Der Film beginnt rasant und hart: Ein junger Schwarzer läuft gehetzt, immer wieder furchtsame Blicke zurückwerfend, die Straße entlang, bevor er gestellt und kaltblütig erschossen wird. Ein vorbeifahrender Radfahrer, der den Mord beobachtet, wird von dem vermeintlichen Killer ebenfalls mit zwei Schüssen niedergestreckt, überlebt aber schwer verletzt. Kurze Zeit später stirbt die Assistentin des jungen, aufstrebenden Kongressabgeordneten Stephen Collins unter den Rädern einer U-Bahn – Mord oder Selbstmord? Als herauskommt, dass der verheiratete Collins ein Verhältnis mit seiner Assistentin hatte, wittern zwei Journalisten des „Washington Globe“, die junge Bloggerin Della Frye und Cal McAffrey, ein Journalist alter Schule und außerdem ein Freund von Collins, eine heiße Story. Nach und nach decken sie bei ihren Recherchen Verbindungen zwischen den Morden und den Personen auf. So finden sie schnell heraus, dass die Morde offensichtlich im Zusammenhang mit den Ermittlungen des Komitees zur Überwachung des Verteidigungshaushalts stehen, die sich auf die mächtige private Sicherheitsfirma Pointcorp konzentrieren. Vorsitzender des Komitees ist Stephen Collins, der sich als ernstzunehmender Politiker profilieren möchte. Pointcorp, die als Privatfirma Ex-Soldaten anwirbt und vom Staat beauftragt ist, im Irak für Sicherheit zu sorgen, scheint Gelder zu unterschlagen und auch im Inland immer mehr an Einfluss zu gewinnen.
Was die Drehbuchautoren auf Basis der gleichnamigen BBC-Reihe von Paul Abbott hier entwickelt haben, ist nicht nur ein inhaltlich spannender, sondern auch topaktueller Politthriller. Die Autoren sind ausgewiesene Kenner des Genres: Matthew Michael Carnahan hat mit dem Drehbuch zu Robert Redfords „Von Löwen und Lämmern“
(fd 38 419) bewiesen, wie gut er sich mit den Fehlbarkeiten des amerikanischen Politsystems auskennt, und Tony Gilroy, Autor und Regisseur von „Michael Clayton“
(fd 38 598) und „Duplicity“
(fd 39 259), hat sicherlich nicht nur zur Spannungsdramaturgie beigetragen. Ist der Beginn des Films betont actionreich, entwickelt sich die eigentliche Spannung freilich erst aus der Handlung heraus, die sich um politische Verwicklungen und allmählich offenbarende Bedrohungsszenarien dreht. Das Schreckliche liegt hier nicht vordergründig im Lauf einer Pistole, sondern lauert in den weitläufigen Gängen des Washingtoner Politgeschäfts. Die tatsächliche physische Bedrohung taucht nur ab und zu in Form eines Killers auf – dann aber um so wirkungsvoller. Die Helden des Films sind von faszinierender Gewaltlosigkeit. In einer Szene trifft McAffrey unvermittelt auf den Killer. Die nackte Todesangst steht dem von Russell Crowe verkörpertem Charakter ins Gesicht geschrieben, die sich anschließende Flucht zieht ihre immense Eindringlichkeit gerade aus der Verwundbarkeit des Verfolgten.
Seine Realitätsnähe gewinnt der Film nicht nur durch solche Szenarien und die glaubwürdige Charakterisierung der Figuren, sondern vor allem auch aus der Darstellung von Politik und Presse. Gerade letztere steht hier im Zeichen der sich radikal verändernden Presselandschaft in der USA. Das Aufeinandertreffen der grundverschiedenen Journalisten ist eine gelungene Darstellung dieses Konflikts. Was zunächst wie eine an der beruflichen Oberfläche bleibende Darstellung anmutet, entpuppt sich als erstaunlich nüchterne Charakterisierung: Hier geht es nicht um das Privatleben der Protagonisten, hier gibt es keine bis zur Unglaubwürdigkeit strapazierten Liebesgeschichten – die Konturen der Charaktere werden in der Entwicklung der Gesamtgeschichte geschärft und treten beiläufig in einzelnen Szenen und Handlungsweisen zutage. Dass hierbei manche Figur auf der Strecke bleibt oder zur dezenten Karikatur verkommt – wie die von Helen Mirren dargestellte „toughe“ Chefredakteurin, die nicht selten zur bloßen Schlagwortgeberin gerät –, wird zwangsweise in Kauf genommen. Die Schwierigkeiten einer Tageszeitung sich zwischen Wirtschaftlichkeit, Verpflichtungen & Verstrickungen in Lobbyismen und der Aufdeckung von unangenehmen politischen Wahrheiten werden spannend angerissen.
Neben dem exzellenten Drehbuch besticht die konsequente Regie von Kevin Macdonald, der mit „Der letzte König von Schottland“
(fd 38 069) schon einmal in die inneren Zirkel politischer Mechanismen vordrangt. Erst sein bisweilen fast altmodisch wirkender Inszenierungsstil gibt der Geschichte die Kraft, sich kraftvoll zu entfalten. So spielt dieser spannungsgeladene und inhaltlich überzeugende Politthriller in einer Liga mit Genre-Klassikern wie „Die Unbestechlichen“
(fd 19 971).