Komödie | Norwegen 2010 | 111 Minuten

Regie: Hans Petter Moland

Nach zwölf Jahren, die er wegen Mordes im Gefängnis saß, kehrt ein Mann in seine schwedische Heimatstadt zurück, wo ihn ein alter Gangsterfreund zur Rache an dem damaligen Verräter animieren will. Doch der Mann schaut sich zunehmend genauer an, mit wem er es zu tun hat, begegnet seiner geschiedenen Frau, seinem Sohn und einer neuen Liebe, entdeckt Momente der Sehnsucht und Enttäuschung, des Glücks und des Leids. Lakonische Komödie mit originellen Wendungen, die geschickt mit Stereotypen des Kinos spielt und dem überragenden Hauptdarsteller Gelegenheit gibt, mit wenigen Worten, aber enormer Körperlichkeit auf dem schmalen Grat zwischen Lachen und Weinen zu balancieren. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
EN GANSKE SNILL MANN
Produktionsland
Norwegen
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Paradox Rettigheter
Regie
Hans Petter Moland
Buch
Kim Fupz Aakeson
Kamera
Philip Øgaard
Musik
Halfdan E
Schnitt
Jens Christian Fodstad
Darsteller
Stellan Skarsgård (Ulrik) · Bjørn Floberg (Rune Jensen) · Gard B. Eidsvold (Rolf) · Jorunn Kjellsby (Karen Margarethe) · Jan Gunnar Røise (Geir)
Länge
111 Minuten
Kinostart
09.12.2010
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Komödie
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Heimkino

Verleih DVD
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Diskussion
Schau nur nach vorn, nie zurück, sagt der Gefängnisbeamte, als er Ulrik am Tor der Haftanstalt verabschiedet. Doch mit dem hoffnungsvollen Blick in die helle Weite scheint es gar nicht so einfach zu sein. Der Erste, dem Ulrik in Freiheit begegnet, ist ausgerechnet sein alter Gangsterkumpel Jensen, der ihn sofort in Beschlag nimmt. Der frisch Entlassene soll gefälligst Rache nehmen an jenem Verräter, der ihn vor zwölf Jahren an die Justiz auslieferte. Am Ende des Films schickt Ulrik tatsächlich einen Mann zum Teufel, wenn auch durchaus nicht den, den Jensen im bösen Visier hatte. Wobei sich der neue Mord als Glücksfall für alle herausstellt, als nicht zuletzt für den Zuschauer erlösendes Finale. Bis dahin präsentiert Hans Petter Molands Komödie eine stattliche Reihe überraschender Wendungen und grotesker Typen. Das beginnt mit jener slapstickhaft überhöhten Szene, in der Jensen eine unbekannte Frau, die falsch einparkt, kurzerhand in einer Mülltonne entsorgt, und hört noch lange nicht auf mit Jensens kniestrümpfiger, fetthaariger Schwester, bei der sich Ulrik einmietet und für jedes Abendessen mit Sex zu bezahlen hat. Zunächst erscheint die norwegische Provinz wie eine Freakshow, doch fast jeder der hier versammelten merkwürdigen Zeitgenossen bekommt nach und nach eine eigene Geschichte, die reich ist an Sehnsüchten und Enttäuschungen, Glück und Leid. Bei aller Skurrilität seiner Personage verliert Moland nie aus dem Auge, dass eine gute Komödie nicht nur Typen, sondern Charaktere braucht, die lachen und weinen machen. So reflektiert sein Film über Einsamkeit und die damit verbundenen Nöte – und führt zugleich höchst amüsant vor, welche verschlungenen Wege die Helden gehen müssen, um Sprachlosigkeit und Gefühlskälte hinter sich zu lassen und sich eben nicht ins viel beschworene Schicksal zu fügen, das es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Stellan Skarsgard, der schwedische Star, der längst auch in Hollywood Fuß gefasst hat, spielt den entlassenen Ulrik mit schütterem, langem, zum Zopf gebundenen Haar und tiefen Furchen im Gesicht. Er sagt den Film über nicht viel, ist mit seinen wachen Augen aber immer präsent, beobachtet die Umwelt, in der er sich nach seiner Gefängniszeit erst wieder zurechtfinden muss, und schärft dabei sein Bewusstsein für Gut und Böse, Lüge und Ehrlichkeit. Moland versetzt ihn in bedrohliche und berührende Situationen, und er scheut auch nicht vor Sentimentalitäten zurück, etwa wenn Ulrik seinem erwachsenen Sohn wieder begegnet, der seiner Frau stets erklärt hatte, der Vater sei tot, und der sich nun seiner barmherzigen Lüge schämt. Lange wird man im Ungewissen gelassen, ob Ulrik von Jensen so in die Enge getrieben wird, dass er sich zu einer neuen Gewalttat bereit findet. Nichts an diesem Film ist voraussehbar – wenngleich die Hoffnung auf ein gutes Ende immer lebendig bleibt. Natürlich jongliert „Ein Mann von Welt“ mit tradierten Kinogenres: dem Gangsterfilm, der Klamotte, dem Liebesfilm, deren Elemente er kunstfertig zu einer neuen Einheit verschmilzt. Dabei sucht Moland sichtlich die Nähe zu Aki Kaurismäki und den Coen-Brüdern, und um die pointierte Lakonie seiner Geschichte hin zu bekommen, hat er sich vermutlich auch der besten Arbeiten Billy Wilders erinnert. Die Kamera bevorzugt halbnahe und halbtotale Einstellungen, um das Umfeld der Figuren, die Wohnungen, Arbeitsstätten, Kneipen oder Straßenzüge als atmosphärische, allerdings nie naturalistische Mitspieler einzubringen. In tragischen Momenten peitscht der Regen; in der letzten Szene, nach der Erlösung des Helden aus quälenden Zwängen, geht die Sonne auf, und die Vögel zwitschern. Das ist alles nicht neu, aber sympathisch und sehr unterhaltsam. Kulinarischer Kintopp, mit Augenzwinkern zelebriert.
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