Zweiter Teil des Porträts von Ernesto "Che" Guevara. Der Film konzentriert sich auf dessen Versuch, die kubanische Revolution nach Bolivien zu tragen, das Scheitern dieser Pläne und Guevaras Tod. Der Film basiert auf den "Bolivianischen Tagebüchern" Guevaras, doch Drehbuch wie Inszenierung bemühen sich darum, den Stoff von seinem ideologischen Impetus zu lösen. Das führt allerdings dazu, dass zentrale politische Implikationen unter den Tisch fallen und die Hauptfigur wie auch Nebenfiguren trotz guter Darsteller weitgehend profil- und farblos bleiben. Auch formal weniger ambitioniert als der erste Teil ("Che - Revolución"), gelingt dem Film kein neuer Blick auf Guevara und dessen Ende in Bolivien.
- Ab 16.
Che - Guerrilla
Biopic | Frankreich/Spanien/USA 2008 | 133 Minuten
Regie: Steven Soderbergh
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- CHE - PART TWO: GUERRILLA
- Produktionsland
- Frankreich/Spanien/USA
- Produktionsjahr
- 2008
- Produktionsfirma
- Wild Bunch/Laura Bickford Prod./Morena Films/Telecino/Estudios Picasso/Section Eight
- Regie
- Steven Soderbergh
- Buch
- Peter Buchanan · Steven Soderbergh · Ben Van Der Veen
- Kamera
- Peter Andrews
- Musik
- Alberto Iglesias
- Schnitt
- Pablo Zumárraga
- Darsteller
- Benicio Del Toro (Ernesto 'Che' Guevara de la Serna) · Rodrigo Santoro (Raul Castro) · Demián Bichir (Fidel Castro) · Catalina Sandino Moreno (Aleida Guevara) · Yul Vázquez (Alejandro Ramirez)
- Länge
- 133 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Biopic
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
1965 ist Ernesto „Che“ Guevara auf dem Höhepunkt seiner weltweiten Bekanntheit angelangt; als „comandante“ und Industrieminister ist der gebürtige Argentinier das internationale Aushängeschild der kubanischen Revolution. Der Film beginnt mit seinem mysteriösen Verschwinden und dem Abschiedsbrief, den Castro am 1. April vor der kubanischen Nationalversammlung verliest. Darin erklärt „Che“, dass man in einer wahrhaftigen Revolution entweder siegen oder sterben müsse und dass er seine Kräfte nun in den Dienst anderer Länder stelle. Soderbergh filmt diesen Abschied mit subjektiver Kamera auf den Fernsehschirm und verdeutlicht so, dass die Geschichte hinter dem offiziellen Abschied längst begonnen hat. Bereits ein Jahr später – in der Zwischenzeit war „Che“ im afrikanischen Kongo, aber diese Episode lässt Soderbergh wie so vieles andere außen vor – ist er heimlich nach Kuba zurückgekehrt. Das Revolutionsidol ist nicht wiederzuerkennen. Glatt rasiert und mit Glatze sieht er gut 20 Jahre älter und wie ein unauffälliger Handlungsreisender aus. Er verabschiedet sich von Castro, seinen Kindern und seiner Frau Aleida und reist unter falschem Namen nach Bolivien. Warum Ernesto „Che“ Guevara die kubanische Revolution ausgerechnet in den Andenstaat tragen will, bleibt offen.
Steven Soderbergh verjüngt den Revolutionsmythos an der Oberfläche. „Che – Guerrilla“ zeigt die Geschichte des Scheiterns als heftig bewegte Götterdämmerung der Revolution im dichten Unterholz des bolivianischen Hochgebirges; der asthmakranke Ernesto „Che“ Guevara tritt darin als eine Art humanistischer Jesus Christus auf, der Kranke heilt, den Armen hilft, aber trotzdem keine Unterstützung erhält und, von wenigen Jüngern umgeben, schließlich einsam und stoisch den Tod erleidet. Der siegreiche „Che“ scheitert und der charismatische Revolutionär verwandelt sich in einen tragischen Helden, der am Chauvinismus des lateinamerikanischen Subkontinentes zugrunde geht. Denn „Che“ und seine kubanischen Helfer finden keinen Kontakt zur bolivianischen Landbevölkerung, die kommunistische Partei unterstützt ihren bewaffneten Kampf nicht, und am Ende obsiegen die bolivianischen Streitkräfte mit kräftiger Unterstützung der USA.
Der zweite Teil des „Che“-Epos ist bitterer, tragischer, aber auch langatmiger und visuell weniger interessant als der erste Teil „Che – Revolutíon“ (fd 39 320). An dessen Erzähl- und Darstellungsebenen und insbesondere an das Spiel mit visuellen Möglichkeiten erinnern allenfalls noch die Eingangs- und Abschiedssequenz sowie der Schluss. Mit gepflegtem Understatement besetzt Soderbergh allerdings erneut bekannte Schauspieler in kurzen Rollen; unter anderem hat auch Franka Potente als Tamara Bunke alias „Tania, la guerillera“ einen kurzen Auftritt. Soderbergh inszeniert Bombenangriffe auf bolivianische Dörfer und filmt dies mit pseudodokumentarischem Gestus; die aufgesetzte Authentizität wirkt hier allerdings ermüdend. Im zweiten Teil ist die Hauptfigur deutlich älter geworden, wirkt fast wie ein Fremdkörper inmitten ihrer Kämpfer und rezitiert die Ist-Analyse der revolutionären Situation in Lateinamerika.
Auch „Che – Guerrilla“ beruht auf einem Tagebuch Guevaras, dem „bolivianischen Tagebuch“, doch Soderbergh versucht, dieses zu entideologisieren, was jedoch zu einem Surrogat führt, das unter Vermeidung aller Reizworte für die amerikanische Mittelschicht konzipiert erscheint. Die Verantwortung der amerikanischen Militärberater für den Tod Guevaras wird ebenso wenig erwähnt wie der Anteil der kubanischen Regierung am Scheitern des Bolivien-Abenteuers. Durch die Entideologisierung, die im ersten Teil noch falsches Revolutionspathos verhinderte, erscheint der Guerillakrieg als reiner Kampfsport im unwegsamen Gelände; selbst die Hauptfigur wirkt profil- und farblos. Benicio Del Toro gelingt trotz aller Unzugänglichkeit der Figur allerdings erneut eine beeindruckende Darstellung. Gleiches gilt für die Begleiter und Gegner. Allerdings hetzt Soderbergh von einem Nebendarsteller zum nächsten und sucht Zuflucht in der Totale, wenn ein aufbrechender Konflikt psychologisch werden könnte. War der erste Teil des „Che“-Epos fast ein Ensemblefilm mit unterschiedlichen Facetten, so zeigt der zweite Teil die Entfremdung eines Filmemachers vom eigenen Thema.
Kommentar verfassen