Eine Gruppe von Redakteuren und Fernsehjournalisten um Milton Fruchtman und Leo Hurwitz wagte sich im Jahr 1961 an die Mammutaufgabe, den in Jerusalem angestrengten Prozess gegen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann weltweit im Fernsehen zu übertragen. Auch wenn diese medienhistorisch bedeutsame Episode aus der US-amerikanischen Fernsehgeschichte nicht uneingeschränkt überzeugend fiktionalisiert wurde, vermittelt das gut gespielte (Fernseh-)Drama doch einen interessanten Einblick in die Friktionen, die das Team während der Aktion auszustehen hatte.
- Ab 16.
Der Fall Eichmann - Der Prozess des Jahrhunderts
Drama | Großbritannien 2015 | 92 Minuten
Regie: Paul Andrew Williams
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Filmdaten
- Originaltitel
- THE EICHMANN SHOW
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 2015
- Produktionsfirma
- Feelgood Fiction/BBC
- Regie
- Paul Andrew Williams
- Buch
- Simon Block
- Kamera
- Carlos Catalan
- Musik
- Laura Rossi
- Schnitt
- James Taylor
- Darsteller
- Martin Freeman (Milton Fruchtman) · Anthony LaPaglia (Leo Hurwitz) · Rebecca Front (Mrs. Landau) · Andy Nyman (David Landor) · Nicholas Woodeson (Yaakov Jonilowicz)
- Länge
- 92 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama
Heimkino
Deutsche Filme wie »Im Labyrinth des Schweigens« und »Der Staat gegen Fritz Bauer« haben in letzter Zeit die Aufmerksamkeit auf die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen gelenkt. Passend dazu bringt Koch Media eine BBC-Produktion aus dem Jahre 2014 heraus, die das Gerichtsverfahren gegen Adolf Eichmann, der die Ermordung von sechs Millionen Juden organisiert hat, in den Blick nimmt.
Diskussion
Deutsche Filme wie »Im Labyrinth des Schweigens« und »Der Staat gegen Fritz Bauer« haben in letzter Zeit die Aufmerksamkeit auf die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen gelenkt. Passend dazu bringt Koch Media eine BBC-Produktion aus dem Jahre 2014 heraus, die das Gerichtsverfahren gegen Adolf Eichmann, der die Ermordung von sechs Millionen Juden organisiert hat, in den Blick nimmt. Ein zäher Filmstoff, könnte man meinen, auch wenn diese Gerichtsverhandlung und Eichmanns Verhalten in die Geschichte eingegangen sind und Hannah Arendts denkwürdige Aussage von der »Banalität des Bösen« nach sich zog. Nichtsdestotrotz ist ein sehr guter Film dabei herausgekommen. Und das hat wesentlich damit zu tun, dass es nicht nur um den Eichmann-Prozess geht, sondern um dessen Fernsehaufzeichnung. Paul Andrew Williams gelingt es mit seinem Doku-Drama auf geschickte und unspektakuläre Weise, auch über das Fernsehen, seine Ästhetik und seine Wirkung zu erzählen. Der deutsche Titel übergeht leider dieses wesentliche Charakteristikum des Films. Die Protagonisten des Films sind der Produzent Milton Fruchtman (Martin Freeman) und der Regisseur Leo Hurwitz (Anthony LaPaglia), die beide aus den Vereinigten Staaten kamen, um in Kooperation mit der israelischen Regierung den Prozess und damit zum ersten Mal die planmäßige Tötung der europäischen Juden mit dem Medium Fernsehen weltweit in das öffentliche Bewusstsein zu rufen. Gezeigt wird ein beschwerlicher Weg: die Richter müssen überzeugt werden, dass die Kameras nicht stören; Fruchtman erhält Morddrohungen; das Zuschauerinteresse ebbt nach wenigen Tagen ab. Was der Film bestens herausarbeitet, ist die sich bis zur Obsession steigernde Gewissheit von Leo Hurwitz, dass Eichmann irgendwann zusammenbrechen müsse und dass er mit seiner Regie genau diesen Moment einfangen könne. Dies führt zum Konflikt mit Fruchtman, als der Zusammenbruch eines Zeugen verpasst wird. In einem Streitgespräch der beiden wird deutlich, was bis heute eine Tatsache des Fernsehens ist: die Aufzeichnung des Prozesses ist letztlich eine Fernsehshow, die Zuschauer erreichen muss, weil sie sonst abgesetzt wird. Zudem verliert Hurwitz (wortwörtlich) aus den Augen, dass die für die Live-Regie charakteristische Arbeit mit mehreren Kameras jedem Monitor und jedem Bild Aufmerksamkeit zukommen lassen muss. Er konzentriert sich so sehr auf den Monitor, der das auf Eichmann gerichtete Kamerabild wiedergibt, in Erwartung des magischen Moments, dass er seinen Job nicht mehr richtig macht. Auf einer weiteren Ebene reflektiert Paul Andrew Williams zudem seine eigene Arbeit. Denn auch er muss ganz ähnliche Entscheidungen treffen: Welches neu inszenierte Bild und welches Archivbild vom Prozess blendet er wann ein? Wann zeigt er den echten Eichmann, wann den nachgestellten? Wie gestaltet er den Wechsel zwischen Gerichtssaal und Regie-Raum? Wann zeigt er wessen Reaktion auf die schrecklichen Berichte der Zeugen und wie lange? Williams’ Doku-Drama ist somit ein packender Film über den Eichmann-Prozess und zugleich ein Lehrfilm über die Fernsehregie.
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