Der „Morgen danach“ kann unangenehme Überraschungen bereithalten. Zu dieser ernüchternden Erkenntnis kommt zumindest die attraktive Mittzwanzigerin Alison, als sie sich beim Anblick der unansehnlichen Rückenfront ihres One-Night-Stands Ben eingestehen muss, dass der Alkoholpegel der letzten Nacht die Messlatte für potenzielle Bettgefährten augenscheinlich in nicht akzeptable Tiefen versetzt hat. Da das hastige Frühstück auch keine überraschende Seelenverwandtschaft mit dem notorischen Rumhänger zu Tage fördert, flieht Alison überstürzt in ihren Arbeitsalltag beim Entertainment-Sender E!, der sie am Tag zuvor als zukünftige Interviewerin der Stars und Sternchen die Karriereleiter ein gutes Stück hinaufklettern ließ. Als acht Wochen später eine morgendliche Übelkeit ihren Verdrängungsmechanismus ins Stocken bringt und sich Alison für die Schwangerschaft und somit wie selbstverständlich für den „abschreckenden“ Erzeuger entscheidet, muss sich das ungleiche Paar zusammenraufen.
Warum es dies eigentlich muss, das wird in Judd Apatows („Jungfrau (40), männlich, sucht …“; fd 37 246) im Kleid einer romantischen Komödie daherkommenden Version von der Schönen und dem Biest zu keinem Zeitpunkt glaubwürdig gemacht. Alison, jung, schön, erfolgreich sucht – mit Sicherheit nicht Ben, den zwar netten Kerl von nebenan, der aber etwas zu viel isst, kifft und die finanzielle Zukunft seiner kleinen Familie durch eine Website mit den barbusigen Filmauftritten bekannter Hollywood-Stars gesichert sieht. Die Komik basiert gerade auf dem Zusammenprall der ungleichen Lebensentwürfe, was in den witzig pointierten Dialoggefechten dank der Besetzung des „Slackers“ Ben durch den Newcomer Seth Rogen durchaus auch gelingt; und doch gräbt gerade die übersteigerte Karikatur von dessen ewig pubertierender, Marihuana-umnebelter Männerclique, der unnötige, unter die Gürtellinie abrutschende Kalauer unterlaufen, dem bemühten Plädoyer für Liebe und Nachkommenschaft allmählich das Wasser ab. Dass sich Alison, die noch bei der Familie ihrer Schwester lebt und karriereorientiert auf den Sprung in die Selbstständigkeit hinarbeitet, passiv in die Abhängigkeit von Ben begeben will, mutet nicht nur unwahrscheinlich und desillusionierend, sondern einfach nur vorgestrig an. Alison, für die eine Abtreibung zu keinem Zeitpunkt in Frage kommt und deren einzige Sorge darin besteht, dass ihr Zukünftiger seine Geburtsvorbereitungs-Bücher verschlingt, wird in die fast schon mitleiderregende Rolle der Frau versetzt, die den unreifen Jüngling auf den rechten Pfad der verantwortungsvollen Bürgerlichkeit bringen muss, während sie selbst in allen Belangen zurücksteckt. Ähnlich abstrus-idealistisch erscheint die versöhnliche Nachricht, dass Alison ihren Job vor der Kamera zunächst doch behalten kann, da Schwangere im Fernsehen seit neuestem „cool und sexy“ seien. Dabei hätten die gelegentlichen Seitenhiebe auf die Medienbranche durch den real existierenden Celebrity-Sender E! mitsamt den kurzen Cameo-Auftritten von Jessica Alba, James Franco oder Steve Carell (dem amerikanischen Stromberg) ebenso etwas mehr Bösartigkeit vertragen können wie die Eheprobleme von Alisons Schwester Debbie. Deren Familie erscheint mit dem handzahmen Angetrauten und den niedlichen Vorzeige-Kindern eher einem erstrebenswerten Katalog entsprungen und weniger wie das von Alison später angeführte Beispiel einer schlecht funktionierenden Partnerschaft. Ob Apatow seiner Hauptdarstellerin Katherine Heigl mit der Regieanweisung, sie beim Sex jedes Mal mit BH zu filmen, ihr Gebären jedoch im schockierend direkten Hebammen-Close-Up zu zeigen, den Auftritt auf eben jenen von Ben favorisierten Internet-Seiten ersparen wollte – darüber darf spekuliert werden. Ben hätte es mit Sicherheit nicht gefallen.