Eine junge Managerin der französischen Dependance eines US-Unternehmens in Paris stellt fest, dass ihre egozentrische Chefin ihre Ideen als deren eigene verkauft. Bald liefern sich die Rivalinnen am Arbeitsplatz einen Kampf bis aufs Messer, in dem sich private Leidenschaften und professionelles Kalkül fatal mischen. Geschickt arrangierter, vorzüglich gespielter Psychothriller, dessen Protagonistinnen in einer "entgrenzten" Arbeitswelt ihre eigenen moralischen Grenzen überschreiten. Wenn der Kampf der Frauen zum veritablen Mordfall inklusive Leiche und polizeilicher Ermittlungen eskaliert, setzt der Film weniger auf Suspense und „Whodunit“-Verrätselung als auf eine Spannung, die aus den Charakteren erwächst. (Brian de Palma drehte mit „Passion“ ein Remake des Films.)
- Ab 16.
Love Crime
Psychothriller | Frankreich 2010 | 100 Minuten
Regie: Alain Corneau
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Filmdaten
- Originaltitel
- CRIME D'AMOUR
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 2010
- Produktionsfirma
- SBS/France 2 Cinéma/Divali Films
- Regie
- Alain Corneau
- Buch
- Alain Corneau · Nathalie Carter
- Kamera
- Yves Angelo
- Schnitt
- Thierry Derocles
- Darsteller
- Ludivine Sagnier (Isabelle Guérin) · Kristin Scott Thomas (Christine) · Patrick Mille (Philippe) · Guillaume Marquet (Daniel) · Gérald Laroche (Gérard)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Psychothriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Ein starkes Team: So erscheinen Christine (Kristin Scott Thomas), Marketingchefin in der Pariser Filiale eines internationalen Konzerns, und ihre Assistentin Isabelle (Ludivine Sagnier), während sie an der Strategie für ein wichtiges Meeting arbeiten. Aber schon auf den zweiten Blick werden Spannungen sichtbar. Das Verhalten Christines zur jüngeren Kollegin flirrt irritierend vom Professionellen ins Freundschaftliche fast bis ins sexuell Anzügliche. Eine Intimität, die Christine nicht davon abhält, eine Leistung ihrer Assistentin eiskalt als ihre eigene auszugeben, um sich eine Beförderung zu sichern. Was Isabelle maßlos enttäuscht. Aus dieser seltsamen Arbeitsbeziehung wird durch berufliche Konkurrenz und amouröse Verstrickungen, an denen Christines Liebhaber Philippe beteiligt ist, eine Feindschaft bis aufs Messer.
Anders als Brian de Palmas „Passion“ (vgl. Kritik S. 36), ein in Berlin anstelle in Paris spielendes Remake von „Love Crime“, kam der letzte Film von Alain Corneau (1943-2010) nicht in deutsche Kinos. Vielleicht, weil er spröder ist und weniger der Lust an den Genre-Elementen frönt als de Palma: Die erotischen Verstrickungen werden nicht ausbuchstabiert, sondern relativ dezent inszeniert, die Bildsprache bleibt sachlich-nüchtern. Wenn der Kampf der Frauen zum veritablen Mordfall inklusive Leiche und polizeilicher Ermittlungen eskaliert, setzt Corneau weniger auf Suspense und „Whodonit“-Verrätselung als auf eine Spannung, die aus den Charakteren erwächst, vor allem auf die von Ludivine Sagnier furios gespielte Isabelle. Daraus, was geschehen ist, wird kein Geheimnis gemacht; aber wie es geschehen ist und wie das die Sicht auf die Figuren verändert, das macht den Reiz des abgründigen Psychothrillers aus. Vom Sujet her erinnert er an Corneaus „Stupeur et tremblements“ (2003): Darin geriet Sylvie Testud in Japan unter die Fuchtel einer ähnlich übergriffigen Chefin, wie sie in „Love Crime“ von Kristin Scott Thomas verkörpert wird. Wie in den Filmen, mit denen Corneau in den 1970er-Jahren seine Karriere begann („Police Python“, „Wahl der Waffen“), nutzt er auch hier das Thriller-Genre für sozialkritische Beobachtungen. Es geht um „entgrenztes“ Arbeiten: ein Job in global agierenden Konzernen, der mit Hilfe der Technologie – Laptop, Handy – vom Büro weit ins Privatleben vordringt. Diese Entgrenzung sorgt in Corneaus Sicht nicht dafür, die Arbeitswelt freier und menschlicher zu machen; vielmehr wird das Private – Leidenschaften, emotionale Bedürfnisse, Beziehungen – korrumpiert und eingespannt ins eiskalte Strategiespiel um Macht, Geld und Status. Ein fataler heißkalter Mix, den Corneau in seinem Psychogramm eines ebenso Mitleid wie Furcht erregenden „Working Girl“ implodieren lässt.
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