Wie der Filmtitel andeutet, zeichnet „Immer Ärger mit 40“ ein denkbar unerquickliches Bild des mittleren Lebensabschnittes, in dem das Protagonisten-Paar sich befindet. Bei Debbie ist der Unmut über das Altern so groß, dass sie darauf besteht, an ihrem 40. Geburtstag von Ehemann Pete und den beiden Töchtern eine Torte mit geschönter Jahreszahl überreicht zu bekommen. Der nur ein paar Tage jüngere Pete blickt dem eigenen Jubiläum gelassen entgegen, steckt aber ohnehin schon in einer Midlife Crisis. Folgerichtig schwankt der Erzählton dieser Dramedy zwischen Anflügen von Hysterie und sarkastischer Resignation, und nicht einmal der Schlussakt mag sich zu nennenswertem Optimismus aufraffen.
Judd Apatows vierter Spielfilm lässt sich deshalb als skeptischer Gegenentwurf zu seinem Regiedebüt „Jungfrau (40), männlich, sucht …“
(fd 37 246) interpretieren, das die erbauliche Botschaft mit auf den Weg gab, mit 40 keineswegs zu alt zu sei, um sein Glück zu finden. Überraschender als der Kontrast zum Erstlingswerk wirkt allerdings die reibungslose Anknüpfung an den zweiten Spielfilm des Filmemachers „Beim ersten Mal“
(fd 38 275): Debbie und Pete mitsamt ihren Töchtern Sadie und Charlotte traten dort als Nebenfiguren auf, wo ihr frustriertes Gezänk den dortigen Protagonisten ein so abschreckendes Beispiel war, dass sie ihrer Beziehung zunächst keine Chance geben mochten.
Dass die Ehe von Debbie und Pete lang genug bestehen würde, um darauf ein Quasi-Sequel zu errichten, schien durchaus fraglich. Auch in den fünf Jahren, die seither vergangen sind, haben die beiden offenbar keinen Neuanfang zustande gebracht. Ganz im Gegenteil: Um gelegentlich die ehelichen Pflichten zu erfüllen, muss Pete mittlerweile zu Viagra greifen, während die Flucht vor dem alltäglichen Familienchaos ihn immer öfters und länger als nötig auf dem Klo in Klausur zwingt. Was Debbie einen Grund mehr bietet, an ihm herumzunörgeln. Wie es um das Eheleben in der Zwischenzeit ausgesehen haben mag, lässt sich an der handlungsarmen Erzählstruktur und dem ziellos mäandernden Rhythmus ableiten. Ein dünner Subplot wird von den Geldsorgen angestoßen, die Pete heimlich plagen, weil das Plattenlabel, das er gegründet hat, mit den Alterswerken von Indie-Rockern Verluste macht, während er doch seinen Vater finanziell unterstützen soll. Eine zweite lockere Nebenhandlung rankt sich um die Frage, welche der beiden Angestellten, die Debbie in einer kleinen Boutique beschäftigt, in die Kasse greift. Damit ist dann aber auch so ziemlich alles erwähnt, was in diesem Film zwischen den beiden 40. Geburtstagen der Protagonisten passiert.
Entsprechend unaufgeregt plätschert die Handlung dahin, während sich ein Dutzend prominenter Darsteller ein kurzweiliges Stelldichein gibt und sich, zum Teil sichtlich improvisierend, die Bälle zu spielt. Abgesehen davon, dass sich die pubertierende Sadie und die Mutter eines ihrer Mitschüler hübsch in Rage reden, verzichten die meisten Gags auf Eskalation oder gar Pointen; der Humor ergibt sich stattdessen meist aus dem Kontrast zwischen den Übertreibungen und Ausschweifungen der Dialoge und der Kaltschnäuzigkeit, mit der sie vorgetragen werden. Das ist stellenweise sehr amüsant, relativiert aber nicht die Frage, warum Apatow, der auch fürs Drehbuch verantwortlich zeichnet, es offenbar für evident hält, dass seine unglücklichen Protagonisten ein Paar bleiben.
Eine Erklärung dafür bietet natürlich der Konservatismus, dem alle Produktionen und Regiearbeiten Apatows zuneigen, selbst wenn sie vordergründig ein vulgärer Humor kennzeichnet. Wo in „Beim ersten Mal“ nicht einmal kiffende Porno-Fans das Wort ‚Abtreibung‘ über die Lippen brachten, kommt den Eheleuten in „Immer Ärger mit 40“ niemals der Gedanke an Scheidung in den Sinn. Doch neben seinem konservativen Naturell sind es wohl nicht zuletzt private Motive (und Hoffnungen) des Regisseurs, die das stoische Durchhaltevermögen seiner Protagonisten erklären.
Er habe in letzter Zeit eingesehen, dass das Drehbuchschreiben „ein Weg ist, um sich selbst besser kennen zu lernen“, gibt der 45-jährige Filmemacher im Presseheft zu Protokoll. „Ich versuche herauszufinden, wie ich mich in diesem Leben so fühle.“ Da Debbie, Sadie und Charlotte von seiner Ehefrau Leslie Mann beziehungsweise den gemeinsamen Kindern Maude und Iris Apatow gespielt werden (die alle auch in „Wie das Leben so spielt“, fd 39 466, auftraten), drängt sich der Gedanke auf, Pete als Alter ego des Regisseurs aufzufassen. Unter autobiografischen Vorzeichen wirken dann sogar die Widersprüche und Inkonsequenzen dieses Films entwaffnend. Selbst wenn man sich in dem von einer unscheinbar ruhigen Handkamera eingefangenen, kalifornischen Mittelstandsunglück nicht wieder erkennen mag, ist die unverblümte Reflexion der ehelichen Frustrationen von Apatow und Mann schlicht umwerfend. Fraglich scheint nur, ob die beiden beim nächsten Film noch ein Paar sein werden.