Für seinen Film "¡Vivan las Antipodas!" (2011) spürte der Dokumentarist Viktor Kossakovsky acht auf der Erdkugel gegenüberliegenden Orten und ihren Bewohnern nach. Dabei wurde er von Carlos Klein beobachtet, der in Patagonien, Shanghai und am Baikalsee die Entstehung des Mammutprojekts zum Gegenstand einer humorvoll-kritischen Reflexion über die Kinematografie macht. Kleins Bewunderung für Kossakovsky und seine Kunst weicht dabei Schritt für Schritt einer realistischeren Sicht. Ein "Film im Film zum Film" als ambitionierter Versuch über "Wahrheit" im (Dokumentar-)Filmschaffen. (O.m.d.U.)
- Ab 14.
Where the Condors Fly
Dokumentarfilm | Schweiz/Deutschland 2012 | 93 (24 B./sec.)/90 (25 B./sec.) Minuten
Regie: Carlos Klein
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- WHERE THE CONDORS FLY
- Produktionsland
- Schweiz/Deutschland
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- Mira Film/TM Film/SRG SSR/BR
- Regie
- Carlos Klein
- Buch
- Carlos Klein
- Kamera
- Carlos Klein
- Musik
- Daniel Almada · Martin Klingeberg · Carlos Klein
- Schnitt
- Carlos Klein · Beatrice Babin · Vadim Jendreyko
- Länge
- 93 (24 B.
sec.)
90 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 06.12.2012
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
So viel Nebel, wie er durch die Filme von Viktor Kossakovsky wabert, kann es in Wirklichkeit gar nicht geben. Der russische Dokumentarfilmer ist ein großer Freund der künstlichen Nebel- und Rauchproduktion. Dies enthüllt Carlos Kleins ungewöhnliches „Making of“ „Where the Condors Fly“. Klein begleitete die Dreharbeiten zu Kossakowskys Mammut-Projekt „¡Vivan Las Antipodas!“ (fd 40 906) mit der Kamera. Acht bewohnte Antipoden, sich auf dem Erdball direkt gegenüber liegende Orte, besuchte Kossakovsky für seinen Film, er zeigt berauschende, bisweilen hart an Kitsch grenzende Landschaftspanoramen und Porträt-Miniaturen der jeweiligen Bewohner. Darüber hinaus ist Kleins Film auch ein Porträt Kossakovskys und beginnt als Zeugnis der Bewunderung für ihn. In seinem persönlichen Off-Kommentar beschreibt Klein seine eigene Entwicklung zum Dokumentaristen. Der Audiokommentar unterstreicht die Gemachtheit von „Where the Condors Fly“, das Unfertige, er verweist auf die Macher dahinter: Was zu hören ist, ist nicht der fertige Kommentar, sondern die Aufnahme desselben, inklusive Wiederholungen – Kleins Film ist also nicht nur ein Film zum Film, sondern ein „Film im Film zum Film“ und damit in doppelter Hinsicht ein recht wahrheitsgetreuer Film über das (Dokumentar-)Filmemachen.
Vor 20 Jahren reiste Klein von seiner Heimat Santiago de Chile nach Patagonien in Argentinien. Der 1972 geborene Regisseur hatte eine Videokamera dabei. Nach dem Ende der Pinochet-Diktatur, so erzählt Klein, sei eine Bilderflut über Chile herein gebrochen, die ihm nicht nur das Filme-Sehen, sondern auch das Filmemachen verdorben habe. Kossakovsky sei es als einem der wenigen gelungen, ihn mit einem Dokumentarfilm zu berühren. Dass es bei dieser ungebrochenen Verehrung möglicherweise nicht bleiben wird, legen schon die ersten Bilder vom Patagonien-Dreh und insbesondere die Tonspur nahe. Kossakovsky ist noch nicht zu sehen, doch man hört ihn praktisch ausnahmslos fluchen, vor allem über die widerspenstige Technik, aber auch über Mitarbeiter. Zu Wort kommt Kossakovsky nur auf der Meta-Ebene des „Making of“, nicht im „On“. Klein zeigt ihn als besessenen Bildersucher. Furios harkt Kossakovsky Äcker, versetzt Salatköpfe und bricht bisweilen vor Rührung, gern auch über die eigenen Worte, in Tränen aus. Widerspruch wagt hier keiner. Auch Klein begegnet dem Wirken und Wüten Kossakovskys mit stoischer Ruhe. Auch, wenn dieser ihm entschieden von seinem Projekt abrät: „Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich keinen Film über Viktor Kossakovsky machen. Niemand braucht das.“ Doch nicht nur an dieser Stelle irrt Kossakovsky.
Kommentar verfassen