Krankhafte Eifersucht als Leitfaden eines Beziehungsdramas zu wählen, blockiert nach den jüngsten Beispielen der Gattung wie Jan Bonnys Ehedrama „Gegenüber“
(fd 38 374) oder Abdellatif Kechiches lesbischer Varianter „Blau ist eine warme Farbe“
(fd 42 108) nicht gerade den Aussteigerreflex, zumal es im Spielfilmdebüt von Jonas Rothlaender ganz konventionell der Mann ist, der die Geliebte mit seinen manischen Unterstellungen terrorisiert. Aber natürlich ist der 34-jährige Absolvent der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) schlau genug, um seine erotische Passionsgeschichte von hinten aufzuziehen. Zunächst deutet nichts auf eine aus dem Ruder laufende Liebeschemie. Ein junger Arzt erlebt in der Notaufnahme, wie ihm eine gleichaltrige Patientin mit einem Hirntrauma unter den Händen wegstirbt. Die Frau erinnert ihn an seine Ex-Freundin Doro, die inzwischen in Lissabon in einem Architektenbüro arbeitet. Nach dem traumatischen Erlebnis scheint Fabian nichts mehr in Berlin zu halten. Er bricht nach Portugal auf, um die gescheiterte Beziehung wieder aufzufrischen, obwohl er vor Ort feststellen muss, dass es der Ex an Verehrern nicht mangelt. Oder bildet er sich die Konkurrenten nur ein?
Rothlaender zieht bis zum Schluss keine klare Grenze zwischen der Wahnwelt und dem wirklichen Geschehen. Die beiden Ebenen greifen ineinander und lassen keinen Zweifel daran, dass es an dem Zuschauer liegt, das Puzzle aus glücklichen Zweisamkeitsmomenten, bedrückenden Vorahnungen und grausamen Verratsgesten zu lösen. Dabei tut Fabian alles, um Boden unter die Füße zu bekommen. Er besucht einen Sprachkurs, besorgt sich eine Wohnung und einen Job, der zwar nicht seinen Fähigkeiten entspricht, aber immerhin einen geregelten Tagesablauf garantiert. Doro gibt seinem Werben nach, und auch ihr Freundeskreis kommt dem scheinbar unkomplizierten und höflichen Deutschen entgegen.
Dann aber häufen sich die Anzeichen, dass Fabians Emotionen erneut entgleiten. Doro registriert beinahe überempfindlich jede Abweichung. Es dämmert ihr allmählich, dass sie ein zweites Mal in die Falle eines auf Schritt und Tritt Gefahr witternden Partners gegangen ist. Der zärtlich mitfühlende Neuanfang des Paars verwandelt sich in eine selbstgemachte Hölle, in der Doro zunehmend der Part der promisken Lügnerin zufällt. Der von Verlustängsten getriebene Fabian stellt ihr heimlich nach, kontrolliert ihr Handy und malt sich ihre Rendezvous detailliert aus, was dem allmählich auf der Stelle tretenden Plot zu expliziten Sexszenen verhilft. Selbst vor Gewalt schreckt er irgendwann nicht mehr zurück. Mal hält er Doro beim gemeinsamen Schwimmen viel zu lang unter Wasser, mal randaliert er in einer Disco, nachdem er sie mit ihrem neuen Freund beim Oral-Sex erwischt.
Was tatsächlich geschieht und wieviel Fabian von den scheinbar in Erfüllung gehenden Prophezeiungen in seine verzweifelte Situation hineinimaginiert, ist da längst nicht mehr von Belang. Der Totalschaden, den die Inszenierung mit atmosphärischen Momenten einer entfesselten See bildgewaltig immer wieder ankündigt, ist vorprogrammiert. Dass man dennoch dabei bleibt, verdankt sich den brillanten Schauspielern Golo Euler und Luise Heyer, die mit Haut und Haaren in ihren Rollen aufgehen, einer die Stimmungen intensivierenden Tonspur und einer realitätsnahen, mit gelegentlichen Schlenkern ins Unheimlich-Albtraumhafte garnierten Inszenierung. Das Gesamtpaket ist für einen Debütfilm beachtlich, auch wenn die aus allen Kneipen und Cafés tönende Fado-Musik überdeutlich die portugiesische Schicksalsergebenheit zitiert und Fabians psychische Abweichung im Finale eine weltuntergangstaugliche Naturkatastrophe in der Tradition des berühmten Erdbebens von Lissabon 1755 provoziert. Und dennoch: So viel südländische Leidenschaft, implantiert in die nüchterne Bildästhetik der Berliner Schule, macht jede Überdosis Seelenpornografie wieder wett.