Bis später, Max!

- | Deutschland 2007 | 85 Minuten

Regie: Jan Schütte

Der Film verwebt drei Kurzgeschichten von Isaac B. Singer zur tragikomischen Geschichte eines 80-jährigen Intellektuellen, der auch im hohen Alter das Begehren zahlreicher Frauen weckt. Mit statischer Kamera gefilmt, vermischt er Traum, Fiktion und Realität, um die multiple, von Ängsten geplagte Persönlichkeit der Hauptfigur zu reflektieren und ein Kaleidoskop an Frauenfiguren heraufzubeschwören. Während die Inszenierung weitgehend kühl bleibt und die Charaktere auf grobe Striche reduziert werden, fesselt das Spiel des Hauptdarstellers und sorgt für anrührende Momente. (Titel auch: "Love Comes Lately") - Ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
zero film fiction/zero west filmproduktion/Dor Film/New Moon Prod./WDR-ARTE/RBB
Regie
Jan Schütte
Buch
Jan Schütte
Kamera
Edward Klosinski · Chris Squires
Musik
Henning Lohner
Schnitt
Katja Dringenberg · Renate Merck
Darsteller
Otto Tausig (Max Kohn (Harry Bendiner, Simon Danziger)) · Rhea Perlman (Reisel) · Barbara Hershey (Rosalie) · Tovah Feldshuh (Ethel) · Elizabeth Peña (Esperanza)
Länge
85 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Wer noch im Ruhestand den Don Juan spielen möchte, der bekommt in diesem tragikomischen Road Movie dazu den Ansporn, auch wenn das Leid mit spätem Sex nicht gerade zu kurz kommt. Der 80-jährige New Yorker Schriftsteller Max Kohn – nach eigener Aussage ausgestattet mit einem unsichtbaren Harem von Frauen – kann es nicht lassen. Unterwegs auf einer Lesereise durch die USA begegnet er genug willigen Damen, die den charmanten Greis in ihr Herz und Bett schließen. Der fühlt sich als Spielball weiblichen Begehrens und findet Entspannung nur im Zugabteil. Hier schreibt er an einer Kurzgeschichte über das Älterwerden, in der sein Alter Ego auf der Suche nach der großen Liebe ins Rentnerparadies Fort Lauderdale reist. Damit man das zweifache Altherren-Märchen glaubt, ist der aus dem Off Selbstgespräche führende Fabulierer gleich von einer ganzen Schar realer und fiktiver Frauenfiguren umzingelt, die mehr Typen als Charakteren ähneln. Da wären die von Männern enttäuschte Zynikerin, die einsame Witwe, die verliebte Ex-Studentin sowie die aufdringliche Urlauberin mit einer Überdosis Goldschmuck. Allen voran seine eifersüchtige Lebensgefährtin Reisel, die nicht ohne Grund unentwegt Verrat wittert und mit Kontrollanrufen stört. Worauf sie von dem so Bedrängten der Mitgliedschaft bei der Gestapo bezichtigt wird, und das, obwohl der jüdische Intellektuelle als entfernter Verwandter von Woody Allen oder Philip Roth Phobien ausgesetzt ist, die um Frauen, Krankheiten und den Tod kreisen. Nicht zu vergessen Impotenz, die ihm nach einer bevorstehenden Prostata-Operation droht. Daraus resultieren die sich häufenden Albträume, die nur mit der Flucht in die fiktiven Welten seiner Romane zu ertragen sind, wo sein Alter Ego schon mal von einer derben Hotelangestellten bedrängt wird, die aus Furcht vor einem Gewitter Zuflucht an seiner Brust sucht und sich an ihm vergreift. Jan Schütte hat für dieses nur mäßig amüsante Frauengruppenbild mit Greis drei Kurzgeschichten von Literaturnobelpreisträger Isaac B. Singer adaptiert, in denen dieser autobiografische Versatzstücke aus Identitätsproblemen im Milieu jüdischer Einwanderer und seiner schwankenden Sicht auf Frauen verwobt. Angesichts der statischen Kamera entschied sich Schütte für ein Wechselspiel von Traum, Fiktion und Realität, um die multiple Persönlichkeit der Hauptfigur zu reflektieren. Das gibt dem Geschehen zwar eine Struktur, aber auch schnell den Effekt des déjà vu. Auch die Strategie, das überdrehte weibliche Personal in den vielen Episoden nicht ernst zu nehmen, erweist sich als fatal, denn als das große Sterben einsetzt, wirken die Heimsuchungen des Schicksals nur wie ein dummer Zufall. Ob Herzinfarkt direkt nach der Hochzeit, Selbstmörderinnen in der Nachbarschaft, zwei tote Kinder oder erschossene Ehefrauen – man nimmt sie als Variante einer absurden Nummernrevue emotionslos hin. Einziger Lichtblick ist Otto Tausig, der wunderbare Wiener Schauspieler, mit dem Schütte bereits „Auf Wiedersehen Amerika“ (fd 30 723) drehte. In der Rolle des österreichischen Emigranten gelingen ihm anrührende Momente fern des Klischees. Sein Understatement, seine herzerwärmende Zerstreutheit und die Verwunderung über so viel erotisches Durcheinander helfen über manch einen Leerlauf des Drehbuchs hinweg. Tausig gibt der Melancholie seiner mit jüdischem Humor gesegneten Figur ein Zentrum in einer allzu rauen, kalten Inszenierung, die den Zauber des Kosmos von Isaac B. Singer verfehlt.
Kommentar verfassen

Kommentieren