Warum kommt Gott gerade jetzt auf die Idee, Krieg gegen die Menschen zu führen? Das wird in „Legion“ nicht bloß einmal gefragt. Die lapidare Antwort: „Weil er uns jetzt endlich satt hat!“ Als Aufhänger für ein Actionspektakel funktioniert diese Erkenntnis sicher prächtig. Einer jedoch zweifelt an der Logik des göttlichen Plans, die Erde von der sündigen Menschheit zu befreien. Es ist der Erzengel Michael, der seinem Herren abschwört, seine Flügel beschneidet und auf die Erde zu einem Waffen strotzenden Kämpfer für das Überleben der Menschheit avanciert. Er glaubt einfach nicht, dass sich die Krone der Schöpfung kollektiv als wertlos erwiesen hat, und versucht nun, es zusammen mit einer Gruppe Gestrandeter in einem einsamen Diner namens Paradise Falls mit der ganzen Streitmacht des Himmels aufzunehmen. Ein scheinbar hoffnungsloses Unterfangen.
Engel in ungewohnten Umgebungen und mit ungewohnten Aufträgen sind ein faszinierender Fantasy-Stoff. Auf äußerst eindrückliche Weise kämpften beispielsweise 1994 gottesfürchtige gegen abtrünnige Engel in „God’s Army – Die letzte Schlacht“
(fd 32 114), dem vier weniger bemerkenswerte Sequels folgten. „Legion“ fühlt sich diesem erfolgreichen Franchise trotz ähnlicher Charaktere und einem ähnlich wohlklingend-unheimlichem Soundtrack allerdings weniger verpflichtet; inszenatorische Anleihen findet man eher bei „Terminator“
(fd 25 019). Der drahtige Erzengel Michael wird nämlich fast wie Arnold Schwarzenegger auf die Welt teleportiert, um sich peu à peu für seine Mission zu rüsten. Und da die Menschheit eine zu diffuse Masse ist, um wirksam beschützt zu werden, haben sich die beiden Drehbuchautoren Peter Schink und Scott Stewart auch hier ein Kind ausgedacht, von dem die Zukunft der Menschheit abhängen soll: Die „Paradise Falls“-Kellnerin Charlie wird es bald zur Welt bringen. Warum ausgerechnet dieses Kind – wenn es denn überlebt – zum Retter der Welt werden soll, wird nicht so recht klar, liegt aber wohl daran, dass seine Geburt für den 24. Dezember ausgerechnet ist. Vielleicht ist es diese Koinzidenz, die Gott dazu verleitet, alle Engelscharen Richtung Paradise Falls zu schicken, um das Ungeborene mitsamt allen Diner-Gäste zu vernichten. Sinn macht das alles natürlich so wenig wie die Tatsache, dass die Engel, wie in einschlägigen Exorzismus-Filmen die Dämonen, gerne in Menschen fahren, sie zu Zombies machen und dann gegen die Helden der Geschichte ins Gefecht schicken.
In dem halbgaren Genre-Sammelsurium hat Regisseur Scott Stewart ähnlich schnell den Überblick verloren wie der Zuschauer, sodass sich die ursprünglich recht interessant erscheinende Grundkonstellation bald in ziellosem, zudem lahm inszeniertem Rumgeballere erschöpft. Ein passabel agierender Hauptdarsteller Paul Bettany und einige stimmungsvolle Special Effects (Stewart war Visual Effects-Supervisor bei Filmen wie „Blade Runner“, fd 23 689, oder „Sin City“, fd 37 169) helfen auch nicht weiter, um „Legion“ davon zu befreien, ein völlig indiskutabler Film zu sein.