Dokumentarfilm über Tournee-Vorbereitungen der Rock-Band Silly, die in der DDR mit der damaligen Sängerin Tamara Danz große Erfolge feierte. Zehn Jahre nach deren Tod stieß die Schauspielerin Anna Loos als Leadsängerin zur Band, um die sich der Film vorrangig dreht. Findet schon die spannende Vorgeschichte der „Ost-Band“, die ihre Kritik unter den Argusaugen der DDR-Behörden unterschwellig ans Publikum zu bringen versuchte, wenig Raum, kommen auch die in die Gegenwart überführten Songs erst spät zu Gehör. Abseits der für Fans durchaus interessanten Tour-Einblicke und dem sympathischen Plädoyer des künstlerischen Durchhaltens findet sich nur wenig Aufschlussreiches.
- Ab 14.
Silly - Frei von Angst
Musikdokumentation | Deutschland 2017 | 114 Minuten
Regie: Sven Halfar
Kommentieren
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2017
- Produktionsfirma
- Arsenal
- Regie
- Sven Halfar
- Buch
- Peter Henning
- Kamera
- Sven Halfar · Martin Langner
- Schnitt
- Eva Kohlweyer
- Länge
- 114 Minuten
- Kinostart
- 16.11.2017
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Musikdokumentation
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Wenig aufschlussreiches Porträt der Rock-Band Silly
Diskussion
Silly war mehr als ein NDW-Pendant, dessen Name der Katze von Tamara Danz entlehnt werden musste, weil Anglizismen von den DDR-Behörden wenig goutiert wurden. Silly lebte von der Präsenz seiner Leadsängerin Danz – einer Heldin der DDR-Rock-Szene, deren Haare immer etwas länger und etwas höher toupiert waren als die ihrer männlichen Bandkollegen. Annähernd 40 Jahre ist es her, seit die Band 1978 von Thomas Fritzsching und Mathias Schramm in Ost-Berlin gegründet wurde. Zeit genug, um aus einer Gruppe, die sich immer wieder neu aufstellte, einen Monolithen zu machen: von Legenden umrankt, unmöglich, an ihn heranzureichen oder ihn einfach abzureißen. Gar nicht „einfältig“ griff Silly die Lebensumstände in der DDR in kleinen verdeckten Andeutungen auf, die sie an der Zensurbehörde vorbeischmuggeln konnten, weil diese sich auf andere, absichtlich eingebaute Text-Stellen stürzte. Von der erodierenden Bedeutung dieser wichtigen „Ost-Band“ erfährt man in Sven Halfars Dokumentation allerdings wenig.
„Silly – Frei von Angst“ ist ganz auf Anna Loos konzentriert, die 2006 zur Band hinzustieß. Zehn Jahre lag da der Krebstod von Tamara Danz (1952-1996) zurück, der die Band in Schockstarre verfallen ließ. Loos nahm ein mit hohen Erwartungen beladenes Erbe an. Daran lässt die gleichsam wie Danz mit blonder Mähne auftretende Schauspielerin keinen Zweifel. Wie führt man eine Band, ohne deren Geist zu verraten, in ein neues Zeitalter über? Zumal die Missstände der DDR als Basis der kritischen Texte schon lange hinter einem liegen, die skeptischen Fans von damals aber an vorderster Front in den Konzertsälen stehen. Nur kurz reden Ritchie Barton und Uwe Hassbecker davon, wie die Texte damals zwar kritisch, aber nie zu kritisch sein durften, um der Zensur zu entgehen. Wie sie es nicht über sich brachten, dieses Land und damit ihre Liebsten zurückzulassen. Und wie ihre gleichzeitige Liebe zu Tamara fast die Band zerrissen hätte. Einmal gesteht Hassbecker, wie ihn die Wandfarbe eines Flurs an die damaligen Tourneen durch Russlands trostlose Niemandsstädte erinnern würde. Jetzt hingegen schläft man im Luxus-Dreamliner, dessen Klimaanlage für so manche Erkältung verantwortlich gemacht wird – und relativ schnell Anna Loos’ Individualreisen-SUV weichen muss. Bis auf die kleinen, chronologisch springenden Anspielungen auf die Bandhistorie dreht sich Halfars Dokumentation um die Vorbereitungen der „Wutfänger“-Tour 2016. Knorkator proben nebenan. Später trifft die Band beim Leipzig-Auftritt auf Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel, der Sillys Bedeutung hervorhebt, wenn es Band und Film schon nicht vermögen.
„Silly – Frei von Angst“ ist als Film ungefähr so wegweisend wie die Musik der Rock-Band, die musikalisch lieber auf Altbewährtes setzt, das im Film zu lange nur bruchstückhaft zu Gehör kommt. Später gibt es Konzert-Auftritte vor mittelaltem Publikum, in das sich ein paar junge Gesichter mischen. Manche Besucher haben die Arme verschränkt, manche singen lauthals mit – irgendwo zwischen Skepsis und Nostalgie, Folklore- und Rock-Attitüde, die die Musiker an den Tag zu legen versuchen. Richtig nachvollziehen lässt sich die Faszination an Silly dadurch nicht. Dafür ist die Dokumentation zu stark darauf ausgelegt, möglichst viele, möglichst „private“ Backstage-Bilder einzufangen, während Archivaufnahmen völlig fehlen. Für Nicht-Fans ist das wenig mitreißend und bleibt nichtssagend. Man hätte sich gewünscht, dass Halfar stärker herausgearbeitet hätte, wie sich das damals für die Künstler in der DDR angefühlt hat, unter Zensur und Isolation, während im Ausland Rock-Geschichte geschrieben wurde. Wen traf man, wie war die Kommunikation, worin äußerte sich das Interesse des Westens? Stattdessen konzentriert sich der Film auf Loos, wie sie ihren „Blick auf die Welt“ durchaus geschickt in die Stücke verpackt und einen Songwriter ablehnt, „auch wenn das dann mal etwas holpriger klingt“.
Etwas analytische Eigeninitiative hätte man dem Film auch gewünscht; so vermittelt sich von der Band nicht viel mehr als ein Plädoyer des Durchhaltens, als ein diffuses Beleidigtsein und das Sich-Abarbeiten an kleinen Eitelkeiten und Erkältungen, die ohne erweiterten Kontext aber keinen interessieren.
Kommentar verfassen