„We are in Berlin, right?“, meint Maria, als eine Barbekanntschaft, die sie gemeinsam mit ihrem Freund Niels für ein amouröses Abenteuer zu gewinnen hofft, den Rückzug antritt. Die Bemerkung ist banal, aber aufschlussreich, denn sie bedarf keiner weiteren Erklärung. Unmittelbar flirren die Mythen, Versprechen, Klischees und Fantasien, die mit einem zwar begrenzten, aber umso öffentlichkeitswirksameren Ausschnitt der Stadt Berlin verbunden sind, durch die Luft: lange Nächte, frei ausgelebtes Begehren, keine Gedanken ans Morgen, all das irgendwo zwischen Kreuzberg und Neukölln im Sommer.
„Heute oder morgen“, ein ohne Fördergelder entstandenes Filmdebüt von Thomas Moritz Helm, aktiviert zwar die im Genre des „Berlinfilms“ vielfach beschworenen Versprechen, interessiert sich vor allem aber für ihre widersprüchlichen und zerbrechlichen Stellen. Trotz mancher genretypischer Orte wie der Kanal oder der Markt am Maybachufer gilt sein Blick weniger dem Allgemeinen als dem Spezifischen, weniger dem Außen, dem urbanen Panorama, als vielmehr dem Innen, genauer: den intimen, mitunter auch hochintimen Bereichen einer Beziehung.