Ein Hollywood-Star, der im legendären Chateau Marmont residiert, wilde Partys feiert, reihenweise schöne Frauen um sich herum und keine größere Verpflichtung als den nächsten Auftritt auf dem roten Teppich hat, schluchzt beim Telefonat mit seiner Ex deprimiert in den Telefonhörer, er sei „nichts“. Das könnte man getrost ignorieren, handelt es sich doch offensichtlich um das Luxusproblem von jemandem, der nicht genug echte Probleme hat. Sofia Coppola schafft es trotzdem, dass man sympathisierend an der Seite der Figur ausharrt. Das hängt mit der Geduld zusammen, mit der ihr Film in den Alltag dieses Stars eintaucht – und dabei Bedürfnisse freilegt, die gar nicht so luxuriös sind, sondern in abgewandelter Form den meisten vertraut sein dürften: Da ist das Problem der Einsamkeit, weniger im Sinne von Alleinsein als im Sinne des Vermissens eines Menschen, zu dem man in Beziehung treten kann; da ist das Problem eines durchgeplanten Arbeitsalltags, der seinen Reiz verloren hat und den man mit mehr Pflichtgefühl als Begeisterung absolviert; da ist die Sehnsucht nach einem Glück, das sich nicht genau definieren lässt, auf jeden Fall aber über das hinausgeht, was sich als „Spaß“ subsumieren lässt. Der Titel, „Somewhere“, scheint auf dieses Unbestimmt-Sehnsuchtsvolle zu verweisen. In der Exposition macht eine statische Einstellung aus einer rasanten Kreisbewegung repetitive Eintönigkeit: John Marco, der als Darsteller in Action-Blockbustern zu Ruhm und Reichtum gekommen ist, fährt mit einem schwarzen Sportwagen in einer kalifornischen Wüstenlandschaft sinnlose Runden – bis es penetrant wird. Dass man den Wagen auch anhalten, aussteigen und weggehen kann, wird Marco schlussendlich lernen, doch zwischen diesen metaphorischen Klammern muss er erst einmal aus der Bahn geworfen werden. Das geschieht ohne Knall, sondern wird trocken, komisch, sensibel in Sequenzen beleuchtet, die wie kleine Steine das sabotieren, was man sich gemeinhin unter dem schillernden Getriebe eines Star-Lebens vorstellt. Es fängt beim Schauplatz an: Dem Glamour des 1929 am Sunset Boulevard erbauten Luxushotels verweigert sich die Kamera konsequent. Statt des Gefühls, an dem verrucht-verheißungsvollen Ort zu sein, an dem schon Errol Flynn und Humphry Bogart verkehrten, vermittelt sich der Eindruck von Unpersönlichkeit und Unbehaustheit: Marcos Suite wirkt fast karg; die Bilder geben dem Luxus (wie schon in Coppolas „Marie Antoinette“, fd 37 865) den Anschein umfassender Tristesse. John Marco bewegt sich in seinem „traumhaften“ Star-Dasein, als wäre es gar nicht sein Leben, sondern nur ein geliehenes. Stephen Dorffs Mimik reflektiert jenen Ausdruck von Ratlosigkeit, mit dem bereits Bill Murrays Figur in „Lost in Translation“ (fd 36 315) auf eine Welt reagierte, die nicht den geringsten Sinn für sie machte. Sowieso hat „Somewhere“ mit „Lost in Translation“ einiges gemeinsam: die erzählerische Ruhe, die relativ statische Kamera und das Timing, das Coppolas „Dead Pan“- Humor auszeichnet und das davon lebt, Situationen so lange zu dehnen, bis sie ins Absurde umschlagen. Auch in „Somewhere“ entsteht so etwas wie Bedeutung aus Begegnung: Eines Tages steht Johns halbwüchsige Tochter vor der Tür, die eigentlich bei seiner Expartnerin lebt, nun aber eine Weile beim Vater bleiben soll. Der Teenager fügt sich ohne größere Schwierigkeiten in dessen Alltag ein – auch hier verzichtet der Film auf hochgeputschte Konflikte; statt den Lebensentwurf des kapriziösen Stars mit den Ansprüchen seines Kindes klischeehaft kollidieren zu lassen, schildert er feinfühlig eine Art „Ausdehnung“: Langsam nimmt das Zusammensein mit dem Mädchen für John einen immer größeren Stellenwert ein. Als die Tochter wieder aus seinem Alltag verschwindet, ist deswegen Johns innere Leere nicht größer als früher – nun aber hat er ein Gespür für sie. Ein Sensibilisierungsprozess ist „Somewhere“ nicht nur für seinen abgestumpften Antihelden, sondern auch für die Zuschauer. Letztlich bekommt man in der Banalität der Hauptfigur einen Spiegel vorgehalten, der beim genauen Hinschauen wesentlich bohrender und verunsichernder ist, als es der freundlich-ironische, lakonisch-komische Erzählgestus zunächst spüren lässt.