In der Exposition schließt sich die Kamera einem kleinen Trupp Soldaten an, der in den Wäldern eine Affenkolonie attackieren will, was ein wenig an Vietnam-Kriegsfilme erinnert. Man fühlt die Anspannung der Soldaten, die in das unübersichtliche Gelände eindringen und einem Gegner entgegengehen, der wesentlich besser ans Terrain angepasst ist. Doch haben diese Männer Mitleid verdient? „Planet der Affen: Survival“ scheint eher jenes „Damn you all to hell!“ nahezulegen, mit dem Charlton Heston 1967 im allerersten „Planet der Affen“-Film die Menschheit verfluchte. Noch während es zum ersten gewaltsamen Zusammenstoß der Spezies kommt, wechselt der Film die Seiten und hält fortan konsequent zu den Affen. In „Planet der Affen: Prevolution“ und „Planet der Affen: Revolution“ schien ein friedliches Zusammenleben von Menschen und Affen noch möglich, doch der neue Teil ist ein bitterer Abgesang auf den Homo sapiens, der seinen Verstand nur nutzt, um, frei nach Goethes „Faust“, tierischer als jedes Tier zu sein. Ebenso faszinierend wie furchteinflößend verkörpert Woody Harrelson dieses Destruktionspotenzial der Menschheit. Als martialischer „Colonel“ hat er Kämpfer um sich geschart und Affen versklavt, um ohne Rücksicht den Anspruch zu verteidigen, die „Krone der Schöpfung“ zu sein. In einem brutalen Coup gelingt es ihm, das Heim der intelligenten Affen um ihren Anführer Caesar zu überfallen, viele zu töten und die Affen zur Flucht und zur Suche nach einem neuen Lebensraum zu zwingen. Caesar setzt sich mit einigen Vertrauten vom Tross ab, um seinerseits zum Angriff überzugehen: Während er im Vorgängerfilm noch für Vergebung und Verständigung plädierte, schwenkt er nun selbst auf den Rachekurs ein – mit üblen Konsequenzen.
Düstere Farbtöne, winterliche Landschaften, schließlich der Schmutz und Stacheldraht eines Gefangenenlagers: Die Räume in Matt Reeves’ Film sind so kalt und mitleidlos wie die Menschen, die Caesar und seinen Artgenossen die Hölle auf Erden bereiten. Umso berührender erscheint in dieser dystopischen Welt die warmherzige Beziehung der Affen untereinander: Immer wieder nimmt sich der Film Zeit, die zärtliche Fürsorge der Affen für ihre Familienmitglieder und Freunde ins Bild zu setzen, was neben der hervorragenden Motion-Capture-Gestaltung dafür sorgt, dass man sich emotional an die haarigen Helden bindet. Den Menschen dagegen scheint ein solch „menschlicher“ Umgang untereinander völlig abhandengekommen zu sein – mit Ausnahme eines stummen Mädchens, das zu Caesar und seinen Freunden stößt und von den Affen nach einigem Zögern adoptiert wird. Doch ist die Kleine überhaupt ein „richtiger“ Mensch? Der Colonel würde das bestreiten: Das Virus, das in „Planet der Affen: Prevolution“ die Menschheit dezimierte, sorgt in mutierter Gestalt dafür, dass Infizierte die Fähigkeit zur Sprache verlieren. Der Colonel kann darin nur eine Regredierung zum Tier erkennen, der durch brutale Dezimierung aller Kranken Einhalt geboten werden muss.
Matt Reeves, der auch schon „Planet der Affen: Revolution“ (fd 42495) inszeniert hatte, legt einmal mehr einen ungemein spannenden Effektfilm vor, dem trotz aller Lust am Spektakel die Fragen nach dem Wesen des Menschen und seinem Verhältnis zum Rest der Schöpfung nicht aus dem Blick geraten. So pessimistisch und düster der Film dabei auch ist, findet er doch vor allem in der zweiten Hälfte, u.a. mittels biblisch grundierter Motive, zu so etwas wie einer Erlösungsperspektive. Während die Menschen fern jeder Einsicht bleiben, wachsen die Affen gerade in der schlimmsten Drangsal über sich hinaus; der von Andy Serkis bravourös verkörperte Caesar wird gar zum christushaften „Schmerzensmann“ und Primaten-Moses stilisiert, der die Affen (inklusive ihres kleinen menschlichen Schützlings) wie ein neues „auserwähltes Volk“ ins gelobte Land führen soll. Wenn der Film ganz am Ende einen Bogen zum Original von 1968 schlägt, deutet er, was einst als Tragödie erschien, zur Hoffnung um.