Musikdokumentation | USA 2015 | 54 Minuten

Regie: Paul Thomas Anderson

Kurze Dokumentation über die Aufnahmen des britischen Musikers Jonny Greenwood und des israelischen Künstlers Shye Ben Tzur mit indischen Kollegen für das Album „Junun“. Der amerikanische Regisseur Paul Thomas Anderson beobachtet die Sessions in einem indischen Fort weitgehend kommentarlos und passt sich mit der Kamera ganz unmittelbar dem Rhythmus der Musiker an. So entsteht ein wunderbares synästhetisches Klang- und Filmerlebnis, das sich auch als Hymne an die (völker-)verbindende Kraft der Musik deuten lässt. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
JUNUN
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Ghoulardi Filmprod.
Regie
Paul Thomas Anderson
Buch
Paul Thomas Anderson
Kamera
Nigel Godrich · Sharona Katan · Ian Patrick · Arne Warmington
Schnitt
Andy Jurgensen
Länge
54 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Musikdokumentation
Externe Links
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Wenn ein Autorenfilmer wie Paul Thomas Anderson eine Musikdokumentation dreht, dann verwundert es kaum, wenn diese mit einer vielsagend konterkarierenden Szene beginnt: Stille bestimmt die sitzende Reihe indischer Musiker, zwischen die sich der israelische Künstler Shye Ben Tzur und „Radiohead“-Gitarrist Jonny Greenwood gesetzt haben.

Diskussion
Wenn ein Autorenfilmer wie Paul Thomas Anderson eine Musikdokumentation dreht, dann verwundert es kaum, wenn diese mit einer vielsagend konterkarierenden Szene beginnt: Stille bestimmt die sitzende Reihe indischer Musiker, zwischen die sich der israelische Künstler Shye Ben Tzur und „Radiohead“-Gitarrist Jonny Greenwood gesetzt haben. Mit dem Briten Greenwood arbeitete US-Regisseur Anderson schon für die Scores von „There Will Be Blood“, „The Master“ und „Inherent Vice“ zusammen, Ben Tzur singt in Indien seit Jahren zu muslimischer Qawwali-Musik auf Hebräisch. Angesichts dieser Beteiligten scheint die erzwungene Stille des Anfangs, während der Gebetsruf des Muezzins bis in die über dem indischen Jodhpur thronende Mehrangarh-Festung dringt, zwiespältig: Ein Moment der Einkehr zwar, aber eine erzwungene. Für die von den prächtigen Wänden und mit Teppichen ausgelegten Böden umgebenen Musiker stehen nämlich die Aufnahme ihres Albums „Junun“ (VÖ 20.11.) auf dem (Spiel)Plan – und was für tolle Aufnahmen das geworden sind, in was für einem schönen Film! Mit „Junun“ versucht die Arthouse-Streaming-Plattform MUBI den exklusiven Eigenproduktionen der Konkurrenten Netflix und Amazon Prime ein Gegengewicht entgegenzusetzen – das allerdings herrlich luftig leicht daherkommt: Immer wieder begibt sich die Kamera mit der nach draußen strömenden Musik durch die Fenster ins Freie, wirft sich mit den Musikern in den Trubel der Stadt oder beobachtet einen Mann dabei, wie er Fleischstücke in die Schnäbel der an den Festungstürmen vorbeiflitzenden Adler wirft. „Junun“ ist ein synästhetisches Erlebnis, in dem sich Anderson, der selbst die Kamera (mit-)führte, mit Drohnen in die Höhe schwingt, das Fort majestätisch bemisst und sich dann wieder mit der plötzlich ins Leere schwenkenden Kamera den Musikern nähert. Untermalt sind diese Aufnahmen vom nahezu ununterbrochenen Klangteppich einer fantastisch treibenden Musik, dominiert von Trommlern und Bläsern, exotisch, energetisch und doch unverkennbar mit westlichem Einschlag. Im Grunde aber scheinen die Sessions wie das Gegenteil der streng konzipierten, oft eher düsteren Arbeiten von Anderson und Greenwood. Ihre wundervoll unmittelbare Dokumentation schildert dagegen die verbindende Kraft der Musik. In Zeiten, in denen von Islamisten verfolgte Musiker ihre Heimat in Stille versinken lassen müssen, wirkt der verstummte Einstieg in dem nahezu kommentarlosen Film genauso nach wie die Erklärung eines Musikers der Manganiyar-Kaste, dass er an jede Art von Göttern gleichzeitig glauben und voller Respekt in den heiligen Stätten musizieren könne – und das verleiht „Junun“ etwas Erhabenes, ganz abseits vorgeschriebener Gebetszeiten.
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