Was tun, wenn sich in naher Zukunft die Staatengemeinschaft selbst zugrunde gerichtet hat? Wenn Frankreich der Verlockung erlegen ist, all seine Schulden von den größten Pharmafirmen des Landes übernehmen zu lassen?! Wenn sich einmal mehr bewahrheitet, dass im Kapitalismus nie etwas ohne Gegenleistungen geschieht und de facto die Gläubiger nun das Sagen im Land haben? Im Jahr 2035 gehört einer wie Reda (Ola Rapace) zu den Ausgemusterten: Der Kriegsveteran hat nichts und niemanden außer seiner Schwester, seiner Nichte – und seinem Körper. Doch als Kampfmaschine ist er nicht mehr der Jüngste, was es schwierig für ihn macht, im Lieblingssport der Massen mitzuhalten und sich zumindest ein kärgliches Auskommen zu sichern: moderne Gladiatorenkämpfe im Ring fungieren als Opium fürs Volk. Für die Drogen der Pharmafirmen sind die Kämpfer wertvolle Werbeträger. Doch das neue Wundermittel HFX des Marktführers Donevia hat bislang noch tödliche Nebenwirkungen. Einzig Reda, der sich im Ring nach dem griechischen Kriegsgott Arès nennt, überlebt eine erste Textphase und wird darüber zum neuen Star des Cage Fighting-Zirkus. Um die, an denen ihm noch etwas liegt, in Sicherheit zu wissen, braucht er allerdings noch weit mehr Geld, als er mit den kargen Siegprämien erwirtschaften kann; zumal das Mittel seiner ohnehin schon malträtierten Gesundheit auf absehbare Zeit den Rest geben wird. Es bleibt nur eine Chance, nämlich die Gewinnmaximierer bei Donevia mit den eigenen korrupten Mitteln zu schlagen. Die grimmige Dystopie, die Autor und Regisseur Jean-Patrick Benes hier entwirft, ist gar nicht mal so abwegig, wie man zunächst glauben mag. Angesichts der politischen Macht, die Krankenkassen und Pharmakonsortien bereits haben, angesichts des mehr oder minder im Verborgenen praktizierten Staatsdopings in einigen Ländern und angesichts des überhöhten Stellenwertes des Sports in unserer Gesellschaft ist es nur ein kleiner Schritt hin zum Modell „Überleben“, so wie es sich der Regiedebütant in „Arès“ erdenkt. Als Plattform hat sich der Franzose naheliegender Weise nicht das Psychodrama, sondern das Kampffilm-Genre gewählt, was beweist, dass die eher als stumpfsinnig verschriene Gattung des Unterhaltungsfilms durchaus auch niveauvoll daherkommen kann. Das Gelingen dieses Unterfangens ist zum großen Teil dem Hauptdarsteller Ola Rapace zu verdanken: Der 46-jährige Schwede schafft es überzeugend, die abgewrackte, von Drogen und dem ständigen Ringen um ein menschenwürdiges Leben förmlich zerfressene Figur des Veteranen zu verkörpern. Zwar werden dem Cagefighter-Thema als solches keine neuen Facetten abgewonnen – diesbezüglich bleibt das holländische Action-Drama „Temmink“ (1998) immer noch ein rarer eindrücklicher Solitär -, dennoch findet man hier genug Subplots, die Kopf und Emotion gleichermaßen fordern. Zwar machen die futuristischen, monochrom ausgeleuchteten Häuserschluchten in chronisch versmogter Wetterlage „Arès“ nicht gleich zum zweiten „Blade Runner“; doch zeigt die Dystopie eindrucksvoll, dass man auch mit wenig Geld und einigen Visionen sehenswertes, cleveres Actionkino präsentieren kann. Darin haben die Franzosen nicht erst seit „Nikita“ Tradition!