„In jeder Beziehung gibt es eine dritte Person, vielleicht nicht aus romantischer Sicht, möglicherweise auch gar nicht bewusst, aber dennoch in gewisser Weise präsent.“ So äußerte sich der Drehbuchautor und Regisseur Paul Haggis über „Dritte Person“. Und tatsächlich schleppen die Paare, um die es im Film geht, eine solche „dritte Person“ mit sich herum. Freilich assoziiert man mit dem Titel spätestens nach der Exposition, die Liam Neeson schriftstellernd hinter einem Computerbildschirm zeigt, auch die „dritte Person“ als gängige narrative Perspektive in Romanen (wenn statt eines Ich-Erzähler eine anonyme Erzählinstanz die Protagonisten als „er“, „sie“ oder „es“ agieren lässt). Man könnte also genügend sensibilisiert sein, dass das Thema „Erzählperspektive“ hier nicht ganz unwichtig ist – weshalb einen kleine Irritationen, die alsbald auftauchen, nicht komplett überrumpeln müssten.
Aus den ersten Szenen des Films, die schlaglichtartig mehrere Protagonisten einführen, formen sich allmählich drei zentrale Geschichten: Ein junger amerikanischer Dandy verdient in Rom sein Geld damit, Modedesigns zu klauen. In der Hoffnung auf nicht-italienisches Essen lässt er sich in eine Bar namens „Americano“ treiben. Dort findet er zwar keinen Burger, aber eine betörend schöne, mysteriöse Roma als Tresennachbarin. Die Bekanntschaft mit ihr verwickelt ihn allmählich in das bedrängte Leben des Frau: Sie muss einem Schlepper, der ihre Tochter nach Italien holen soll, eine große Summe zahlen, um das Mädchen auszulösen. Kann der kleine Gauner zum ritterlichen Helfer werden, der der Schönen aus ihrer Not hilft? Oder sitzt er einem Betrug auf, bei dem er selbst das Opfer ist?
Eine andere Geschichte gilt einer jungen Schauspielerin, die einst als Sternchen und Gattin eines Künstler ein große Zukunft vor sich hatte, dann aber schwanger ihren Job aufgab und nun nach dem Zerbrechen ihrer Ehe als Zimmermädchen in einem Hotel antritt. Zudem steckt sie mitten im Sorgerechtsstreit um ihren kleinen Sohn, der nicht gut für sie steht, wie ihre mütterlich-gestrenge Anwältin deutlich macht. Und schließlich gibt es noch den von Liam Neeson gespielten Schriftsteller, einen ehemaligen Pulitzer-Preisträger, der sich mit seinem neuen Romanprojekt schwer und noch schwerer mit der Liebe tut. Seine Ehefrau hat zugunsten seiner wesentlichen jüngeren, äußerst eigenwilligen Geliebten verlassen; das Verhältnis ist zwar sexuell aufregend, aber auch äußerst explosiv und voller (un-)ausgesprochener Ressentiments.
Keine der Figuren ist wirklich sympathisch und identifikationsstiftend; die Männer sind eitel-selbstgerecht und zu sehr aus männlicher Perspektive gezeichnet, die Frauen umwerfend schön und sprunghaft-impulsiv. Trotzdem gelingt es Haggis, nicht zuletzt Dank des fulminanten Darstellerensembles, aber auch Dank einiger schöner Inszenierungsideen, Anteilnahme an ihnen und ihren emotionalen Odysseen zu wecken. Motivisch umspielen sie etwas, was man als „Misstrauens-Melodramen“ bezeichnen könnte: Alle Geschichten kreisen im Kern um die Schwierigkeit, dass die Figuren sich nach stabilen Vertrauensverhältnissen sehnen, aber von Ungewissheiten geplagt werden und entweder bereits enttäuscht wurden oder aber befürchten, ge- und enttäuscht zu werden – von anderen oder sich selbst. Die Erzählökonomie, mit der diese Geschichten erst peu à peu Kontur gewinnen und damit den Zuschauer lange im Ungewissen lassen, funktioniert dabei wunderbar. Was weniger überzeugt, ist die Art und Weise, wie die Irritationen am Ende aufgelöst und die Erzählfäden zusammengeführt werden. Die daraus resultierende Erkenntnis trägt eher zur Banalisierung der einzelnen Geschichten bei und droht das flirrende Eigenleben, dass die Schauspieler ihren Rollen abzutrotzen wissen, zu neutralisieren.