elemente. Die Schreie und die Schläge machen taub für den Moment. Die etwas zu großen Sätze über Liebe und Selbstbestimmung geraten plakativ, wandern von den Transparenten der Demonstranten in die Münder und wirken dort wie Fremdkörper. „Your Name Engraved Herein“ ist über weite Teile recht konventionell erzählt. Es wirkt immer befreiend, wenn die Figuren dem Plot entkommen, um ohne Schuldigkeit gegenüber der Handlung beieinander zu sein. Wenn im letzten Drittel des Films dreißig Jahre vergehen, aber die Zeit nicht wirklich neuen Raum eröffnet, ist das enttäuschend.

Liebe als universelle historische Kraft 

Doch weil in den Schlussbildern Vergangenheit und Gegenwart zusammenfinden, wird auch deutlich, was den Film von einem einfachen Rührstück abhebt. Er verzwergt die Liebe nicht zu etwas zwischen zwei Menschen, sondern begreift sie als universelle historische Kraft. Liu Kuang-Hui schildert individuelle Erfahrungen als Teil eines größeren Kampfes. 

Chang Jia-Han und Wang Po-te begehren, zweifeln und ringen nicht nur um ihretwillen, sondern auch für alle die begehrt, gezweifelt und gerungen haben und alle die begehren, zweifeln und ringen werden. „Your Name Engraved Herein“ mag immer wieder an dramaturgische oder inszenatorische Grenzen stoßen, doch dafür ist der Film von dem Verlangen beseelt, alle Grenzen zu überwinden. Sogar seine eigenen.

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