Drama | Deutschland/Frankreich/Mexiko/USA 2016 | 118 Minuten

Regie: Rafi Pitts

Einem mexikanischen Jugendlichen gelingt nach etlichen gescheiterten Versuchen die Flucht in die USA. In Los Angeles hofft er auf die Hilfe seines Bruders, der in einer protzigen Villa wohnt, doch sein Traum von besseren Leben zerplatzt. Um eine Greencard zu erhalten, meldet er sich für zwei Jahre zum Militärdienst und findet sich unversehens im Afghanistan-Krieg wieder. Die episodenhafte Mischung aus Drama, Satire und Kriegsfilm rückt das Glücksbegehren eines Migranten ins Zentrum. Die thematische und stilistische Unterschiedlichkeit der drei Episoden macht den besonderen Reiz des ebenso humorvollen wie brisanten Films aus. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SOY NERO
Produktionsland
Deutschland/Frankreich/Mexiko/USA
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Twenty Twenty Vision/Senorita Films/Pimienta Films/Pallas Film
Regie
Rafi Pitts
Buch
Razvan Radulescu · Rafi Pitts
Kamera
Christos Karamanis
Musik
Rhys Chatham
Schnitt
Danielle Anezin
Darsteller
Johnny Ortiz (Nero Maldonado) · Rory Cochrane (Sgt. McLoud) · Aml Ameen (Pvt. Bronx) · Darrell Britt-Gibson (Pvt. Compton) · Michael Harney (Seymour)
Länge
118 Minuten
Kinostart
10.11.2016
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Drama um einen Mexikaner, der als US-Soldat in Afghanistan landet

Diskussion
Dieser Szene haftet eine geradezu absurde Symbolkräftigkeit an: An der Grenze zwischen Mexiko und den USA spielen Jugendliche aus beiden Länder Volleyball, der Grenzzaun dient ihnen als Netz, das überwunden werden muss, wenn man punkten will. Punkte, die man nur auf der anderen Seite erreichen kann. Nero war schon mal in den USA, doch mit 18 Jahren wurde er wieder ausgewiesen. Nun will er dorthin zurück, zu seinem älteren Bruder Jesus. Die Routine, mit der er in dieser Nacht die Grenze überwindet, deutet daraufhin, dass er es nicht zum ersten Mal tut: Nero will unbedingt amerikanischer Staatsbürger werden; diesem Traum ordnet er alles unter. Die Spur von Jesus führt ihn nach Los Angeles, in eine protzige, bizarr möblierte Villa mit Pool und Zweitgarage. Eine junge Frau im Bikini bittet ihn höflich hinein, er solle sich wie zu Hause fühlen. Die Mischung aus Jovialität und Nervosität, mit der Jesus den Jungen empfängt, verheißt jedoch nichts Gutes. Prompt ist der Traum von Wohlstand, Aufstieg und Erfolg am nächsten Morgen geplatzt. Plötzlich findet sich Nero in der Wüste von Afghanistan wieder, mit einem Maschinengewehr in der Hand. Um eine Greencard zu bekommen, hat sich der junge Mexikaner für zwei Jahre als Soldat verpflichtet. „Dream Act“ heißt dieses Verfahren, das minderjährigen Migranten für eine Gegenleistung die amerikanische Staatsbürgerschaft sichern soll. Ein ironiegetränkter Begriff, der – ausgedacht von Bürokraten – das falsche Versprechen schon in sich trägt: Nero kämpft ums nackte Überleben. Flucht, Idylle, Krieg: Der aus dem Iran stammende Regisseur Rafi Pitts hat „Soy Nero“ in drei thematisch und stilistisch höchst unterschiedliche, aber gleichgewichtige Episoden unterteilt, die den Zuschauer zwingen, sich umzustellen und anzupassen. Der Film beginnt wie ein Drama, es geht um Flucht und Migration, um den Wunsch, woanders ein besseres Leben zu führen, um die Bemühungen der USA, sich vor dieser Zuwanderung abzuschotten. Insbesondere durch die Äußerungen Donald Trumps, zwischen Amerika und Mexiko eine Mauer hochziehen zu wollen, ist dieses Thema ebenso brisant wie allgemeingültig, zieht man die Flüchtlingsdebatte in Deutschland und Europa hinzu. Die mittlere Episode schlägt einen satirischen Ton an, als sei man in eine Persiflage auf den „American Dream“ geraten. In der weitläufigen Villa ist alles ein wenig zu pompös, zu geschmacklos, zu abwegig. Irgendetwas stimmt hier nicht, doch als sich die unterschwellige Spannung endlich löst, ist die Episode auch schon vorbei. Mit einem Mal befindet sich der Film im Fahrwasser von Kathryn Bigelows „Tödliches Kommando“ (fd 39 425). Selbstmordattentäter und unsichtbare Gegner verdeutlichen die Absurdität des Krieges, der mit Nero und seinen Sehnsüchten nichts zu tun hat: Dies ist nicht sein Krieg. Für den Traum von einem besseren Leben muss er sich wie Kanonenfutter missbrauchen lassen. Die Unterschiedlichkeit der Episoden macht ihren Reiz aus, zumal sich immer wieder kleine Gemeinsamkeiten ausmachen lassen. Pitts’ Sinn für eigenwilligen Humor zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. Wenn Nero in der afghanischen Wüste unter dem Namen seines Bruders Jesus auf einen arabischstämmigen US-Soldaten namens Mohamed trifft, kann man das platt finden, aber es ist auch komisch. Natürlich ist Amerika nicht das Land, wo Milch und Honig fließen. Es gibt gleichgültige Grenzbeamte, neurotische Familienväter, rassistische Polizisten, entfremdete Soldaten und größenwahnsinnige Popmusiker. Ist dies wirklich das Land, in dem Nero leben möchte? Ein Zweifel bleibt.
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