In den homoerotischen Zeichnungen von Touko Laaksonen, der besser bekannt ist unter dem Namen Tom Of Finland, spannt und wächst und schwillt es. Die Bilder zeigen supermuskulöse Männer (oder vielmehr: Typen) in knallengen Hosen und knappen Feinrippunterhemden, die im Blick auf deren Körperbau wenig der Fantasie überlassen. Diese Hypermänner sitzen auf dicken Motorrädern, sie verschlingen sich mit den Blicken, fassen sich in den Schritt, treiben es zu zweit, zu dritt, zu vielen. Posen und Ikonografie (Uniformen, Leder, Militärmützen, Lackstiefel, Peitschen) zelebrieren einen fetischisierten Blick auf Macht und Herrschaft, wobei das Männlichkeitsbild, in Opposition zum androgyn-feminisierten Mann, erst recht durch die Form hemmungsloser Übertreibung schillert. In den 1950er-Jahren fanden die Arbeiten von Tom Of Finland in der schwulen Subkultur eine begeisterte Anhängerschaft, Jahrzehnte später folgte das Interesse von Museen und Galerien. Seitdem Laaksonens Illustrationen in Form von XXL-Coffee-Table-Büchern verbreitet wurden (einer seiner Biker ziert sogar eine finnische Briefmarke), zählt Tom Of Finland auch außerhalb der Schwulenszene zum popkulturellen Wissen.
Der Dokumentarfilm „Tom Of Finland“ erzählt vom Leben hinter der ikonischen Schauseite. Der Film setzt während des Zweiten Weltkriegs ein; als Lieutenant machte Touko Laaksonen erste Erfahrungen beim Cruising, häufig mit anderen Soldaten. Nach dem Krieg begann er im Verborgenen homoerotische Szenen zu zeichnen. Im repressiven, homophoben Nachkriegsklima galt der Handel mit dieser Art von Bildern, zunächst noch unter dem Ladentisch, als Straftat; der Sex mit Männern sowieso. Laaksonen lebte in ständiger Gefahr, verhaftet zu werden.
Der Film belegt die Produktion der Zeichnungen vor allem mit einem psychologischen Motiv: der Bewältigung von Kriegstraumata und polizeilicher Verfolgung. Dagegen findet die pure Geilheit nach starken Männerkörpern in militärischen Uniformen keinen Ausdruck (Laaksonen traf in den nächtlichen Straßen auch deutsche Wehrmachtsoldaten zum Sex). Diese erstaunliche Entsexualisierung zieht sich durch den gesamten Film, egal, ob Laaksonen Sex-Partys besucht oder von der hedonistischen Gruppe um Bob Mizer euphorisch aufgenommen wird; Mizers Magazin „Physique Pictorial“, das unter dem Vorwand des Bodybuilding die amerikanische Massenkultur mit homoerotischen Männerbildern überflutete, entwickelte sich für Laaksonen zum wichtigsten Medium). Schwule Erotika, Populärkultur, Bodybuilding- und Lederszene beeinflussen sich gegenseitig – Tom Of Finland fungierte gewissermaßen als Teilchenbeschleuniger. Als die Aids-Krise ausbricht, wird der Künstler von reaktionären Kräften als „Anstifter“ von Promiskuität und „Verschwulung“ mitverantwortlich gemacht.
Die gesellschaftlichen Prozesse werden im Film eher knapp abgehandelt. Mehr Raum erhält die Schilderung privater und romantischer Verhältnisse wie Laaksonens Beziehung zu seiner Schwester und zum langjährigen Lebensgefährten, einem fragilen Tänzer. Von dem exzessiven Begehren, das in den Zeichnungen Tom Of Finlands erzählt, verarbeitet und gefeiert wird, ist in dem von Dome Karukoski inszenierten Film indes kaum etwas zu spüren. Keuscher und anti-expliziter hätte man ein Biopic über Tom Of Finland wohl kaum inszenieren können. Schade ist auch, dass sich die Regie nicht für das künstlerische Material interessiert. Wann immer eine der Zeichnungen ins Bild kommt, ist sie auch schon wieder verschwunden; so als könnte man zu viel davon sehen.