Seine Mutter kommt mit Brad offensichtlich schon lange nicht mehr zurecht; ihren neuen Partner lehnt der junge Mann ab, und die Versuche von Brads Freundin, ihm das Dealen auszureden, bleiben fruchtlos: In Rückblenden, die immer wieder in die Gegenwart eingeschnitten sind, enthüllt sich die Vorgeschichte der jugendlichen Hauptfigur als ziemlich deprimierender Fall eines frühen Kleinkriminellen-Daseins. Dieser Karriere soll in Coldwater ein Riegel vorgeschoben, Brad zum „verantwortungsvollen“ Mitglied der Gesellschaft umerzogen werden. Coldwater ist ein privates Lager, geleitet von einem Ex-Marine, in dem Eltern ihre unkontrollierbaren Söhne jenseits des regulären Jugendstrafvollzugs unterbringen, um dem drohenden Knast mit einem Boot-Camp-Aufenthalt vorzubeugen. Wie lange dieser dauert, hängt davon ab, wann der Boss seine Erziehungsmission als erfüllt ansieht; mancher junge Mann verlängert seinen Aufenthalt später freiwillig als Wärter. Brad ist allerdings nicht bereit, sich dem drakonischen Regime, das innerhalb des Camps herrscht und das auf Isolation von der Außenwelt, strikteste Disziplinierung und Demütigung setzt, zu beugen – und macht die Erfahrung, dass jeder Keim von Rebellion mit brutaler Gewalt erstickt wird. Nach zahlreichen schmerzhaften Zusammenstößen bröckelt Brads Widerstandsgeist. Einen Menschen zu brechen, heißt allerdings noch lange nicht, ihn zu resozialisieren – eher das Gegenteil, wie die Camp-Leitung schließlich lernen muss. Der Film von Vincent Grashaw endet mit einem Verweis auf die realen Hintergründe: auf die Todeszahlen, die im privaten wie im öffentlichen Strafvollzug für Jugendliche in den USA Jahr für Jahr zu verzeichnen sind. „Coldwater“ ist dabei weniger reißerischer Knast-Horror als vielmehr ein psychologischer Thriller mit gesellschaftspolitischer Agenda, der darauf abzielt, dass eine Erziehung durch Gewalt immer nur eine Erziehung zur Gewalt sein kann. In seinen Darstellungen der Brutalität ist der Film durchaus hart, legt aber das Augenmerk sichtbar mehr auf die psychologischen Folgen denn auf die drastische Zurschaustellung. Die Handlung wie auch die Charakterisierung der Hauptfigur erinnern an den norwegischen Film „King of Devil’s Island“ (2010), der ein ähnliches Drama in einem norwegischen Erziehungslager schildert. Nur dass dieser Film 1915 spielte und von der Disziplinierungsmanie vor einem Jahrhundert erzählte. Dass aktuellen Zustände den Aufhänger für ein Eins-zu-Eins-Pendant liefern, macht „Coldwater“ umso trauriger und brisanter.