»Wir mögen keine Kameras«, sagt der deutsche Beamte der Kollegin vom MI5, als diese sich darüber beschwert, dass in Deutschland im öffentlichen Raum zu wenige Überwachungskameras sind. Die Agentin fahndet nach dem ehemaligen MI5-Mann Johnny Worricker, doch dieser schafft es dank der deutschen Zurückhaltung, die eigenen Bürger flächendeckend zu überwachen, noch einmal, zusammen mit seiner Geliebten (Helena Bonham Carter) durchs Netz des Geheimdienstes zu schlüpfen und zuerst von Heidelberg nach Wiesbaden und schließlich zurück nach Großbritannien zu fliehen. Worricker ist nach seinen Abenteuern in der Karibik (zu sehen im zweiten Teil der »Die Verschwörung«-Trilogie, »Tödliche Geschäfte«) mehr denn je persona non grata, weil er dubiose Geschäfte mit dem Bau von US-Gefängniscamps für den »Krieg gegen den Terror« auffliegen ließ, in die über eine Stiftung und einen britischen Geschäftsmann niemand Geringeres als der britische Premierminister (Ralph Fiennes) verstrickt ist. Zurück in seiner Heimat warten auf Worricker und seine Freundin neue Konfrontationen und ein wahres Netz an politischen Interessen: Welche Ziele verfolgt die MI5-Chefin, die sich vertraulich mit der Vize-Premierministerin trifft? Gelingt es Worricker, die Herausgeberin des einflussreichen »Independent« auf seine Seite zu ziehen und die Verstrickungen des Premiers öffentlich zu machen, bevor man ihn fasst? Und welche Agenda verfolgt schließlich Worrickers großer Gegenspieler, der Premierminister, wirklich?
In Deutschland läuft David Hares großartige Geheimdienst-Thriller-Trilogie unter dem Titel »Die Verschwörung«; in Großbritannien sind die drei Filme treffender als »Worricker Trilogy« bekannt. Denn ihre Hauptattraktion ist die von Bill Nighy verkörperte Hauptfigur, eine bestechende Mischung aus elegantem Lebemann und ritterlichem Don Quijote im Kampf gegen politische Korruption, die sich im Privatleben mit festen Beziehungen schwertut, dafür aber umso unbeirrbarer ist, was ihr berufliches Ethos angeht. Statt mit Actionhelden-Qualitäten wartet Worricker mit einem messerscharfen Verstand, viel Erfahrung und vor allem diplomatischem Geschick auf – und das braucht er auch, denn die Gefechte, die in diesem Agenten-Thriller ausgefochten werden, werden kaum mit Waffengewalt ausgetragen, sondern eher bei einem Scotch vor dem Kamin. Im dritten Teil kontrastiert David Hare diesen aufmerksamen Gentleman, der versucht, mit hartnäckiger Überzeugungsarbeit und der Hilfe treuer Freunde das Intrigen-Netz offenzulegen und auf moralischen Spielregeln zu beharren, wie bereits in Teil 1 mit Worrickers größtem Gegner: Ralph Fiennes spielt den Premierminister als asketischen, knallharten Machtmenschen, der mit der Zielstrebigkeit eines abgefeuerten Pistolenschusses durch perfekt durchorganisierte Tagesabläufe prescht und längst internalisiert hat, dass alles, was ihm nutzt, auch seinem Land nutzt und der Zweck sehr wohl sämtliche Mittel heiligt. Aufgewertet wird der Film (wie die ganze Trilogie) zudem durch interessante Frauenfiguren: Statt dekorativer »Bond Girls« mischen hier eine ganze Reihe faszinierender weiblicher Professionals mit ihren eigenen Zielsetzungen und Interessen im Spiel der Macht mit. Dass sich Johnny Worricker im Lauf der Trilogie trotz seines prekären Status als Gejagter behaupten kann, verdankt er nicht zuletzt ihnen: Während Worrickers Gegenspieler vor allem die alten männlichen Eliten im Blick zu haben scheinen, koaliert Worricker immer wieder klug mit den Ladys und findet in ihnen clevere, starke Unterstützerinnen. Die nach 9/11 aus dem Lot geratene politische Welt wieder in Ordnung bringen, kann der alte MI5-Außenseiter zwar auch mit dieser Hilfe nicht, aber immerhin leistet er erfolgreich Widerstand.