No Escape

Romain Antony | 29.04.2024

Nach dem Testspiel Deutschland gegen Frankreich mit einem 2:0 Sieg bin ich am Fernseher hocken geblieben und habe mir No Escape angesehen. Ein Ingenieur, Jack Dwyer (Owen Wilson), der in einem unbekannten, nicht weiter definierten asiatischen Land mit seiner Familie eintrifft, um sich um ein Wassersystem zu kümmern, gerät in einen Volksaufstand, in dem die Revolutionäre vorhaben, alle Ausländer zu massakrieren. Mit äußerst brutaler Vorgehensweise werden Menschen erschossen. Die Gewissheit gleich zu Beginn, dass die Logik hollywoodscher Action- und Thrillerfilme darin besteht, dass die Protagonisten sich heil aus jedem Schlamassel retten und nur einige zweitrangige, wenn auch liebgewonnenen AkteurInnen aufopferungsvoll ihr Leben lassen werden, lässt zu die Brutalitäten mit etwas Distanz zu betrachten. Die Spannung entsteht durch öfters aufgeworfene Frage des Zuschauenden, wie die Familie nun wieder aus der gezeigten aussichtslosen No-Escape-Situation herausfinden könnte. Dabei lässt sich das Drehbuch die eine und andere überraschende Wendung einfallen, so zum Beispiel ein Sprung mit den Kindern von einem Hochhaus auf ein tiefer gelegenes Dach eines nahe stehenden Gebäudes. Wie wird die Angst und die Verweigerungshaltung der Kinder überwunden? Ein Mädchen wird abgelenkt und in die Arme der auffangenden Mutter (Lake Bell) hinüber geworfen. Die ältere Schwester lässt sich mit bestimmten und zugewandten Worten motivieren. "Wir schaffen das!" "Vertraue mir!" Und schwupps ändert sich Angst, Panik in Zuversicht. Kinder-und JugendlichenpsychotherapeutInnen, nehmt euch daran ein Beispiel, geht doch easy!!! Der Film folgt der üblichen Familienideologie, wie man sie aus vielen US-Streifen kennt. Der Vater weiß, wo es langgeht, was getan werden muss, er führt die Familie. Wenn es heikel wird, schreckt er auch nicht zurück einen Widersacher zu töten. Die Sicherheit seiner Lieben legitimiert und gebietet es und beschwört das Narrativ des für die Familie sorgenden Vaters. Unterhaltszahlungsverweigerer und häusliche Gewalttäter gegenüber Frauen und Kinder hätten dramaturgisch wirklich nicht in den Film hinein gepasst. Die Kinder und die Mutter folgen vertrauensvoll, ihr Beitrag beschränkt sich auf Befindlichkeitsäußerungen "ich habe Hunger, "ich ich will nach Hause". Ein kleiner Einwand: beim Familienvater gab einen Moment des Zögerns, des Nichtwissens, wo es denn lang gehen sollte. Da übernahm dann die Ehefrau die Orientierung; sie lieferte auch bei einem Gefecht ihren Anteil, indem sie kräftig zuschlug, um die weitere Flucht zu gewährleisten. Ansonsten bleibt der Film in der patriarchalisch-paternalistischen Spur. Etwa alle drei bis fünf Minuten taucht eine neue Problematik auf, die bewältigt werden muss. Ein Kind verheddert sich beim Tauchen unter Wasser, die Ehefrau wird bei Gefangenennahme von Vergewaltigung bedroht, die durch einen ex machina auftauchenden CIA-Agenten unterbunden wird. Eine politischer Aspekt wird in einem Zwei-Minutendialog abgehandelt. Firmen investieren und nutzen entstehende Abhängigkeiten für ihre Gewinnmaximierung. Geheimagenten und paramilitärische Verbände werden gebraucht, um Oppositionelle auszuschalten. Doch so ganz böse ist der CIA-Mann dann doch nicht, weil er sein Leben aufs Spiel setzt, um der Familie zu helfen. Und ich sitze auf dem Sofa und betrachte den geschauspielerten Überlebenskampf der gecasteten Familie Dwyer, ihre Suche nach drehbuchgefertigten Lösungen aus drehbuchgefertigten Problemen an und trinke dabei gelegentlich einen Schluck Kamillentee. cf. auch Filmbesprechungsblog unter: www.filmekommentieren.wordpress.com klicken.lesen.abonnieren.