Robotic Angel

- | Japan 2001 | 107 Minuten

Regie: Rintaro

Ein Privatdetektiv und sein Neffe sollen in einem futuristischen Metropolis einen Wissenschaftler verhaften, der an einer Synthese von Mensch und Maschine arbeitet. Dabei stoßen sie auf die Pläne eines größenwahnsinnigen Industriellen, der damit die Herrschaft seines Imperiums festigen will. Nach dem Manga-Klassiker "Metropolis" von Osamu Tezuka aus den 50er-Jahren konzipierte Mischung aus Retro-Look und Hightech-Welt. Die eng an der Vorlage orientierte Ausarbeitung des Charakter-Designs und das fast schon anachronistische Set-Design treffen auf das harte, 3-D computeranimierte Hintergrunddesign des lebensfeindlichen Molochs. Die Geschichte rekurriert in ihren Eckpfeilern zwar auf Fritz Langs Stummfilmklassiker "Metropolis", doch stammt der "Geist" dieser Tragödie eher aus der Anime-Anthologie "Robot Carnival" (1987). Formal gewöhnungsbedürftig, aber perfekt visualisiert, entstand ein ebenso spannendes wie nachdenklich stimmendes Werk, das durch soziologische und philosophische Fragen überzeugt. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
METROPOLIS
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
Metropolis Committee Prod.
Regie
Rintaro
Buch
Katsuhiro Otomo
Musik
Toshiyuki Honda
Länge
107 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Columbia TriStar
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Diskussion
Metropolis ist die Erfüllung aller menschlichen Träume: In riesigen Hochhauskomplexen leben die Einwohner der Stadt, von Robotern bedient, in einem wahr gewordenen Schlaraffenland. Über allem thronen Präsident Boone und der Großindustrielle Duke Red, dessen megalomaner Hightech-Turm Ziggurat (benannt nach dem sagenumwobenen Turm in Babylon) nicht nur die Skyline von Metropolis beherrscht. In dieses Luxus-Mekka verschlägt es den japanischen Privatdetektiv Shunsaku Ban, im Auftrag einer Menschenrechtsorganisation. Zusammen mit seinem Neffen Kenichi soll er den mysteriösen Dr. Laughton dingfest machen, der der Experimente mit Menschen- und Roboterteilen bezichtigt wird. Auch Duke Red ist an den Forschungen interessiert, die der Wissenschaftler tief im Innern von Metropolis veranstaltet; gehört er doch zu dessen wichtigsten Auftraggebern. So steht Laughton kurz vor der Fertigstellung seines Meisterwerks: einem Cyborg, der äußerlich der toten Tochter des Duke entspricht, im Inneren aber der perfekteste Großcomputer ist, der je konstruiert wurde. Tima soll, so der Traum des Duke, eines Tages die Schaltkreise Ziggurats und damit Metropolis’, schließlich aber auch der ganzen Welt beherrschen. Um den politischen Nährboden für solche Allmachtsfantasien zu bestellen, beschäftigt der Duke eine Geheimorganisation, die für permanente soziale Unruhen sorgt. Kopf dieser Einheit ist Rock, sein Adoptivsohn. Als Rock jedoch erfährt, dass ein Roboter anstelle des Duke oder seiner Person das Imperium leiten soll, zerstört er das Labor des Wissenschaftlers. Shunsaku Ban und Kenichi werden Zeugen des Anschlags. Kenichi gelingt es, ein kleines Mädchen aus dem brennenden Labor zu retten. Er flüchtet mit ihm in den Untergrund, ohne zu ahnen, dass es sich bei Tima um einen Mensch- Maschinen-Klon handelt.

Formal gesehen ist „Robotic Angel“ mindestens ebenso bemerkenswert wie inhaltlich. Nach dem Manga-Klassiker Metropolis“ von Osamu Tezuka aus den 50er-Jahren konzipierten Drehbuchautor Katsuhiro Ôtomo und Regisseur Rintaro eine eigentümliche Mischung aus Retro-Look und Hightech-Welt. Die eng an der Vorlage orientierte Ausarbeitung des Charakter-Designs und das fast schon anachronistisch wirkende Set-Design treffen auf das harte, 3-D computeranimierte Hintergrunddesign des lebensfeindlichen Molochs. Verstärkt wird dieser Gegensatz noch durch die betont beschwingte Dixiland-Musik des Saxophonspielers Toshiyuki Honda, die der ganzen Szenerie etwas Surreales verleiht. Die Geschichte rekurriert in ihren Eckpfeilern zwar auf Fritz Langs Stummfilmklassiker „Metropolis“ (fd 7 917), doch stammt der „Geist“ dieser Tragödie eher aus der Anime-Anthologie „Robot Carnival“ (1987), in der, formal durchaus vergleichbar, neun Regisseure, unter ihnen auch Ôtomo, ihre Mensch-Maschinen- Fantasien eindrucksvoll visualisierten.

Würde man die impliziten soziologischen und philosophischen Querverweise aufarbeiten, die „Robotic Angel“ in sich birgt, könnte man mühelos ein Buch füllen. Nicht nur sind hier Revolutions- und Klassenkampftheorien um die Dimension der Maschinen- und Roboterwesen erweitert, auch die futurologischen Fragen Asimovs, Lems und Philip K. Dicks nach Wertigkeit und Selbstbewusstsein künstlichen Lebens werden hier einmal mehr auf das Eindrucksvollste assimiliert. Wie einst in Langs „Metropolis“ soll ein künstlicher Heilsbringer die gesellschaftliche Rangordnung sicherstellen und kontrollieren. Ähnlich wie in „Blade Runner“ (fd 23 689) oder „Ghost in the Shell“ (fd 32 343) wird auch in „Robotic Angel“ die Frage thematisiert, ob Selbsterkenntnis und eine „Seele“ die Maschine gegen ihren Schöpfer aufbegehren lässt. Als Tima am Ende ihre wahre Identität nicht mehr leugnen kann und den eigentlichen Sinn ihrer Konstruktion begreift, entlädt sich ihr Unverständnis und ihre Hilflosigkeit gegenüber dem „Establishment“, das sie derart schamlos als Ding (aus-) nutzt, in grenzenloser Zerstörungswut. Ob es am Ende doch eine Spur von Liebe zu ihrem Freund Kenichi ist, die die Erde vor Schlimmeren bewahrt, bleibt offen. Das Herz von Tima, so viel scheint außer Zweifel, wird den Robotern von Metropolis fortan als Reliquie dienen, die sie an die Seele in jeder Maschine gemahnt.
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