Kaum ein Genre erfreut sich so großer Beliebtheit wie die sogenannte „Culture-Clash-Komödie“, in deren Zentrum meist interkulturelle Liebesbeziehungen stehen, die ihr familiäres Umfeld durch den Bruch der Tradition herausfordern. Was dabei oft überspitzt und klischeehaft für Komik sorgt, ist eigentlich eine ernste Angelegenheit: unsere Hassliebe zu Stereotypen und die damit verbundenen gesellschaftlichen Konsequenzen wie Diskriminierung und Ausgrenzung, aber auch Exotisierung des kulturell Anderen.
Der Schauspieler Frédéric Chau hat in der überaus erfolgreichen Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ bereits eine der Hauptrollen als chinesischer Schwiegersohn gespielt. Er arbeitete aber auch schon länger an einem Drehbuch, das sich mit der bislang kaum porträtierten chinesischen Community in Frankreich auseinandersetzt. Gemeinsam mit dem Autor Kamel Guemra und dem Regisseur Julien Abraham hat er seine persönlichen Erfahrungen in einen Film einfließen lassen, der zeigt, wie vielfältig Migrationsgeschichten auch abseits der aktuellen Flüchtlingsschicksale aussehen. Gekonnt finden sie eine Balance zwischen unterhaltsamer Slapstick und berührenden, aus dem Leben gegriffenen Momenten.
Alltägliche Diskriminierungen
Chau, der die Hauptrolle spielt, verkörpert mit dem Protagonisten François einen typischen Vertreter der zweiten Generation von Einwanderern: in Frankreich geboren, fühlt er sich beiden Kulturen zugehörig, wenngleich deren Vermittlung schwer fällt. Die Lösung besteht zunächst aus einer Überanpassung an das französische Umfeld, um weitere Diskriminierungen zu vermeiden, wie François sie in der Schule erleben musste.
Trotz bourgeoiser Kleidung und akzentfreier Sprache wird er ironischerweise aber ständig mit seinem asiatischen Aussehen und all den damit assoziierten Stereotypen konfrontiert. Auf einer Party wird er für den Sushi-Lieferanten gehalten, bei Polizeikontrollen für unterbelichtet und unmännlich. Richtig problematisch wird es durch seine Beziehung zu der schönen Bretonin Sophie (Julie De Bona), die ihm offenbart, dass sie ein gemeinsames Kind erwarten. Während Sophie sich über die Exotik eher freut, die in ihr Leben eingekehrt ist und ihr überdies mehr Distanz zur besitzergreifenden Mutter ermöglicht, sieht sich François plötzlich in seine eigene Zeit als Migrantenkind zurückversetzt: Verleugnet man die nichteuropäischen Züge des Neugeborenen oder stellt man sie selbstbewusst aus?
Verlorene Wurzeln
François’ bevorstehende Vaterschaft konfrontiert ihn auch mit dem problematischen Verhältnis zu seinem eigenen Vater, zu dem er vor zehn Jahren den Kontakt abgebrochen hat. Obwohl der Vater ebenfalls in Paris lebt, könnte er kaum weiter entfernt sein; er lebt in der Hochhaussiedlung des 13. Arrondissements, der „China Town“, einer von der Außenwelt fast hermetisch abgetrennten Community.
François wagt sich nur in Begleitung seines Freundes Bruno (Medi Sadoun) in diesen Kosmos, dessen Sprache er nicht mehr spricht und dessen Codes ihm nur noch unterbewusst vertraut sind. Nach dem Tod seiner Mutter war es zum Bruch mit dem Rest der Familie und einer Abkehr von den auf ihn gerichteten Projektionen gekommen. Statt des erwünschten Ingenieurstudiums, das einen sozialen Aufstieg versprach, schlug sich François als Fotograf durch.
Während seine Geschwister und Tanten den verlorenen Sohn mit Freude und Neugier begrüßen, bleibt sein Vater abweisend und stumm. Was zwischen den beiden auf eine Aussöhnung wartet, geht weit über familiäre Differenzen hinaus.
Das Schweigen der Eltern
Auch wenn „Made in China“ hauptsächlich auf situative Komik setzt und einen betont leichten Zugang zu Migrationsthema sucht, steht eine sehr ernsthafte Auseinandersetzung mit der Sprachlosigkeit der ersten Einwanderergeneration im Zentrum, und die Zerrissenheit, die in ihren Kindern entstehen kann. Während sich traditionelle „Culture Clash“-Filme wohl auf die Liebesgeschichte zwischen François und Sophie konzentrieren hätten, steht hier die Beziehung zwischen Vater und Sohn im Vordergrund, also das Verhältnis der Einwanderer zu sich selbst.
Frédéric Chau hat auch das Trauma der Vertreibung durch die Roten Khmer eingebaut, die Chaus eigene Eltern als chinesische Minderheit in Kambodscha erlebten, und die mit dazu führt, dass vieles in der Familie ungesagt bleibt und Brüche sich fortschreiben. Der Anpassungsdruck und die Notwendigkeit zu funktionieren, um im fremden Land zu überleben, kommt dem Schweigen der Eltern entgegen. Die stärksten Momente von „Made in China“ liegen daher in den pointierten Szenen, die François’ innere Konflikte zeigen: zwischen dem Wunsch nach Emanzipation und der Trauer um den Verlust der eigenen Wurzeln, der durch das Trauma des Vaters forciert wird.
Darüber hinaus suchen der Film auch nach Wegen, die Repräsentation der Chinesen in Frankreich humorvoll zu adressieren, indem Stereotype umgedreht werden oder gezeigt wird, wie die Protagonisten Klischees sich auch zum eigenen Vorteil aneignen. Außerdem entwerfen die Nebenrollen eine neue Perspektive auf die interkulturellen Beziehungen: Der maghrebinisch anmutende Bruno und François’ chinesische Jugendfreundin Lisa zeigen, dass gelebte kulturelle Hybridität nicht einfach von der Gesellschaft verordnet werden kann, sondern aus der selbstbewussten und kreativen Auseinandersetzung mit den vielfältigen Wurzeln entsteht.