- | Australien 2007 | 95 Minuten

Regie: Ben Hackworth

In einem ländlichen Anwesen spielt ein junger Mann für einen todkranken Theaterregisseur gemeinsam mit einigen Schauspielerinnen dessen Leben nach. Zunächst unsicher, findet er zunehmend in die Rolle. Das jenseits des konventionellen Erzählkinos angesiedelte Spiel-im-Spiel-Drama kreist um Macht, Krankheit, Tod und Sexualität, aber auch um das (filmische) Inszenieren. Zunächst sperrig-prätentiös in der ausgestellten Verweigerung jeder narrativen Orientierung, entfalten die meist statischen Bilder sowie das Spiel des Hauptdarstellers zunehmend eine beträchtliche atmosphärische Dichte. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
CORROBOREE
Produktionsland
Australien
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
I Won't Grow Up
Regie
Ben Hackworth
Buch
Ben Hackworth · Peter Savieri
Kamera
Katie Milwright
Musik
Robert Mackenzie
Schnitt
Cindy Clarkson
Darsteller
Conor O'Hanlon (Conor) · Rebecca Frith (Dr. Elsja) · Natasha Herbert (Lena) · Susan Lyons (Verna) · Margaret Mills (Anne)
Länge
95 Minuten
Kinostart
20.01.2011
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
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Diskussion
Dass der australische Filmemacher Ben Hackworth einen anderen Begriff von Wirklichkeit hat, als ihn das klassische Erzählkino vertritt, wird schon im ersten Bild deutlich. Die statische Einstellung eines Busbahnhofs; Conor, ein junger Mann, taucht auf, läuft aus der Kadrierung, um gleich darauf darin doch wieder zu erscheinen. Andere Personen, Busfahrer, bewegen sich durch das Setting wie auf einer Bühne – es ist eine formal präzise, aber doch lapidare Choreografie von Auf- und Abtritten, die im Lauf des Films immer wieder aufgenommen wird, wenn auch in ungleich theatralischerer Form. Conor ist auf dem Weg zu einem außergewöhnlichen Schauspiel, das in einem in einer ländlichen Idylle gelegenen Meditationszentrum stattfinden soll. Ein im Sterben liegender Theaterregisseur hat ihn beauftragt, mit Hilfe detaillierter Anweisungen Szenen aus seinem Leben nachzuspielen. In verschiedenen Räumen trifft er auf Schauspielerinnen, die für den Regisseur wichtige Frauenfiguren verkörpern (Mutter, Geliebte etc.); das Schauspiel gleicht dabei einer seltsamen Mischung aus Improvisationsübung, Stationentheater und Familienaufstellung. Zunächst bewegt sich Conor etwas unbeholfen und gehemmt durch die Szenerie; die Inszenierung stockt und mag nicht recht in Bewegung geraten. Was hier genau nachgestellt werden soll, bleibt diffus; der Plot erscheint ebenso labyrinthisch wie das weitläufige Anwesen. Rätselhaftigkeit gehört in „Corroboree“ gewissermaßen zum Konzept. Undurchdringlich bleiben etwa die phantomhafte Rolle des Regisseurs und seine Beziehung zu den Schauspielerinnen. Wenige Male sieht man den Kranken, der sich wie ein Schatten durch das Haus bewegt, mal durch ein Fenster eine Szene beobachtet oder sich die Aufzeichnungen auf einem Bildschirm ansieht. Der Titel des Films, „Corroboree“, bezeichnet ein ausschweifendes Fest der Aborigines, bei dem wichtige Ereignisse gefeiert werden, wobei Ablauf und Regelwerk genauestens festgelegt sind. Auch die von den Schauspielern gebotene Vorführung scheint einem „Geheimplot“ zu folgen, der dem Zuschauer weitgehend verborgen bleibt, im weitesten Sinne aber um die Themen Liebe und Macht, Krankheit, Tod und Sexualität kreist. Wenn auch die Grenzen zwischen Fiktion und Realität momenthaft verwischen, liegt das Augenmerk vornehmlich auf der Inszenierung selbst, den geflüsterten Regieanweisungen zwischen den Schauspielern, den Handzeichen, dem flüchtigen Blick auf die handgeschriebenen Notizen, dem Warten auf den richtigen Einsatz, dem Zurechtzupfen der Kleidung und der Distanz zwischen Rolle und eigener Identität. Doch genau diese Distanz schwindet zunehmend, und das Spiel droht zur Überschreitung zu werden, je besser Conor seine Rolle verkörpert und sich in der fremden Figur zurechtfindet. Als er in einer Szene von einer der Frauen beschimpft, angeschrien und sogar geohrfeigt wird, ist ihm die Verletzung ins Gesicht geschrieben. Ob er nun seine Reaktion besonders gut bzw. authentisch spielt oder als Conor verletzt ist – schließlich ist er in gewisser Weise auch passives Objekt in einem Spiel, das ihn selbst nichts angeht –, lässt sich nicht recht ausmachen. Gerade im ersten, etwas schwerfälligen Teil des Films wirken die ausgestellte Rätselhaftigkeit, das Verweigern eines narrativen Fadens und die Holprigkeit des Spiels, in dem man keine Orientierung gewinnen kann, enervierend und prätentiös. Erst wenn Conors Spiel flüssiger und intensiver wird, kann auch der Zuschauer ins Geschehen einsteigen; dann entfalten die meist statischen Bilder eine atmosphärische Dichte. Anfangs gibt es nur Andeutungen auf die Präsenz eines Aufzeichnungsmediums – etwa eine ungewöhnlich steile Kameraperspektive –, später sieht man die Kamera auf einem Stativ stehen bzw. wie das Motiv eingerichtet wird. Wenn in einer Szene die Schauspielerinnen gebückt den Raum durchqueren, um nicht ins „Bild“ zu laufen, lässt sich das nicht zuletzt als ein Verweis auf das Filmemachen selbst verstehen.
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