Als Arthur (Matthew McConaughey) sein Auto verlässt, schließt er nicht ab und lässt Parkticket und Schlüssel im Wagen liegen. Am Schalter im Flughafen checkt er für einen Flug nach Tokio ein, ein Rückflugticket hat er nicht, Gepäck auch nicht. Arthur will nicht zurückkehren, sein versteinerter Gesichtsausdruck verrät, dass es nicht Abenteuerlust oder Aufbruchsstimmung sind, die ihn nach Japan führen. An seinem Ziel angekommen, lässt er sich von einem Taxi zum Aokigahara-Wald chauffieren: an einen Ort, der als »Selbstmord-Wald« seit den 1960er-Jahren immer wieder Lebensmüde angezogen hat. Auf seinen Weg hinein ins Dickicht nimmt Arthur nur eine Wasserflasche und ein Döschen Tabletten mit.
Dem westlichen Publikum ist dieser besondere Ort spätestens seit dem Horrorfilm »The Forest« bekannt, der die sich um den Wald rankenden Spuklegenden aufgreift. Gus Van Sant macht ihn nun zum Schauplatz einer Mischung aus Melodram und Survival-Abenteuer: Kurz bevor Arthur seinen Plan, sich das Leben zu nehmen, umsetzen kann, stolpert ihm ein anderer, entkräfteter Selbstmordkandidat über den Weg: Takumi Nakamura (Ken Watanabe) wollte wegen einer Degradierung im Job nicht mehr leben, hat es sich dann aber anders überlegt – und sich beim Versuch, den Aokigahara wieder zu verlassen, hoffnungslos verirrt. Arthur will dem Japaner helfen, kann sich aber auch nicht besser orientieren, und so gerät die Suche nach einem Weg aus dem Wald zum qualvollen Überlebenskampf.
Man muss kein Genie sein, um sich denken zu können, auf was der Film hinausläuft: Der Kampf mit den Unbillen der Natur und die Annäherung der beiden Männer mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen hilft Arthur, sich selbst und die Gründe, die ihn in den Selbstmord trieben (die nach und nach in langen Rückblenden erzählt werden), in neuem Licht zu sehen. Die Vorhersehbarkeit ist nicht das zentrale Problem, an dem der Film krankt, es ist vielmehr die Penetranz, mit der die Inszenierung ihr Selbstmord-Thema in kitschige Gefühligkeit und vages Spiritualitätsraunen auflöst. In der ersten Szene hofft man noch, das heitere Wohlfühl-Gedudel, mit dem die Filmmusik die eigentlich von Bitternis und Verzweiflung erzählende Sequenz von Arthurs Aufbruch nach Japan komplett neutralisiert, könne ein Ausrutscher sein. Dann aber erweisen sich derlei Neutralisierungen des an sich fesselnden, morbiden Szenarios als Inszenierungsprinzip, an dem Van Sant bis zum im wahren Wortsinn blumigen Ende festhält.
Die in Rückblenden geschilderte tragische Ehe-Geschichte, mit der Arthurs Todeswunsch nach und nach begründet wird, hat zwar dank der famosen Darsteller Matthew McConaughey und Naomi Watts einige intensive Szenen, verzettelt sich aber dann in Over-the-top-Schicksalhaftigkeit und wirkt durch die simplen Kausalzusammenhänge, mit denen sie Arthurs Verfassung wegerklärt, arg vereinfachend. Zudem verwässert sie dramaturgisch dadurch, dass sie die Haupthandlung immer wieder ausbremst, die Irrwanderung der Männer durch den unheimlichen Wald, sodass nur in wenigen Sequenzen etwas von jener Kraft aufscheint, die Van Sants Survival-Abenteuer »Gerry« hatte. Zwar heben McConaughey und Watanabe durch ihr eindringliches Spiel einige der Dialog-Flachheiten, wenn ein Konflikt zwischen shintoistisch geprägtem Naturverständnis und westlichem Wissenschaftsglauben oberflächlich angekratzt wird, auf ein erträgliches Niveau – ein guter Film wird daraus aber nicht.