Drama | Spanien/Frankreich 2012 | 104 Minuten

Regie: Pablo Berger

Carmen, Tochter eines spanischen Stierkämpfers, wächst bei ihrer Großmutter auf. Als diese stirbt, zieht sie aufs väterliche Gut, wo sie von der Stiefmutter misshandelt wird. Nach dem Tod des Vaters reißt die inzwischen im Stierkampf bewanderte junge Frau aus und schließt sich einer siebenköpfigen Liliputaner-Gruppe an. Aberwitzige Verfilmung des „Schneewittchen“-Stoffs, angesiedelt im Spanien der 1930er-Jahre, konzipiert als Stummfilm mit Tönen und Klängen. Der herrlich groteske, brillant fotografierte Film kommt der Vorlage erstaunlich nah, ist dabei doch sehr frei und lässt die Titelheldin im somnambulen Gift-Apfel-Delirium enden. Unhappy und makaber, huldigt er der Frühzeit des Kinos und ist doch ganz unverkennbar ein Produkt der heutigen Zeit. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BLANCANIEVES
Produktionsland
Spanien/Frankreich
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Arcadia Motion Pic./Noodles Prod./Nix Films/Sisifo Films/Thekraken Films/Mama Films/arte
Regie
Pablo Berger
Buch
Pablo Berger
Kamera
Kiko de la Rica
Musik
Alfonso Vilallonga
Schnitt
Fernando Franco
Darsteller
Maribel Verdú (Encarna) · Angela Molina (Doña Concha) · Daniel Giménez Cacho (Antonio Villalta) · Inma Cuesta (Carmen de Triana) · Macarena García (Carmen)
Länge
104 Minuten
Kinostart
28.11.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Liebesfilm | Märchenfilm | Stummfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Eye See Movies (AV Visionen)
Verleih Blu-ray
Eye See Movies (AV Visionen)
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Diskussion
Sevilla an einem sommerlichen Sonntag Ende 1920er-Jahre: Ein Mann, sechs Stiere. Die Arena tobt; sie jubelt Antonio Villalta, dem König der Toreros, zu. Dieser verbeugt sich, stolz und elegant, lächelt der schwangeren Carmen zu. Prächtig ist dieser Moment des Triumphes, gigantisch der Schrecken, der folgt, weil Villalta den letzten Stier eine halbe Sekunde zu lange aus den Augen verliert. Spektakulär Tragisches geschieht zu Beginn von „Blancanieves“, dem nach „Die Torremolinos Homevideos“ (fd 38 309) zweiten Kinospielfilm von Pablo Berger. Schwarz-weiß und „stumm“ (ohne gesprochene Dialoge, aber nicht ohne Musik) kommt der Film daher, was an „The Artist“ von Michel Hazanavicius (fd 40 875) denken lässt, auch wenn dieser Vergleich in die Irre führt. Zehn Jahre soll Berger an seiner Version von „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ gearbeitet haben; es ist eine wunderbar originelle und einfallsreiche Version des Grimmschen Märchens. Während die Ärzte im Spital um Villaltas Leben kämpfen, schenkt seine Frau ein paar Zimmer entfernt einer Tochter das Leben und stirbt. Das Kind trägt ebenfalls den Namen Carmen. Es wird von seinem Vater verstoßen und verbringt die ersten Lebensjahre bei der Großmutter. Villalta, nach dem Unfall an den Rollstuhl gefesselt, heiratet die Krankenschwester Encarna. Sie hat sich nach dem Unfall vermeintlich rührend um den Verletzten gekümmert, ist tatsächlich aber auf seinen Ruhm und sein Geld aus: Egozentrisch führt sie auf seinem Gut das Regiment, treibt mit ihren Liebhabern wilde Sadomaso-Spiele, während Villalta vor sich hinvegetiert. Carmen ist sieben Jahre alt, ein hübsches Kind mit dunklen Kulleraugen und süßen Locken, als ihre Großmutter bei einem letzten Flamenco stirbt und sie auf dem Gut ihres Vaters landet. Dort ergeht es ihr elend: Encarna schneidet ihr die Locken ab, sperrt sie in den Keller, lässt sie schuften wie eine Magd, entzieht sie dem Vater. Doch gegen die Blutsbande kommt die Stiefmutter nicht an. Eines Nachmittags schleicht sich Carmen, verspielt einem Gockel folgend, in Villaltas Zimmer und wird von diesem fortan hinter Encarnas Rücken in die Kunst des Stierkampfs eingeführt. Als ein „Unfall“ dem im Rollstuhl die Treppe hinunterstürzenden Vater das Genick bricht, verschlägt es Carmen zu sieben Liliputanern, die im Holzwagen durch die Gegend tingeln und mit aberwitzigen Stierkampf-Gaukeleien ihren Unterhalt verdienen. Bergers herrlich grotesker Film kommt der Vorlage erstaunlich nah und ist doch sehr frei und lässt die Titelheldin im somnambulen Gift-Apfel-Delirium enden. Unhappy und irgendwie makaber ist das, passt aber wunderbar zu dem Film, der elegant und schauspielerisch stark der Frühzeit des Kinos huldigt und doch ganz unverkennbar ein Produkt der heutigen Zeit ist. Als solches schreibt sich „Blancanieves“ zuvorderst in den Kanon des surrealen spanischen Kinos ein und muss in einem Atemzug mit Filmen wie „Mad Circus“ (fd 40 592) und „Pans Labyrinth“ (fd 38 028) genannt werden.
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